Blocki-Fußball deluxe bei Lotnik Poznań gegen Kamionki

Blocki-Fußball deluxe bei Lotnik Poznań gegen Kamionki

Weit über zehn Jahre ist es schon her, als mir der Name "Lotnik Poznań" auf dem Monitor erschien. Die Bibliothek des historischen Instituts hatte drei oder vier Computer. Einen davon hatte ich unter Beschlag genommen. Das Antivirus-Programm meldete sich unentwegt, als ich die Ansetzungsseite des Wielkopolskie-Verbandes aufrief und ein Spiel für den Rückweg am Sonntag suchte, sodass man wieder fit in den Montag starten konnte. "Recherchieren Sie?", fragte mich die Bibliothekarin. Im Prinzip schon, nur halt zu einem nicht so ganz hierher passenden Thema. 

"Lotnik Poznań" hieß für mich "unerreichbar mit dem Zug". Wie kommt man dorthin? Die Busfahrpläne dafür gab es damals noch nicht. Heute würde es jeder Holzkopf packen, sofern er Zugang zum Internet hat. Für den ÖPNV war ich zu faul und nahm das Auto viele Jahre später, um in die entlegenste Ecke von Poznań zu kommen. Głuszyna heißt das Viertel. Es ist vergleichbar mit Szczecin-Żałom. Der Stadtteil, der am Fuße eines Militärflugplatzes liegt, wirkt in sich geschlossen wie eine autarke Stadt. Schon 1942 wurde Głuszyna eingemeindet und beherbergt heute um die 4000 Einwohner. 

Jene scheinen nicht so die Fußballfans zu sein, weshalb Lotnik (übersetzt "der Flieger") in die Trickkiste griff, um die Zuschauerzahl fürs Derby mit Avia Kamionki hoch zu schrauben. Die ersten 80 Gäste sollten mit einem Stück Pizza beschenkt werden. Ich bekam keins mehr ab. Der Verein (erst 1997 gegründet) zählte im Bericht 150 Leute, ich denke, da haben die sich ziemlich verschätzt. Die doppelte Zahl ist realistisch. Das Publikum war typisch für Blocki-Fußball: viele Familien, ein paar Opis und Hauer. Wer wollte, konnte eine Eintrittskarte erwerben. Das System lief mir jetzt schon einige Male über den Weg, und so unlogisch finde ich es gar nicht. So werden Leute, die knapp bei Kasse sind nicht ausgegrenzt. Der Eintritt kostete einen Zehner. Dafür gab es ein schönes Bilet und eine Gewinnchance bei der Halbzeit-Tombola. Gutscheine und einen vom Trainer unterschriebenen Ball lagen bereit. 

Der Rahmen lag für Liga 7 über den Erwartungen. Die Spieler von Lotnik, die zum ersten Mal in der Landesklasse starten, waren der Außenseiter gegen Kamionki. Fragt mich nicht, warum die "Avia" heißen. Das Wort kann "Großmutter" oder auch "abgelegen" bedeuten. Ich habe es verpasst, mich danach zu erkundigen. Erste Aktion und erstes Tor für Lotnik. Die Pizza war verdaut und jetzt wurde Stimmung gemacht. Viele kurze einfache Beiträge, aber abwechslungsreiche. "Tylko Lotnik, tylko zwycięstwo!" nach dem Rhythmus von "Wir sind eure Hauptstadt, ihr Bauern!" bzw. "Wir ham unser Salzburg gerettet!" war für mich das Highlight. Durch die Lage des Platzes zwischen Blockis knallte das ganz gut. Den Leuten wurde was geboten, ein richtig spannendes Spiel, und so waren sie durch eine Trommel begleitet ziemlich sangesfreudig. Das Derby war bis zur 87. Minute ein offener Schlagabtausch.

Mit dem 4:2 war der Drops gelutscht und der letzte Tropfen Suff wohl schon in der Leber. Verdursten konnte hier heute keiner. Du siehst schon anhand der Form, dass die Plastiktüte eine Wodka-Flasche versteckt. Die Stimmung war bestens, auch wenn von der kleinen Gruppe, die sich auf dem angrenzenden Berg niederließ, immer wieder übelste Beleidigungen in alle Richtung posaunt wurden. Der 20-köpfige Anhang von Avia dagegen blieb über die gesamte Spielzeit stumm. Schade, sonst wäre es das i-Tüpfelchen auf dem gelungenen Ausflug gewesen, der dann in Kórnik bei einem Burger am See ausklang.

Fotos: Michael

Artikel wurde veröffentlicht am
30 August 2021

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