Vorschlag für Viktoria 1889 Berlin: Traditionsreicher Umzug nach Frankfurt Oder

Vorschlag für Viktoria 1889 Berlin: Traditionsreicher Umzug nach Frankfurt Oder

Kürzlich saß ich am sandigen Ufer des Helenesees, blickte bei einem erfrischenden Getränk verträumt auf das ruhige Wasser und dachte über Gott, die Welt und Fußball nach. Und plötzlich flüsterte mir Helene etwas ins Ohr. Ganz liebevoll. „Lass die Viktoria zu uns kommen!“ - Wen? - „Na, die Viktoria aus Berlin! Die Gute sucht doch noch ein Plätzchen für die kommende Drittligasaison. Da wäre das Stadion der Freundschaft im guten alten Frankfurt an der Oder doch genau das richtige. Ich - die liebe Helene - und die Frankfurter kennen sich bestens aus mit den Viktorias. Lasset sie zu uns kommen…“ Helenes Stimme verstummte, ich blickte weiter auf die weite Wasseroberfläche und dachte nach. Richtig! Das ist es! Heureka! Der FC Viktoria 1889 Berlin sucht ein Stadion? Das Stadion der Freundschaft in der Oderstadt könnte es sein.

Nun klar, der Zahn der Zeit nagte arg am altehrwürdigen Stadion der Freundschaft, das schon ein paar Europapokalspiele gesehen hatte. Hier wurde am 18. September 1974 Juventus Turin mit 2:1 geschlagen. Gerd Schuth und Horst Krautzig erzielten vor 16.255 Zuschauern die umjubelten Treffer. Frankfurt kennt sich aus mit alten Damen. Wie gesagt, inzwischen ist reichlich Unkraut auf den Traversen gewachsen, und ganz rasch müsste vorerst ein mobiles Flutlicht (wie zuletzt im Jahn-Sportpark und im Sportforum Berlin Hohenschönhausen) in den Innenraum gepflanzt werden. Es gäbe einiges zu tun. Aber! Das Hauptgebäude ist erste Sahne und definitiv drittligatauglich. Platz genug für Parkplätze gibt es auch genug, all die Autos der VIP und die LKW der TV-Sender könnten problemlos abgestellt werden. Und auch die Anbindung zum Nah- und Fernverkehr ist prima, der Fußweg vom Bahnhof hinunter zum Stadion ist legendär.

Und ja, Helene sagte es bereits. Die Frankfurter kennen sich aus mit einer Viktoria. Vor dem Krieg gab es bereits einmal eine Frankfurter Viktoria, und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde der FC Vorwärts Frankfurt zuerst in FC Victoria '91 Frankfurt (Oder) und dann im August 1992 in Frankfurter FC Viktoria 91 umbenannt. Große Erfolge waren nach dem Fall der Mauer nicht zu verzeichnen, doch ist Viktoria jedermann und jederfrau an der Oder ein Begriff. 2012 gab es schließlich eine Fusion zum 1. FC Frankfurt E.V. (Eintracht & Viktoria).

Derzeit wird nur in der Brandenburgliga gekickt, und da auch beim Handball die Goldenen Zeiten passé sind, dürstet es die Frankfurter Sportsfreunde nach höherklassigem Sport. Und dass Berliner mit - nun sagen wir nicht gleich mit aufgerissenen Armen -, doch immerhin mit gewisser Neugier und Offenheit aufgenommen werden, durfte einst vor exakt 50 Jahren bewundert werden. Der FC Vorwärts Berlin (zuvor ASK Vorwärts) wurde von Ost-Berlin an die deutsch-polnische Friedensgrenze delegiert. In Ost-Berlin war neben dem BFC Dynamo und dem 1. FC Union Berlin einfach kein Platz mehr. Im Gepäck hatte der FC Vorwärts sechs Meistertitel und zwei Pokalsiege. Weitere Titel kamen in der neuen Heimat keine hinzu, doch immerhin stand man noch zweimal im FDGB-Pokalfinale und feierte 1983 den Vizemeistertitel.

Zwei Meistertitel (1908 und 1911) würde auch der FC Viktoria 1889 Berlin mitbringen. Keine Sorge, man müsste ja nicht wie damals gleich das „Berlin“ ablegen. Die Frankfurter würden sich einfach dolle freuen, endlich mal wieder Profifußball im Stadion der Freundschaft zu sehen. Stellt Euch das mal vor! Der 1. FC Magdeburg, der Hallesche FC und der FSV Zwickau zu Gast in der Oderstadt. Genial, oder? Und auch die Herzen der Gästefans würden Purzelbäume schlagen. Hinzu käme, dass hunderte Hopper die Gelegenheit am Schopfe packen und in Frankfurt Oder vorbeischauen würden - verbunden mit einem Abstecher nach Slubice. Kippen und Wodka holen und etwas futtern gehen - und dann fein zum Spiel. 

Wie zu alten Zeiten könnte dann ganz locker der Schlachtruf „FCV! FCV!“ ertönen. Es würde einfach alles verbinden, was irgendwie zusammengehört. Das Schöne an der Viktoria 1889: Sie ist unvorbelastet. Ihre Weste ist himmelblau-weiß. Keine Altlasten im Schlepptau. Keine negativen Schwingungen, was die Fankultur betrifft. Für die eingefleischte Anhängerschaft müsste man selbstverständlich am Spieltag ein, zwei Sonderwaggons einrichten, damit die Reisestrapazen zu den Heimspielen abgemildert werden. Für alteingesessene West-Berliner aus Tempelhof und Lichterfelde mag Frankfurt Oder noch immer klingen wie Magnitogorsk, aber ich bin mir sicher - und Helene auch -, dass nach den ersten Schnuppertouren am Ufer der Oder die Meinung sich ein wenig aufhellt. Beruhigt Euch. Die Zeiten, in denen Glatzen noch durch die finsteren Gassen huschten und polnische Schrauber jede abgestellte Karre im Visier hatten, sind längst passé. Alles entspannt in Frankfurt. Ich muss es wissen, bin ich doch recht häufig dort vor Ort. 

Packen wir es an? Na los, gebt Euch einen Ruck. In Berlin wird das nix mit einem Stadion, ein mobiles Gerüststadion darf echt nicht die Lösung sein, und im Umland schaut es auch nicht gerade rosig aus. Klar, das Karl-Liebknecht-Stadion wäre auch eine dufte Lösung gewesen, doch steht es aktuell nicht zur Verfügung. Ein paar Fördergelder locker machen und dann ranklotzen! Ich biete sogar meine Hilfe an und packe ehrenamtlich mit an. Die Gelegenheit, das Stadion der Freundschaft mal ein wenig auf Vordermann zu bringen und dort Drittligafußball zu sehen, kommt soooo schnell ganz gewiss nie wieder. Sport frei!

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Stadion der Freundschaft in Frankfurt Oder

Artikel wurde veröffentlicht am
19 April 2021

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Bei Fußball und Franfurt O. muss ich immer sofort an das Sextouristen Banner denken. Natürlich wurde es in diesem Artikel auch noch mal präsentiert. Ich wurde nicht enttäuscht :)
HA
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G
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Eine Überlegung wert. Falls nichts mehr geht. Mietfrei, dafür finanziert Viktoria das Flutlicht.
K
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F
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Blödsinn und ein verspäteter Aprilscherz.
G
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