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Thimarafushi SC vs. Team Nilandhoo: Für 50 Cent Fußball auf den Malediven

Wer kennt sie nicht, die unzähligen Atolle der Malediven? Beliebtes Ziel frischvermählter Paare zur Hochzeitsreise, aufgrund ihrer schneeweißen Strände und ihrer luxuriösen Ressorts. Gleichzeitig aber auch Heimat des frischgebackenen Siegers des SAFF-Cups, welcher überraschend gegen die Riesennation Indien gewinnen konnte. David gegen Goliath, wenn man die Größe beider Länder heranzieht.

Grund genug einen unplanmäßigen Kurztrip auf die kleinen Inseln einzuschieben. Natürlich ist der Sieg im SAFF-Cup nicht der Hauptgrund, vielmehr ist dieser in dem recht günstigen Flugangebot zu sehen, welches wenige Wochen zuvor gesichtet wurde. Für unter 100 Euro von Kuala Lumpur auf die Malediven ist ein fairer Preis, wobei es mit Asiens Billigairline Nr. 1 mit etwas Glück auch noch günstiger gehen kann. Für Low-Budget-Reisende scheiden sich bei diesem Ziel trotzdem die Geister. Denn abgesehen vom Flugpreis, sind die Malediven kein ganz günstiges Pflaster, insbesondere in Punkto Unterkunft. 

Für einen Menschen mit Bewegungsdrang sind die kleinen Inseln der Malediven etwas hinderlich, da man in seiner räumlichen Entfaltung stark limitiert wird. Die Einheimischen sehen das hingegen ganz anders. Völlig entgeisterte Blicke erntet man bereits, wenn die knapp 1,5km vom Anleger zur Unterkunft nicht im Taxi, sondern zu Fuß zurücklegt werden. Ihr könnt euch vorstellen welche Entgeisterung erst eine Umrundung von Male zu Fuß bei den Leuten hervorruft. Das war zu köstlich.

Wirklich viel zu sehen gibt es auf der Hauptstadtinsel eigentlich nicht. Anders als die vielen, kleinen Inselchen ist sie allerdings recht wuselig, vor allem zur Feierabendzeit. Für Freunde des runden Leders bietet sich auf Male aber auch eine Möglichkeit diesem Sport zu folgen, denn die Dhivehi Premier League trägt alle ihre Spiele im Nationalstadion auf dieser Insel aus. Dazu kommen an jedem Wochenende die Spieler von den umliegenden Atollen per Boot angebraust. Lobend erwähnen muss man die zuverlässige Internetpräsenz (www.maldivesfootball.com) und die schnelle Reaktion auf Nachfragen. Dennoch führte einer der ersten Wege auf Male zum Stadion, um die eigentlich schon bestätigten Termine noch einmal zu hinterfragen. Man weiß ja nie. 

Auf diesem Weg traf ich zudem zwei ghanaische Spieler von Nilandhoo, welche am Folgetag spielen sollten. Diese bestätigten den Termin und so fand ich mich zur dementsprechenden Zeit am größten Stadion des Landes ein. 10 maledivische Rufiyaa, also etwas weniger als 0,50 Euro kostet das Vergnügen Erstligafußball. Als Gegenleistung genießt man die Freiheit, sich seinen Platz im Stadion frei wählen zu können. Lediglich die Haupttribüne hätte das Doppelte gekostet. Einen geeigneten Platz zu finden ist trotzdem kein Hexenwerk, denn von einer exorbitanten Zuschauerkulisse ist man in etwa so weit entfernt, wie der FC Salzburg von der Champions League Teilnahme. 

Das Stadion ist schon ein kleiner Hingucker. Es versprüht in seiner Bauweise eher einen belgischen und leicht britischen Charme, als einen typisch Asiatischen. Die passgenaue Einbettung zwischen die Wohnhäuser könnte bei einem besseren Zuspruch ein gutes Fußballfeeling aufkommen lassen. Aber ohne Zuschauer fehlt halt doch etwas. 

Mit der Partie der beiden Tabellenletzten, hat man sicherlich auch keinen Zuschauermagneten vor der Brust. Nilandhoo als Gast, ist seines Zeichens die Hauptstadt des etwa 150km entfernten Faafu Atolls. Thimarafushi gehört zum Thaa Atoll und befindet sich etwa 220km von Male entfernt. Verbunden werden die ganzen Atolle entweder mit kleinen, aber recht preisintensiven Wasserflugzeugen oder dem gängigeren Weg über das Wasser. Die Einheimischen bevorzugen hierbei die Speedbootvariante, so auch die beiden Mannschaften. Es verwundert daher nicht, dass es auf den Rängen eher ruhig zugeht, wobei Nilandhoo tatsächlich ein paar Sympathisanten im Stadion hatte. 

Der Tabellenletzte spielte gar nicht so schlecht wie man es vermuten würde und dominierte die Mannschaft aus Thimarafushi deutlich. Das klare Ergebnis war somit absolut verdient. Ich denke ein Spielbesuch auf den Malediven gehört schon zu den exotischeren Erlebnissen die man in der asiatischen Fußballlandschaft haben kann und es war für mich damit schon etwas Besonderes. Beim Verlassen des Stadions wurde ich durch ein paar Rufe auf meinem Weg gestoppt. Die beiden Ghanaer hatten mich gesichtet und freuten sich über meinen Besuch. Die herzliche Reaktion der beiden Afrikaner wirkte für maledivische Verhältnisse fast schon befremdlich, denn die Locals sind doch oft emotionslos und wirken optisch eher kritisch bis desinteressiert. Die beiden Jungs hätten mich gerne noch auf einen Kaffee eingeladen, aber das Speedboot zurück nach Nilandhoo stand bereits in den Startlöchern. Sympathische Jungs! 

Am nächsten Tag gönnte ich mir noch die Abendpartie zwischen dem Foakaidhoo SC aus dem 240km entfernten Shaviyani Atoll und dem Fehendhoo SC aus dem 100km entfernten Baa Atoll. Immerhin die doppelte Zuschauerzahl und etwa 30 Fans von Fehendhoo, welche ihre Mannschaft mit Trommeln und einem kreischenden Frauenpulk unterstützten. Da waren ab und einige Töne dabei, die im Ohr regelrecht schmerzten. 

Unabhängig vom sportlichen Teil, konnten die Malediven mich allerdings nicht so richtig fesseln. Wenn man kein extremer Wassersport- und Tauchfreund ist, hat man es auf den kleinen Inseln schon nicht leicht, wobei ich schon fasziniert war, wie viele Fische man allein vom Strand aus sieht, darunter auch viele Stachelrochen und Schwarzspitzen-Riffhaie, welche direkt am Ufer ihre Bahnen ziehen. Die Strände und das klare Wasser sind mitunter schon klasse, aber es gibt eben auch viele kleine Dreckecken wie überall in Asien. Ob es wirklich ein Paradies ist weiß ich nicht. Für mich war zumindest das herrliche, oft thunfischbasierte Essen wirklich paradiesisch. Wenn man aber vom Arbeitsalltag runterkommen möchte, dann sind die vielen sehr ruhigen Inseln sicherlich perfekt dazu geeignet.

Fotos: Marcel Hartmann

> zur turus-Fotostrecke: Fußball auf den Malediven

Artikel wurde veröffentlicht am
10 Oktober 2018
Spielergebnis:
0:3
Zuschauerzahl:
117

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5 Kommentare
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Kommentare
Interessante Sicht
Wir bereisen die Malediven seit über 20 Jahren und haben das Land nun schon aus diversen Blickwinkeln kennengelernt, aus dieser aber noch nicht.
Liebe Grüße von den Inselnauten
Yami & Toddy
www.inselnauten.de
I
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Toller Artikel und Fotos. Wäre niemals drauf gekommen ein Spiel dort zu besuchen.
G
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HF
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Danke fuer den Bericht. Sehr geil
G
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N
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