Die Partie zwischen dem 1. FC Lokomotive Leipzig und dem Chemnitzer FC war schon zu DDR-Zeiten ein besonderes Duell und hat sich auch in den letzten Jahren zu einem absoluten „Leckerbissen“ entwickeln können. Wenn diese Vereine in Punkt- oder Pokalspielen aufeinander treffen, dann sind Drama und Spektakel vorprogrammiert. Über die mitteldeutschen Grenzen hinaus wird vielen das Sachsenpokalhalbfinale der Saison 2018/2019 im Kopf eingespeichert sein, als die Chemnitzer mit einem 13-12-Erfolg über die Leipziger ins Finale einzogen. Weniger spektakulär, dafür aber umso spannender war das letzte Aufeinandertreffen beider Vereine im Mai des laufenden Jahres. Djamal Ziane schoss die Leipziger mit dem einzigen Tor des Tages zum ersten Pokalsieg seit 1996.
Gut was los beim Klassiker Chemnitzer FC vs. 1. FC Lok Leipzig!
Ähnlich wie beim 25-Tore Spektakel vor knapp zwei Jahren mussten die Blau-Gelben innerhalb der Woche nach Chemnitz reisen. Der Großteil tat dies mit dem Auto, einige reiselustige Weggefährten nahmen die charmante Mitteldeutschen Regionalbahn mit eigenen Sitzabteilen und bewegbaren Fenstern. Im Normalfall werden solche Züge nur in den Ostblockstaaten oder für Sonderzugfahrten innerhalb Deutschlands genutzt.
Zwischen Leipzig und Chemnitz bedient dieser Zugtyp aber tatsächlich den stündlich abfahrenden Normalbetrieb. Vielleicht schaffen es die dazugehörigen Verantwortlichen in den nächsten Jahren tatsächlich die Stadt Chemnitz besser an den Rest Deutschlands anzubinden – Haha! – Bis dahin genießen wir weiterhin diese nostalgischen Fahrten mit der MRB.
Kurzer Exkurs zu den bisherigen Saisonverläufen der sächsischen Traditionsvereine. Während die Chemnitzer aufgrund einiger positiver Coronafälle und dazugehöriger Quarantäne eine ziemlich lange Spielpause überwinden mussten, hatten auch die Leipziger bereits ohne eigenes Verschulden mehrere abgesagte Partien zu beklagen. Dies hat zur Folge, dass beide Vereine mit der gleichen Anzahl absolvierter Partien aufeinandertreffen, aber weiterhin zwei Spiele Rückstand auf die Tabellenspitze haben.
Die Chemnitzer mussten sich nach der Zwangspause mit mehreren Remis zufriedengeben, gewannen allerdings die letzten beiden Pflichtspiele gegen den FC Eilenburg und den FC Grimma. Die Leipziger befinden sich in einer ausgezeichneten Form, mussten sich im Pokal aber den unterklassigen Senfstädtern aus Bautzen geschlagen geben. Im Vorfeld rechnete der Gastgeber mit rund 3.500 Zuschauern, davon circa 550 Leipzigern – Mehr Tickets gab es kurioserweise auch nicht. 3.265 Zuschauer fanden schlussendlich den Weg ins kühle aber trockene Chemnitz.
Wenige Minuten vor Anpfiff der Partie positionierten sich die Kamerateams bereits vor dem Gästeblock – Eine Choreografie bahnte sich an. Vielleicht noch ein bisschen Pyro dazu? Die Choreo bestand aus mehreren blauen und gelbe aufblasbaren Folien welche über den kompletten Block über verteilt worden. Ein maskierter junger Mann bestieg mit hochgezogener Sturmhaube den Zaun – Jetzt muss die Pyro doch sicherlich gleich kommen!
Nur wenige Augenblicke später gab es tatsächlich die ersten Anzeichen einer Pyroshow, allerdings im Heimbereich. Mehrere weiße Bengalos beleuchteten den mittleren Bereich der Chemnitzer Ultrakurve. Meine Wenigkeit war bereits zu diesem Zeitpunkt mehr als begeistert und auch ein wenig überrascht – Im positive Sinne.
Spielerisch kann man die ersten Halbzeit recht einfach zusammenfassen. Während die Chemnitzer offensiv etwas gefährlicher wirkten, umso zielstrebiger und effektiver wirkten die Leipziger. Eine der wenigen Chancen der Gäste führte prompt zur Führung. Der ehemalige Lok-Kapitän Robert Zickert sebelte den ehemaligen Chemnitzer Theo Ogbidi um, und der ehemalige Chemnitzer Sascha Pfeffer verwandelte unglaublich souverän. Chemnitz hätte vor dem Pausenpfiff den Ausgleichstreffer durchaus verdient gehabt, scheiterte aber an der eigenen Unfähigkeit vor dem Tor oder dem gut aufgelegten Jan Ole Sievers. Auch supporttechnisch hatten die Gäste zu diesem Zeitpunkt die Nase vorne – Das Zusammenferchen der Fans im kleinen Stehplatzbereich kann man wohl getrost als Eigentor der Verantwortlichen betiteln.
Und dann entwickelte sich endlich auch in dieser Partie beider Vereine das Spektakel. Lok Leipzig startete furios aus der Kabine und setzte Chemnitz pausenlos unter Druck. Das 2-0 durch Bodgan Rangelov war der verdiente Lohn. Der gebürtige Serbe und seine Teamkollegen ließen sich vor der eigenen Kurve gebührend feiern. Nur wenige Minuten später vergab Djamal Ziane die Riesenchance zur Vorentscheidung – Jakubov und seine Vorderleute wehrten diesen Angriff leidenschaftlich ab. Überraschenderweise ließ sich der CFC von dieser Phase des Spieles kaum beeindrucken und kehrten fulminant in die Partie zurück. Die gefährlichen hohen Bälle führten in der 64.Minuten zum Anschlusstreffer – Kilian Pagliuca oder Felix Schimmel – Völlig egal, hauptsache Chemnitzer – setzte einen Kopfball ins kurze Eck.
Im Gästeblock stieg derweil ein wenig der Adrenalinpegel an. Immer wieder schweiften die Blicke in den benachbarten Heimbereich, in welchem sich mehrere Lokfans einfanden und immer wieder in Disput mit Security und Chemnitzern gerieten. Plötzlich knallt im Stehplatzbereich das Tor auf – Mehrere schwarz gekleidete Personen versuchen in den Innenbereich zu gelangen.
Vom Zaun springen derweil auch nochmal zwei Leute, die aber relativ schnell wieder im Block verschwinden. Die Security versucht mit aller Manneskraft das geöffnete Tor zu schließen und zeigen dabei allerfeinste sportliche Leistungen. Das Spiel lief unbeirrt weiter. Ein weiterer Eckball der Chemnitzer führte schlussendlich zum nicht unverdienten Ausgleich. Jan Ole Sievers boxt einen Ball direkt auf den Fuß von Okan Kurt, der den Ball per Volleyschuss ins Eck bugsierte – „Volltreffer der Woche“.
Die Lautsprecher laufen heiß, die Gegengerade pöbelt in Richtung Gästeblock, der Stadionsprecher schreit sich den Leib aus der Seele und Lok Leipzig erzielt direkt im Gegenangriff das 2-3. Das Stadion verstummt, der Gästeblock explodiert, viele Liter Bier gehen verloren. Die Himmelblauen zeigen erneut Moral und erspielen sich noch einige Chancen zum Ausgleich, aber auch hierbei fehlt wie so oft in dieser Partie die Genauigkeit.
Lokomotive Leipzig klettert in der Tabelle weiter nach oben und steht nun sogar offiziell auf dem dritten Tabellenplatz. Die Chemnitzer müssen sich wohl oder übel erstmal mit einer bedeutungslosen Saison anfreunden. Wir bedanken uns erneut beim Gastgeber für die Akkreditierung und den problemlosen Ablauf – Wir kommen gerne wieder!
Bericht: "schwarze_natascha" (externer Link zu Instagram)
Fotos: "schwarze_natascha" (externer Link zu Instagram)