SV Babelsberg 03 vs. Hapoel Tel Aviv: Lange Schlangen und kurzweiliges Spiel

905 Zusagen auf einer FB-Veranstaltungsseite sind eine echte Hausnummer. Sicherlich wird in der Regel nicht jeder Fußballfreund, der auf „Zusage“ klickt, auch wirklich im Stadion erscheinen, doch in der Regel ist eine Tendenz ganz klar erkennbar. Kaum gab der SV Babelsberg vor wenigen Wochen bekannt, dass am 12. Juli der 13-malige israelische Meister Hapoel Tel Aviv zu Gast im Karl-Liebknecht-Stadion sein wird, war ein virtuelles Raunen zu vernehmen. Hapoel? Kann man sich anschauen. Die Anzahl der Zusagen nahm stündlich zu. Umso erstaunlicher, dass wieder einmal hunderte Babelsberger auf dem letzten Drücker am Stadion erschienen. Die Schlangen wurden beeindruckend lang und am Einlass knubbelte es sich ordentlich. Als die Zahl der Wartenden sich kurz vor 16 Uhr stetig vergrößerte, wurde kurzerhand ein weiteres Kassenhäuschen geöffnet. Der Anpfiff wurde um 15 Minuten nach hinten verlegt. Somit konnten der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsmann und seine Begleiter mit den Knöpfen im Ohr noch ein Tässchen Tee zu sich nehmen und die wartenden Fotografen ihre Objektive putzen.

16:15 Uhr liefen die beiden Mannschaften schließlich auf den Rasen, immerhin 1.776 zahlende Zuschauer hatten den Weg bei wechselhaftem Wetter ins Stadion gefunden. Im eigentlichen Gästeblock hatten sich anfangs rund 70 Hapoel-Fans gestellt, später waren es um die 120. Der Zugang zwischen Gästeblock und Nordkurve war geöffnet, manche Anhänger von Hapoel Tel Aviv waren auch an anderen Ecken der Spielstätte zu finden. Es war ein Freundschaftsspiel. Und nicht nur das. Die Wurzeln von Hapoel verbinden. Im Jahre 1926 wurde HaPoel als Sportverband aus dem Umfeld der Gewerkschaft Histadrut (Zusammenschluss) ins Leben gerufen und er ist bis heute mit der eher links orientierten Arbeiterbewegung verknüpft. Neben Hapoel Tel Aviv gibt es zahlreiche weitere bekannte Mitgliedsvereine wie Hapoel Haifa, Hapoel Jerusalem, Hapoel Ra’anana, Hapoel Acre FC, Hapoel Be’er Sheva und Hapoel Petach-Tikva. Groß ist die Rivalität zu den „gelben Klubs“, die das „Maccabi“ im Vereinsnamen tragen. Noch brisanter ist indes die Rivalität mit den zionistischen Anhängern des Sportverbandes Betar (Beitar). Allen voran mit den Fans von Beitar Jerusalem, die teilweise als ultra-nationalistisch gelten.

Während in der vergangenen Saison drei Maccabi-Vereine in der play-off-Runde spielten (am Ende wurde Maccabi Tel Aviv israelischer Meister), waren fünf Hapoel-Vereine in der Abstiegsrunde zu finden. In dieser konnte Hapoel Tel Aviv als Zweiter problemlos den Klassenerhalt schaffen. Den letzten Meistertitel konnte Hapoel Tel Aviv zuletzt im Jahr 2010 feiern, in der dramatischen Nachspielzeit des letzten Saisonspiels konnte dieser gesichert werden. Was europaweit zahlreiche Fußballfans gefreut hatte: In der dritten Play-off-Runde der Champions-League-Qualifikation 2010/11 konnte Hapoel Tel Aviv dem FC Red Bull Salzburg ein Bein stellen. In der anschließenden Gruppenphase waren der FC Schalke 04, Olympique Lyonnais und Benfica Lissabon die Gegner.

Da es für Hapoel Tel Aviv in der kommenden Saison keine Europopokal-Auftritte geben wird, ist die Deutschland-Tour für Mannschaft und Fans eine großartige Sache. Neben den Filmstädtern sind in Kürze der 1. FC Union Berlin und RasenBallsport Leipzig die weiteren Gegner. Beim gestrigen Duell in Babelsberg teste Hapoel Tel Aviv seinen kompletten Kader. In der Halbzeitpause wurden sämtliche Spieler ausgewechselt, im Laufe des zweiten Spielabschnittes kam es zu zwei weiteren Auswechslungen. Bei Nulldrei in der Startelf stand unter anderen Matthias Steinborn, der zuvor beim 1. FC Magdeburg und beim BFC Dynamo unter Vertrag stand. Wie gestern bekannt wurde, wird in der kommenden Saison ein weiterer Angreifer, der zuvor bei den Weinroten aus Berlin-Hohenschönhausen die Fußballschuhe geschnürt hatte, für den SV Babelsberg 03 auf Torejagd gehen. Mit Andis Shala haben die Filmstädter ganz gewiss einen guten Griff gemacht. Shala hatte nicht nur mit dem BFC Dynamo Regionalligaluft geschnuppert, sondern zuvor auch mit dem FC Carl Zeiss Jena. 

Gegen Hapoel Tel Aviv hatten die Babelsberger die erste nennenswerte Möglichkeit des Spiels, von links ging das Spielgerät über das Gehäuse. In der achten Minute gab es jedoch zwischen dem 03-Keeper und der Hintermannschaft ein eklatantes Abstimmungsproblem. Der Hapoel-Angreifer mit der Nummer 30 auf dem Rücken und den wuscheligen Haaren auf dem Kopf war zur Stelle und machte das 1:0 für die israelischen Gäste. Babelsberg war bemüht, doch im ersten Spielabschnitt war Hapoel ganz klar die bessere Mannschaft. Nach dem Seitenwechsel änderte sich das Bild. Gegen die komplett neue Auswahl kamen die Gastgeber weitaus besser zurecht und konnten etliche gute Möglichkeiten herausspielen. Der Ausgleich lag in der Luft. Und es lag noch etwas anderes Luft. Nämlich eine ordentliche Portion Rauch. Für einen Moment werden die Männer mit den Knöpfen im Ohr kurz geschluckt haben, als in der Nordkurve plötzlich ganze Silvesterbatterien in den Himmel geballert wurden. Dazu ein beeindruckende Rauchwolke, die die gesamte Gegenseite einnebelte. 

Auf dem Platz drängte Babelsberg zum 1:1, doch effektiver waren die Gäste aus Israel. Nach Kopfballvorlage und Verwirrung im Babelsberger Strafraum konnte in der 85. Minute aus kurzer Distanz zum 2:0 aus Sicht von Hapoel abgestaubt werden. Nulldrei ließ sich nicht beirren und wollte zumindest den Ehrentreffer. Und das mit Erfolg. Kurz vor Abpfiff gelang nach sehenswerter Kombination über Merphi Kwatu, Laurits Schulze Buschhoff und Tobias Grundler das überaus verdiente 1:2. Gute Laune beim Stadionsprecher, die bekannte Tor-Melodie konnte abgespielt werden. Die Nordkurve kam noch mal in Schwung, Babelsberg warf in den verbleibenden zwei Minuten Nachspielzeit alles nach vorn, doch der Ausgleich wollte nicht mehr fallen. Unter dem Strich war es ein unterhaltsames Freundschaftsspiel vor angemessener Kulisse. Man darf gespannt sein, wie der SV Babelsberg 03 in die Regionalligasaison starten wird. Die Babelsberger Offensive liest sich auf dem Papier äußerst exzellent. Wenn Shala verletzungsfrei bleibt und Steinborn eine Portion Zielwasser trinkt (der Einsatz stimmt eh immer), könnte es interessant werden. Auftakt ist am 26. Juli 2015 das Auswärtsspiel beim FC Viktoria 1889 Berlin. Eine Woche später ist der ZFC Meuselwitz zu Gast im KarLi.

Fotos: Marco Bertram

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