RB Leipzig vs. Hansa Rostock: Stadtspaziergang, ein paar Bier und gereichte St. Pauli Nachrichten

RB Leipzig vs. Hansa Rostock: Stadtspaziergang, ein paar Bier und gereichte St. Pauli Nachrichten

Wer kriegt nicht einen Erpelparka, wenn er an den 23. November 2013 denkt, als der F.C. Hansa Rostock das Drittligaspiel bei RasenBallsport Leipzig gewinnen konnte?! Unvergessen bleibt der Marsch von der Leipziger Innenstadt zum Zentralstadion. Mit einem „SCHEISS BULLEN“-Banner in der ersten Reihe ging es mit großem Getöse vom Tröndlinring aus durch die schmale Straße in Richtung Leipziger Auwald. „Hier regiert der FCH!“, ertönte es brachial, und die Böller detonierten im Sekundentakt. Nach reichlich Stress am Gästeeinlass feierten über 6.000 Hansa-Fans auf den Rängen den 2:1-Sieg, bei dem David Blacha und Johan Plat die Treffer für die Blau-Weiß-Roten erzielten. 

Nun sollte Rostock erneut zu den selbsternannten „Roten Bullen“ fahren. Der Einzug in das DFB-Pokalviertelfinale winkte, und auf dem Papier lag die Chance auf einen Sieg bei vielleicht 19,65 Prozent. Dafür jedoch drückten gestern über die Vereinsgrenzen hinweg 99,65 Prozent der deutschen Fußballfreunde der Kogge beim „Produkt“ fest die Daumen. Ausgenommen halt die Personen, die sich mit RB arrangieren und halt die Anhänger des FC St. Pauli. Und selbst da wird es Fans gegeben haben, die sich ein Ausscheiden der Leipziger gewünscht hatten. Schon allein aus sportlichen Gesichtsgründen.

Also dann! Auch wenn es dieses Mal ein Aufeinandertreffen mit ganz wenigen Zuschauern werden würde, so machten sich etliche Hansa-Fans auf den Weg nach Leipzig. Jeder für sich, jeder auf eigene Faust. Einen Plan gab es nicht. Da bereits aus dem eigenen Umfeld etliche Hansa-Fans Bescheid gaben, dass man sich in Leipzig in eine Kneipe setzen oder ans Stadion stellen würde, durfte mit locker 300 bis 400 Rostockern gerechnet werden. Derweil hatten am Vormittag die Hansa-Spieler im Alfred-Kunze-Sportpark der BSG Chemie Leipzig trainieren dürfen. Für Hansa-Trainer Jens Härter war es eine Rückkehr an eine alte Wirkungsstätte. Von 1990 bis 1993 und von 2000 bis 2001 hatte er beim FC Sachsen Leipzig gespielt.

Und wir? Hinein in den ICE und mittags am Leipziger Hauptbahnhof aus dem Zug gepurzelt. Ein kurzer Gang in die altehrwürdige Wartehalle, die Heiko Neubert und andere ältere Hansa-Fans zu DDR-Zeiten liebten, war Pflicht. Ein Blick auf das alte Parkett, das über die Jahrzehnte hinweg bereits einiges aufgesaugt haben dürfte. Ein Blick auf die Kronenleuchter.

Und weiter ging’s! Den Sportstätten des SV Lipsia 1893 und der SG Rotation Leipzig 1950 wurde bei sonnigem Wetter ein Besuch abgestattet, und beim Blick auf die Plätze wurde genüsslich das erste Bierchen schnabuliert.

Nachdem immer mehr Nachrichten eintrudelten, ging es zum Marktplatz, wo mit frischem Gerstensaft nachgelegt wurde. Für die Zeit des Anpfiffs hatte jeder seinen eigenen Plan. Manche suchten wie geplant eine Kneipe auf, andere hatten es tatsächlich geschafft, sich ein VIP-Ticket zu besorgen, wiederum andere fanden sich vor dem Stadion ein, wo auf einem Handy die ersten Minuten des Spiels geschaut wurden. So ein Mist! Bereits nach fünf Minuten machte Poulsen mit dem Kopf das 1:0 für die Leipziger. Womöglich würde es gegen den Bundesligisten doch eine derbe Klatsche geben.

Allerdings schlug sich Hansa in der Verteidigung wacker und ließ zunächst keinen zweiten Gegentreffer zu. Zweimal retteten allerdings Pfosten und Latte. 0:1 zur Pause. Da ging noch was! Beim Nachschub-Kauf im nahen Konsum wurde eine Kneipe in der Waldstraße gefunden, die daußen auf dem Fernseher das Spiel laufen ließ. Coole Sache. Es wurde mitgefiebert, und jede/r vorbeikommende Radfahrerin und Radfahrer wurde mit einer fröhlichen Laola begrüßt. 

Einen Gruß der etwas anderen Art gab es wenig später. Hinter mir hielt ein Auto, das Fenster wurde heruntergekurbelt, und der Mann hinter dem Steuer hatte ausgeschnittene Seiten der „St. Pauli Nachrichten“ parat, die er fröhlich rausreichte. Was der Hintergrund des Ganzen war, konnte keinesfalls geklärt werden. 

Und dann! DIE Chance zum Ausgleich in der 51. Minute, doch Neidharts Schuss ging knapp am Pfosten vorbei. Meine Güte, das hätte es sein können. Sein müssen! In der 64. Minute hatte der F.C. Hansa die nächste gute Möglichkeit, doch konnte das Ganze vor der Linie geklärt werden. Verdammte Axt! In der 78. Minute hatte Munsy die nächste Chance zum 1:1, doch sollte es einfach nicht sein. Nach einem Konter machte Dani Olmo das 2:0 für Leipzig. Der Drops war gelutscht, das Bier war ausgetrunken. Nach ein paar Gesängen ging nach Abpfiff jeder seiner Wege.

Zirka 20 bis 30 Hansa-Fans fanden sich schließlich noch am Stadion ein, wo gegen 21:20 der Rostocker Mannschaftsbus aus der Tiefgarage fuhr und gemeinsam ein Gesang angestimmt wurde. Rund gemacht wurde der sportlich enttäuschende, aber dennoch unterhaltsame Tag in der Messestadt mit einem Pläuschchen im ICE zurück nach Berlin. Auch ohne eigentlichem Stadionbesuch fühlte sich das Ganze wie eine klassische Auswärtssause an. Ein lautes Raunen gab es, als der 1. FC Union den Sieg bei Hertha BSC in trockene Tüchern bringen konnte. 

Beim Blick auf das verbleibende Starterfeld darf aufgrund der zahlreichen Zweitligisten wirklich gestaunt werden. Der HSV, der KSC, Hannover 06, der FC St. Pauli. Mit RB Leipzig gibt es nur noch einen echten Favoriten. Schade, einfach schade, dass Rostock die „Roten Bullen“ nicht rausschmeißen konnte. Der Weg ins Finale wäre auf dem Papier so einfach wie lange nicht. Und nur theoretisch gedacht: Ein Pokalfinale zwischen St. Pauli und Hansa Rostock wäre wohl der Brüller schlechthin gewesen. So aber darf sich Rostock nun voll und ganz auf den Klassenerhalt konzentrieren. Zu tun gibt es diesbezüglich genug.

Fotos: Marco Bertram, Heiko Baumann

> Infos zum 512-seitigen Wälzer "Kaperfahrten mit der Kogge durch stürmische See"

> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock 

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
20 Januar 2022
Spielergebnis:
2:0

Ligen

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DFB-Pokal

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Manche Leute haben einfach zu viel Tagesfreizeit
????
G
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FCH
G
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L
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K
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G
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Glugg glugg glugg
Wenn man Marcos Berichte liest, denkt man, dass er Alkoholiker ist. Ständig geht es um Suff. Das würde zumindest einiges erklären! im Dilirium wieder ein paar Märchen erfunden... check!
M
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G
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Schade Marmelade
G
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T
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G
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