Reingerammelt in die silbernen Waggons, Fenster runter, Kippe an, Bierdosen aufgerissen, Schlachtrufe ertönen lassen. Auswärts ist man asozial. Das erste Mal nach Köln! Der Baumaschinenhersteller-Kalender mit den nackten Frauen drauf zeigte den 4. April 1992 an. Derby-Zeit! Heute knallt’s! Der Express hatte im Vorfeld immer markige Schlagzeilen parat. Für mich war es in der Saison 1991/92 bereits mein drittes Aufeinandertreffen zwischen Köln und Leverkusen. Nachdem ich Anfang September 1991 beim Pokalspiel im Ulrich-Haberland-Stadion im Gästeblock die Wurstbude brennen sah und ich später auf dem Willy-Brandt-Ring laufen gehen musste, folgte am 5. Oktober ein 1:1 im Ligabetrieb vor 21.000 Zuschauern. Henri Fuchs brachte in der 90. Minute die Geißböcke zum Abtitschen. „Mach et Otze“ hatte die Vorlage gegeben.
1992 bis 1995: Block 38 und Halligalli - 25x auswärts im Müngersdorfer Stadion
HotNun also ging es mit der Werkself nach Köln-Müngersdorf, und die kurze Zugfahrt bis Köln-Deutz war so richtig schön assi. Es schien, als müssten in der kurzen Zeit die Bierbüchsen auf Akkord weggezischt werden. Danach ging es mit der Meute (nicht lachen, bitte) in die Sonderstraßenbahnen, die einen bis zum Müngersdorfer Stadion brachten. Müngersdorf. Junkersdorf. Wie das schon klang. Für mich war das als Ost-Berliner, der Anfang September 1991 für drei Jahre an den Rhein zog, eh eine völlig neue Welt. Wat staunte ich nicht schlecht, als ich auf der Aachener Straße all die Gestalten sah. Alter Schwede! Was für eine Ansammlung vor dem Griechen und den ansässigen Kneipen. In den Monaten zuvor hatte ich bereits einiges von Köln gehört und gelesen. Von der Boxwiese. Vom berühmt berüchtigten Block 38. Von den Angriffen auf die Straßenbahnen. Und auch vom Senfeimer, der beim DFB-Pokalspiel 1. FC Köln vs. MSV Duisburg (07. Mai 1991) von oben in die Gästekurve geworfen wurde.
Gut was los sei am 17. April 1990 gewesen, als Juventus Turin zu Gast im Müngersdorfer Stadion war und tausende Ex-Italiener auf den Beinen waren, berichtete man. Noch hitziger war es jedoch wohl zuvor am 6. Dezember 1989, als Roter Stern Belgrad seine Visitenkarte abgab. Nach der 0:2-Niederlage in der jugoslawischen Hauptstadt konnten die Geißböcke vor 36.000 Zuschauern die Sache drehen und mit 3:0 gewinnen. Falko Götz machte zwei Buden, und in der 90. Minute machte Frank Ordenewitz den Sack zu. Irre, was sich damals auf dem Rasen und den Rängen abgespielt hatte. Das Wunder! FC-Trainer Christoph Daum kriegte sich nicht mehr ein vor Freude, die Effzeh-Fans ließen die weite Schüssel zu einem tosenden Hexenkessel werden, auf dem Oberrang der Nordkurve segelten rote Leuchtkugeln, und auch auf dem grünen Rasen brannte bei manch einem die Sicherung durch. Ein Tritt, ein linker Schwinger - rote Karten für Miloš Drizić und Uwe Rahn (eigentlich Falko Götz). Für die Krönung sorgte jedoch der Belgrader Trainer Dragoslav Šekularac, der nach Rangeleien erst gar nicht mehr zur Pressekonferenz erschien.
Aufnahmen von den Gefechten auf den Rängen hatte ich im Vorfeld des Derbys gegen Leverkusen auf einer VHS-Kassette bestaunt - kein Wunder also, dass das Gefühl immer mulmiger wurde, je näher der Anpfiff rückte. Gerade mal 5 Mark (ermäßigt) hatte die Eintrittskarte gekostet, auf der oben fett der blaue CITIBANK-Schriftzug zu lesen war. Hinein in die weitläufige Gästekurve, die sich über die Blöcke 35, 37, 39 und 41 erstreckte. Der Block 35 blieb jedoch manchmal als Pufferzone leer. Der erste Eindruck war ein wenig ernüchternd. Von einem Hexenkessel war erst einmal nicht viel zu spüren. Rund 2.000 Bayer-Fans hatten sich in der Gästekurve eingefunden, insgesamt waren es 23.000 Zuschauer, welche die Ränge eher dürftig füllten. Hierbei muss jedoch betont werden, dass im Allgemeinen in jener Zeit die Zuschauerzahlen um einiges niedriger lagen als heute.
Der neugierige Blick schweifte noch über die Ränge und das monströse Betondach, als bereits in der achten Spielminute Anders Giske die Geißböcke in Führung bringen konnte. Wieder war es „Macht et Otze“, der die Vorlage gab. Und mit einem Mal wurde es laut im weiten Rund. „Effzeh, Effzeh!“ hallte es über den Rasen. Wenig später erhoben sich die „guten Jungs“ auf dem Oberrang und stimmten mit ausgestreckten Armen das „Den mir sin kölsche Junge“ an. Unvergessen der Augenblick, als ich das erste Mal den Mob im Block 38 bemerkte. Geile Nummer, die Kölner Hools saßen zu jener Zeit direkt über der Gästekurve und hämmerten auch mal laut gegen die oben angebrachten Werbetafeln. Spätestens, wenn von oben mit Fingerzeig deutlich gemacht wurde, was nach Abpfiff folgen würde, schnürte es einem ganz sachte den Hals zu.
Das Ambiente im Stadion hatte etwas Besonderes. Die weite Entfernung zum Spielfeld ließ nicht gerade Begeisterung aufkommen, doch konnte es mit einem Schlag richtig laut werden, wenn die Kölner Spieler eine Angriffswelle rollen ließen. In jenem Moment dachte man als Gästefan: Oh Mist, die Partie kippt, hier wirste wohl untergeh’n. Nicht unter gingen an jenem Apriltag die Leverkusener. Nachdem Ordenewitz nach einer Stunde mit Gelb-Rot vom Platz musste und die Heimfans vor Wut schäumten und fast ausflippten, kam Bayer 04 besser ins Spiel. Nach Vorarbeit durch Ulf Kirsten machte Jupp Nehl in der 70. Minute den Ausgleich klar. „In der Südkurve viertel vor vier einen Geißbock schlachten wir. Frisches Kölner Blut tut uns allen gut…“, ertönte es nun in der Gästekurve. Im Block 38 kam bereits Bewegung auf, wenig später standen einige Kölner Hools draußen am Zaun. Großartig geknallt hatte es an jenem Nachmittag jedoch nicht, die Polizei war wohl nach Abpfiff auf Zack und eskortierte die Gästefans zu den bereitgestellten Sonderstraßenbahnen.
„Wir haben Euch gesehen!“, hieß es am nächsten Tag in der Pausenhalle für Auszubildende des Leverkusener Chemie-Giganten. Bei Mettbrötchen, Müller-Schokomilch und speckiger Zeitung traf man dort alle. Schalker, Kölner, Leverkusener und Fans anderer Vereine aus Nah und Fern. Wer ging am vergangenen Wochenende laufen und wer hatte eine Aktion gestartet, lautete Woche für Woche die Frage. Vier Wochen später waren Karsten und ich wieder zu Gast in der Gästekurve des Müngersdorfer Stadions. Der F.C. Hansa Rostock war am 2. Mai 1992 zu Gast in der Domstadt, und ich hatte richtig Bock auf dieses Spiel. Nachdem ich Rostock wenige Wochen zuvor das erste Mal an einem Freitagabend in Leverkusen gesehen hatte, wollte ich mir die Sache unbedingt einmal näher anschauen. Ich war gespannt, wer sich von der Ostseeküste auf den Weg an den Rhein machen würde.
Und ich wurde nicht enttäuscht. Schätzungsweise 350 Hansa-Fans enterten den Gästeblock. Untergebracht wurden wir an jenem Tag im Block 35, der bereits zum Unterrang Ost zählte. Aufgrund der Zwischenfälle beim Hinspiel wollte man wohl ein wenig Abstand zum oben liegenden Block 38 schaffen. Wobei „Abstand“ relativ war. Extra Zäune vor dem Stadion gab es nicht, und immer wieder schauten draußen die Kölner am Gästeblock vorbei. Immer wieder überlegte ich dieser Tage, wo sich eigentlich die Toiletten befanden, und ich denke, dass sich diese außerhalb des eigentlichen Stadions befanden. In jedem Fall stand vor der Gegengerade ein Flachbau, in dem sich arg verranzte Klos befanden. Der Gang zur miefenden Pissrinne war mir damals ein Graus, und somit verzichtete ich auf den erhöhten Bierkonsum während des Spiels. Eingeprägt hatten sich zudem die Sesamringe, die zu jener Zeit an allen Ecken des Müngersdorfer Stadions verkauft wurden.
Die Rostocker waren an jenem Maitag gut gelaunt und pöbelten in einer Tour. So, als würde es kein Morgen oder besser gesagt kein Stelldichein nach dem Spiel geben. Stefan Persigehl konnte den F.C. Hansa nach 12 Minuten mit 1:0 in Führung bringen, und im Gästeblock gab es kein Halten mehr. Es wurde sich umarmt, Bierlachen bildeten sich auf dem Boden, Stinkefinger wurden gen Oberrang gestreckt. „Scheiß DDR!“, hallte es nun von oben. Immer wieder donnerten Fäuste gegen die Werbebanden. „Baut die Mauer auf!“ Das Ganze sah oben nicht mehr nach Jux und Gaudi aus. In der Tat war nun echter Hass im Spiel. Auf dem Rasen erhöhten auch die Kölner Spieler die Taktfrequenz und konnten nicht unverdient die hitzige Partie drehen. Ralf Sturm, ausgerechnet Henri Fuchs und Olaf Janßen erzielten die Treffer zum 3:1.
Ich war richtig bedient, doch die angereisten Hansa-Fans sahen es weniger dramatisch. Es wurde - Dank des hohen Alkoholkonsum - weiter gefeiert und fleißig gepöbelt. Eine Polonäse - angeführt von einem Fan mit Wikingerhelm (wie ahnen, wer das wohl war) - führte durch den Block, und ein Stück weiter unten holte ein schmerzfreier Rostocker sein bestes Stück raus und ließ die Fleischpeitsche schwingen. Hier, Kölner, könnt ihr mal kieken! Rostock hat den Größten! Die Hools im Block 38 feierten gut ab, erhoben sich wieder und stimmten nochmals das „Den mir sin kölsche Junge, ham Spetzeboetzje an, mir lossen uns net dran fummele, mir losse keiner ran…“ an. Nach Abpfiff seilten Karsten und ich uns rasch ab, die feuchtfröhliche Hansa-Truppe lief indes in aller Ruhe in Richtung Südkurve und bekam es dort noch mit einigen Kölnern zu tun.
Köln! Ich hatte nun richtig Bock. Mehr Adrenalin und Nervenkitzel ging nicht! Zumal die sportliche Garde zur sogenannten Crème de la Crème gehörte. Köln wurde zu einer echten Hassliebe. Zum einen bekam ich echte Hassgefühle, wenn ich Bodo Illgner, Frank Greiner und Frank Ordenewitz sah (mit Toni Polster und Carsten Jancker wurde es später noch schlimmer), zum anderen liebte ich das Ambiente im Stadion und das gesamte Drumherum. Ich wurde quasi süchtig, und das kürzliche Auszählen der Eintrittskarten ergab, dass ich von 1992 bis 1995 immerhin 26-mal zu Gast im Müngersdorfer Stadion war. Davon 20-mal direkt in der Gästekurve und zweimal in Blöcken, die zum erweiterten Bereich gehörten. Zweimal schaute ich in der Südkurve vorbei (beim Freundschaftsspiel gegen Steaua Bukarest und dem UI-Cup-Spiel gegen Tottenham Hotspur, das mit einer Jugendauswahl antrat), einmal setzte ich mich gegen den FC Schalke 04 in den Block 18 des Oberrangs. In der Saison 1994/95 schauten Karsten und ich gegen den SV Werder Bremen einmal auf dem Oberrang Nord (Block 2) vorbei, um die Kölner Hools mal aus der Nähe betrachten zu können.
Da die Zeit Anfang der 90er Jahre quasi meine Fußball-Lehrzeit wurde, war es goldwert, in Köln die verschiedensten Fanszenen einmal aus der Nähe begutachten zu können. Vom 1. FC Nürnberg und Borussia Mönchengladbach bis hin zu Dynamo Dresden und dem VfB Leipzig war so ziemlich alles dabei. Allerdings muss ich zugeben, dass ich mich an manche Partien überhaupt nicht erinnern kann. So ging beispielsweise der Auftritt des VfB Leipzig im Geiste leider völlig verschütt. Das mag auch an der mageren Kulisse (14.000 Zuschauer) und am Ergebnis (3:1 für Köln) gelegen haben. Kurios: Dreimal sah ich einen Auftritt eines Ost-Vereins, dreimal ging die Sache mit 1:3 verloren. So auch das Auswärtsspiel des 1. FC Dynamo Dresden (damals keine „SG“ und mit grünem Wappen) am 6. März 1993.
Was neben dem Auftritt der Rostocker am meisten hängen blieb, waren die Spiele gegen Celtic Glasgow, den Hamburger SV und den FC Schalke 04. Als die Schotten am 15. September 1992 zu Gast in Köln waren, fuhr ich rechtzeitig zum Hauptbahnhof, um das gigantische Gelage auf der Domplatte miterleben zu dürfen. Mit Gummibällen wurde hin- und hergekickt, und der Bierkonsum erschien rekordverdächtig. Ich schloss mich einigen Celtic-Fans an und fuhr mit diesen in der Straßenbahn nach Müngersdorf. Kaum angekommen, kippte die Stimmung. Ein paar Kölner Hools präsentierten englische Flaggen, und als Antwort flogen die Bierflaschen. Ruckizucki war bei den Celtic-Anhängern der innere Schalter umgelegt, und die Ersten wollten sich schmerzfrei und blind vor Wut mit den Worten „You fucking Bastards!“ ins Getümmel stürzen.
Die Lage beruhigte sich jedoch wieder, und nachdem ich Karsten getroffen hatte, gingen wir in den Block 3 und ließen die Blicke über die gut gefüllte Gästekurve schweifen. Was für ein genialer Auftritt! Zwar konnte der 1. FC Köln vor 26.000 Zuschauern mit 2:0 gewinnen, doch machten die Gästefans die Angelegenheit zu einem echten Heimspiel. Immer wieder hallten das „We shall not be moved“ und das „We are Celtic Supporters…“ durch das Rund. Feuchte Augen und Gänsehaut vom Feinsten. Groß war die Freude, als zwei Wochen später Celtic daheim mit 3:0 gewinnen und somit in die nächste Runde (Borussia Dortmund war der Gegner) einziehen konnte.
Generell war es so, dass ich die Gäste gewinnen sehen wollte. Wenn man schon mal in der Gästekurve stand, so wollte man diese auch abgehen sehen. Etwas schwerer tat ich mich indes, als der FC Bayern München und der SV Werder Bremen zu Gast waren. In diesem Fall hieß es dann doch eher, neutral das Ganze zu begutachten und auf reichliche Tore auf beiden Seiten zu hoffen. Hauptsache kein ödes 0:0. Stimmungstechnisch war das Aufeinandertreffen des 1. FC Köln und des Hamburger SV am 29. August 1992 - also noch vor dem legendären Spiel gegen Celtic - eine prima Hausnummer. Was an jenem Nachmittag die HSV-Fans in der Gästekurve boten, gehörte zum Besten, was ich in jener Zeit dort erleben durfte.
Zweimal gingen die Kölner in Führung, zweimal konnten die Hamburger ausgleichen. Gut ab ging es, als Florian Weichert nach Vorarbeit durch Thomas von Heesen in der 84. Minute das 2:2 machte. „What shall we do with the drunken sailor…“, ertönte es in der Hamburger Kurve, und um die Kölner Fans zu provozieren wurde noch ein „Hans Rosenthal ist tot, Hans Rosenthal ist tot…“ angestimmt. Wobei sich hierbei die Frage stellte, warum eigentlich? Sei es drum. Abgesehen von der geschmacklosen Rosenthal-Einlage war die Stimmung vom Feinsten, und nach Abpfiff wurde der damalige HSV-Trainer Egon Coordes frenetisch gefeiert. Dieser freute sich sichtlich und eilte zu den Fans und ballte die Fäuste. Er ahnte wohl schon, dass sein Stuhl arg wackelte. Und richtig, nur vier Wochen später löste ihn Benno Möhlmann ab.
Zweimal in Köln gesehen hatte ich den FC Schalke 04 - und beide Partien waren fantechnisch betrachtet echte Gipfeltreffen. So strömten am 29. Mai 1993 rund 54.000 Zuschauer in das Müngersdorfer Stadion (gegen den HSV waren es gerade mal 16.000). Gut und gern befanden sich unter ihnen mindestens 10.000 S04-Fans, denn selbst der Block 1, in dem wir uns befanden, war gefüllt mit den Blau-Weißen. Die Stimmung war aufgeheizt, und kurz vor Schluss kam es zum Siedepunkt. In der 78. Minute konnte Andreas Müller (nicht Möller) zum 1:1 ausgleichen, nur zwei Minuten später erzielte Frank Greiner den Kölner Siegtreffer zum 2:1-Endstand.
In der Saison darauf gab es den Klassiker unter der Woche an einem Mittwochabend zu sehen. Der Gang über die Boxwiese wurde im Dunkeln nun noch prickelnder, und auch das Spiel auf dem Rasen wurde keine schlechte Nummer. Thomas Linke machte in der 38. Minute nach Zuspiel von Ingo Anderbrügge das 1:0 für Schalke, nur vier Minuten später ließ Stefan Kohn die Kölner frenetisch jubeln. Die sportliche Kölner Garde saß zu jenem Zeitpunkt nicht mehr im berühmten Bock 38. Ein Trennzaun wurde errichtet, und die Hools nahmen nun weiter westlich ihre Plätze ein. Kritisch blieb es bei manch einem Spiel so oder so. Vor allem auf der Aachener Straße und auf der großen Wiese, die nie komplett von der Polizei überwacht werden konnte.
Im Nachhinein erstaunlich wirkt es, dass ich damals gar nicht sooo sehr das Duell 1. FC Köln vs. Borussia Mönchengladbach auf dem Schirm hatte. Die Spiele gegen und bei Schalke 04 (man denke an den Nikolaustag 1992, als im Parkstadion sogar Zäune zerschnitten wurden) überstrahlten einfach alles. Allerdings reiste Mönchengladbach auch damals bereits mit voller Kapelle an, und der in der prall gefüllten Gästekurve miterlebte 4:0-Auswärtssieg am 13. November 1993 bleibt unvergessen. Bereits nach fünf Minuten erzielte Martin Max den ersten Treffer, und er sollte an jenem Nachmittag noch zwei weitere machen. Tor Nummer vier steuerte Peter Wynhoff bei. Und wenn wir schon bei der Borussia sind, gut ab ging es auch, als die Dortmunder Borussia am 19. September 1992 mit 1:0 in Köln gewinnen konnte. Stimmungstechnisch brachten die BVB-Fans zu jener Zeit daheim und auswärts einiges auf die Beine, und so waren Spiele mit Dortmunder Beteiligung immer ein Schmankerl für Augen und Ohren.
Was sonst noch hängen blieb? Punktuelles. So wurde es beim Abendspiel gegen den FC Bayern München am 2. September 1992 etwas ungemütlich. Die Kölner wurden muffig und hämmerten bereits von draußen wie die Berserker an den Zaun. Karsten und ich - nicht wirklich die Schläger der ersten Reihe - schauten wohl etwas verängstigt drein, wurden jedoch von einem bajuwarischen Alt-Hauer mit den Worten „Keine Sorge, Jungs, die hau’n wir weg!“ beruhigt. Na dann! Alles im Lot!
Noch mehr zu Lachen hatten wir, als bei einem Kölner Heimspiel - keine Ahnung, gegen wen - die Eingangskontrolle etwas genauer sein sollte. Ging es in jener Zeit im Allgemeinen eher etwas lasch zur Sache, so wurde Karsten an jenem Tag X vor mir von den Ordnern plötzlich aufgefordert, sich nackig zu machen. Einmal komplett ausziehen, bitte! Ich traute meinen Ohren nicht und wollte bereits den Rückwärtsgang einlegen. Soweit kommt dat noch, dass einer das Gehänge inspiziert. Es wurde bereits am Gürtel rumgenestelt, als irgendein Typ plötzlich meinte: „Verstehen Sie Spaß?“ Ähm, nicht wirklich?! Die „Versteckte Kamera“ hatte an jenem Tag verschiedene Fußballfans verarscht, die Sendung hatten wir allerdings später nie gesehen. Den Ordnern hätten wir so oder so mal gleich klarmachen sollen: „Mir lossen uns net dran fummele, mir losse keiner ran... „
Mit Bayer 04 Leverkusen begann am 4. April 1992 alles, mit Bayer 04 Leverkusen endete mein Kölner Kapitel. Ich wohnte bereits wieder in Berlin, als ich am 15. Oktober 1995 noch einmal ins Rheinland düste. Das Rheinische Duell zog inzwischen ein paar Zuschauer mehr, und somit wollten 36.000 Zuschauer das Spiel am Sonntagabend sehen. Markus Feldhoff und Paulo Sergio brachten die Werkself in Führung, Dorinel Munteanu und der Spieler mit dem sensationellen Namen Holger Gaißmayer glichen jeweils aus. Ich müsste jedoch lügen, wenn ich behaupten würde, dass unglaublich viel von jener Partie im Geiste hängen blieb. Die 1992er Partien gegen den F.C. Hansa Rostock, den Celtic FC, den HSV und den FC Schalke 04 hatten nun mal alles überlagert. Damals, als alles noch frisch, neu und super aufregend war. Schönen Gruß nach Kölle, es war eine wirklich klasse Zeit! Mit Freude fand ich im Zuge der Recherche ein altes Video der Cologne Streetfighter auf youtube.
Und so viel Zeit und Mühe muss sein. Wie viele Auswärtssiege gab es eigentlich damals zu sehen? Hier die Statistik:
04.04.1992: 1. FC Köln vs. Bayer 04 Leverkusen 1:1
02.05.1992: 1. FC Köln vs. F.C. Hansa Rostock 3:1
Sommer 1992: 1. FC Köln vs. Steaua Bukarest (Testspiel) ?
14.08.1992: 1. FC Köln vs. 1. FC Kaiserslautern 0:1
29.08.1992: 1. FC Köln vs. Hamburger SV 2:2
02.09.1992: 1. FC Köln vs. FC Bayern München 1:3
15.09.1992: 1. FC Köln vs. Celtic FC 2:0
19.09.1992: 1. FC Köln vs. Borussia Dortmund 0:1
17.10.1992: 1. FC Köln vs. SV Werder Bremen 0:2
31.10.1992: 1. FC Köln vs. 1. FC Nürnberg 1:2
14.11.1992: 1. FC Köln vs. Bayer 04 Leverkusen 1:0
21.11.1992: 1. FC Köln vs. Karlsruher SC 1:3
06.03.1993: 1. FC Köln vs. Dynamo Dresden 3:1
29.05.1993: 1. FC Köln vs. FC Schalke 04 2:1
25.09.1993: 1. FC Köln vs. VfB Leipzig 3:1
09.10.1993: 1. FC Köln vs. FC Bayern München 0:4
23.10.1993: 1. FC Köln vs. Borussia Dortmund 2:0
13.11.1993: 1. FC Köln vs. Borussia Mönchengladbach 0:4
16.02.1994: 1. FC Köln vs. FC Schalke 04 1:1
26.02.1994: 1. FC Köln vs. Bayer 04 Leverkusen 1:1
15.04.1994: 1. FC Köln vs. Hamburger SV 3:0
21.10.1994: 1. FC Köln vs. VfL Bochum 2:1
15.04.1995: 1. FC Köln vs. SV Werder Bremen 1:1
10.06.1995: 1. FC Köln vs. Bayer 04 Leverkusen 3:3
23.07.1995: 1. FC Köln vs. Tottenham Hotspur (UI-Cup Gruppe 2) 8:0
15.10.1995: 1. FC Köln vs. Bayer 04 Leverkusen 2:2
Fazit: Achtmal sah ich die Gäste, neunmal die Kölner siegen. Siebenmal gab es ein Unentschieden zu sehen. Es war mir eine Freude! 2021/22 komme ich dann wieder! In den Gästeblock! :-)
Anmerkung: Ende 2020 kam der 512-seitige Wälzer „Kaperfahrten - Mit der Kogge durch stürmische See“ auf den Markt. Unter anderen drin zu lesen ist ein ausführliches Kapitel über das besagte Spiel im Müngersdorfer Stadion am 02. Mai 1992. Mitgearbeitet haben an diesem Buch rund 20 Personen (Heiko Neubert, Mia B. "Chelsea", Aumi, Keili, Klischi, Anika...), anzuschauen und zu lesen gibt es Berichte, Anekdoten und Fotos aus dem Zeitraum 1988 bis 2020. Interesse geweckt? Zuschlagen! Das Buch ist direkt beim Herausgeber / Autor Marco Bertram bestellbar: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Weitere Infos zum Buch gibt es auch auf der privaten Webseite: www.marco-bertram.de
Fotos: Marco Bertram, K. Hoeft, Heiko Neubert