Exquisite Kreisklasse meets historische Exkursion – AP Dębiec gegen Odlew Poznań

Exquisite Kreisklasse meets historische Exkursion – AP Dębiec gegen Odlew Poznań

Trotz der warmen Tage ist es zu sehr früher Stunde bekanntlich zu dieser Jahreszeit noch dunkel. Der Wecker wurde auf eine Weckzeit eingestellt, zu der es draußen noch schummrig sein sollte. Entweder mich packt die Motivation, mich zum Bahnhof zu bewegen, oder es wird ein Doppler auf dem Lande. Der Wecker klingelt und „Hilft ja allet nischt!“. Poznań muss komplettiert werden! Andererseits hatte ich auch richtig Lust drauf. Die AP Dębiec spielt alle zwei Wochen morgens um 10:00 am Sonntag im gleichnamigen Viertel. So hieß also das heutige Ziel. 

Zu meiner Verwunderung war der Zug ziemlich gut gefüllt. Nicht alles konnte ich mit dem am heutigen Tag stattfindenden Marathon erklären. In Poznań-Górczyn angekommen hatte ich noch über zwei Stunden Zeit bis zum B-Klasa-Kracher. „Na mal schauen, ob sich was bei den Bunkern verändert hat, die strategisch zwischen zwei Forts gesetzt wurden!“, dachte ich mir. Teilweise gesprengt und versiegelt stehen die Bauwerke aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg an einer viel befahrenen Kreuzung. Gut sichtbar wurden scheinbar von Interessierten Zugänge freigelegt. Außer kargen Räumen und Müll gibt es aber nicht zu sehen. Ein bewusst relativ spätes Aufstehen sollte mein Frühstück auf den Anreiseweg verlagern, um etwas Zeit tot zu schlagen. Allerdings machte mir żabka einen fetten Strich durch die Rechnung, denn keine Filiale auf dem Weg hatte geöffnet. 

 

Nun war ich an der Opolska-Str. Von hieraus bieten sich einige Möglichkeiten, um sich die Zeit zu vertreiben. Historische Bauten gibt es hier fast an jeder Ecke. Allen voran würde ich den Friedhof świerczewo stellen. Den hatte ich vor einiger Zeit schon einmal besucht. Gerade jetzt, wo es schon häufig grau und neblig ist, kann man hier eine gruslige Atmosphäre spüren und einfangen. Für gute Fotos ist das die beste Zeit. Den Friedhof ließ ich heute aber links liegen. Zu meiner Rechten zeigten sich nun ein paar Holzbaracken. Die stammen wirklich noch aus der Zeit des Nationalsozialismus und waren die Unterkünfte für Obdachlose und Arbeitslose. Auf der anderen Seite zeigten sich nun noch weitere Baracken. Hier pferchten die Nationalsozialisten die polnische Bevölkerung ein. Die Toiletten waren draußen an der Giebelseite und Duschen mussten sich die Leute teilen. Bis vor ein paar Jahren nutzten noch ca. 2000 Leute diese alten Häuser. Einige sind mittlerweile offiziell aufgegeben worden. 

 

Schon seit einiger Zeit rücken sie immer mal wieder in den medialen Fokus. Viele Einheimische finden, dass sie einfach nur noch weg sollen. Sie passten nicht mehr ins moderne Poznań. Im Allgemeinen gibt es einige negative Rezensionen zu dieser Gegend. Am Vortag las ich noch über Sträucher, zwischen denen sich Leute zum Trinken treffen – das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit ist ja seit Jahr und Tag in Polen verboten. Und was erblicken meine Augen? Ich stieß wirklich noch auf einen der besagten Trinker-Hotspots inmitten von Büschen. Plötzlich wurde es sehr lebhaft auf der Straße. Viele Leute liefen wie von einem Magneten angezogen in eine Richtung. Um die Uhrzeit? Weit und breit gibt es hier doch keine Kirche! An Giełda hatte ich absolut nicht gedacht. Erst als ich die Stände sah, machte es Klick! 

 

Giełda ist in etwa mit den Grenzmärkten vergleichbar. In vielen größeren Orten gibt es sonntags solche Märkte weiterhin. Händler, die unter der Woche in Läden ihre Ware verkaufen, Bauern und das typische Flohmarkt-Klientel bieten hier allerhand Sachen an. Obst und Gemüse sind dabei übrigens sehr viel günstiger als im Supermarkt. Daher sind die Märkte auch wie eh und je so beliebt. Fotos durfte ich nicht machen, da ein striktes Foto-Verbot herrscht, was mir die überall angebrachten Zettel mitteilten.

 

Nun war die Zeit wie im Fluge vergangen. Den Friedhof konnte ich nun komplett vergessen, auch die anderen Bunker an den Teichen im Park von Dębiec. Nicht so schlimm, alle schon gesehen. Mir fehlte allerdings noch der Park der Posener Bamberger. Anfang des 18. Jahrhunderts als Polens Bevölkerung durch Auseinandersetzungen und Seuchen stark dezimiert war, wurden Katholiken aus Bamberg angeworben. Sie sind bis heute hoch angesehen, da sie in einer Symbiose mit den Polen lebten und auch in der Zeit des Nationalsozialismus zu den Polen hielten. Also haben wir den Punkt auch abgehakt. Nun endlich sollte der Ball rollen. Aber bitte nicht mir hungrigem Magen! żabka hatte endlich auf, doch die Würstchen für die Hot-Dogs waren aber noch kalt. Da kann man nichts machen.

 

Schön angenehm warm war es jetzt. Hinter einer Schule und einem Wohnblock wurde ein äußerst schmaler Platz angelegt. Für die B-Klasa (hier Level 9) ist er scheinbar noch zugelassen. Ziemlich kurios. Abgehakte Plätze mit ähnlichen Abmaßen kann ich an einer Hand abzählen. Der heutige Gegner HKS Odlew Poznań hat wie AP Dębiec noch nie die B-Klasa verlassen. Gut, AP (Akademia piłkarska = Fußballakademie) ist noch nicht so lange dabei. Odlew dagegen steckt seit 20 Jahren in dieser Liga fest. Da helfen anscheinend auch keine Profi-Erwärmung und kein nobles Trainer-Equipment. Amateure mit Herz und Leidenschaft halt. 

 

Im traditionellen Silber-Schwarz gab es gegen AP dennoch nichts zu holen. Aufgrund des Mini-Feldes war das Spiel äußerst schnell. Tore konnten hier immer fallen. Bis kurz vor Ende blieb es somit spannend. 30 Zuschauer sahen ein 2:0. Der Sportplatz selbst ist sehr spartanisch eingerichtet. Die paar Schalensitze waren komplett belegt. Ich fand es richtig nett hier, auch wenn es keine Tribüne oder sonstigen Ausbau gab. Direkt hinter dem Platz kann man übrigens gleich ein weiteres Fort finden. Jedes Jahr Ende August öffnen manche Forts – viele werden noch nachgenutzt – ihre Pforten.

 

90 Minuten waren nun bis zur Abfahrt des Zuges zu überbrücken. Langsam trottete ich zurück und bekam in Górczyn nun endlich meinen Hot-Dog. „Mit einer Sauce oder zwei?“. Ich: „Eine.“ Verkäufer-Blondine: „Viel oder wenig?“ Ich: „Kann viel sein.“ Mahlzeit!        

Fotos: Michael

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
19 Oktober 2022
Spielergebnis:
2:0
Zuschauerzahl:
30

Benutzer-Kommentare

2 Kommentare
Hast du schon ein Konto?
Datenschutz
Durch das Anhaken der folgenden Checkbox und des Buttons "Absenden" erlaube ich turus.net die Speicherung meiner oben eingegeben Daten:
Um eine Übersicht über die Kommentare / Bewertungen zu erhalten und Missbrauch zu vermeiden wird auf turus.net der Inhalt der Felder "Name", "Titel" "Kommentartext" (alles keine Pflichtfelder / also nur wenn angegeben), die Bewertung sowie Deine IP-Adresse und Zeitstempel Deines Kommentars gespeichert. Du kannst die Speicherung Deines Kommentars jederzeit widerrufen. Schreibe uns einfach eine E-Mail: "kommentar / at / turus.net". Mehr Informationen welche personenbezogenen Daten gespeichert werden, findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Ich stimme der Speicherung meiner personenbezogenen Daten zu:
Kommentare
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 3 0