In Rixdorf ist Musike! Ordentlich Zunder bei Polonia Berlin vs. Rixdorfer SV

In Rixdorf ist Musike! Ordentlich Zunder bei Polonia Berlin vs. Rixdorfer SV

„In Rixdorf ist Musike, Musike, da tanzen Franz und Rieke die letzte Polka vor…“ Mit lachenden und staunenden Gesichtern ging es am gestrigen Nachmittag in die Kreisliga A-Partie FC Polonia Berlin vs. Rixdorfer SV. Das allerletzte Fußballspiel vor der wohl längeren Corona-Zwangspause, in welcher der Amateurfußball fast komplett ruhen wird. Papa ließ sich also nicht lumpen, holte die Kröten raus und lud den größeren Sohnemann eine Stunde vor Anpfiff im Vereinsheim zu einem Schnitzel ein. Punkt 14:30 Uhr ließen ein paar Polonia-Fans kurz ein paar Klänge ertönen, um die Gäste aus Rixdorf (Berlin-Neukölln) zu begrüßen. Ein letztes Mal im Jahr 2020 - man darf ziemlich sicher davon ausgehen, dass auch im Dezember nix rollen wird - also noch einmal als Polonia-Rodzina (Familie) zusammen sein und schauen, was auf dem Kunstrasenplatz des „Polonia-Parks“ möglich ist. Ein Sieg sollte unbedingt her, die 2:4-Niederlage in der Woche zuvor beim SV Nord-Wedding II schmerzte sehr.

Eingefunden hatten sich auf den Rängen zirka 60 bis 70 Fußballfreunde, von denen rund 50 dem FC Polonia Berlin die Daumen drückten. „Polska, Biało-Czerwoni“, hallte es über den Platz, immer wieder wurde das inzwischen legendäre „W Berlinie tylko Polonia!“ angestimmt, rhythmisch wurde gegen das geklatscht, was gerade zu Greifen war. Und was soll man sagen? Wie so häufig seit Bestehen des FC Polonia Berlin zeigte sich der Gegner wieder ganz besonders motiviert. Auf Anhieb war Hitze drin, und der Rixdorfer Trainer Recep Dogan war erstaunlich schnell auf arg erhöhter Betriebstemperatur. Mit einem Bein auf der Seitenlinie ließ er allzu oft seinen Emotionen freien Lauf. 

Aber jut, wie heißt dat in einem Berliner Klassiker: „Denkste denn, denkste denn, du Berliner Pflanze, denkste denn, ick liebe dir, nur weil ick mit dir tanze?“ Liebe wurde bei der gestrigen Partie nicht allzu groß geschrieben. Zu groß schien der Druck, gegen den FC Polonia Berlin etwas reißen zu müssen. Mit einem „Na ja, gehen wir etwas locker in die Corona-Pause“ war definitiv nichts zu spüren. Anders als noch in der Vorwoche ließen sich die Polonia-Spieler nun auf heimischen Terrain überhaupt nicht beeindrucken. Und auch nicht provozieren. 

Polonia bestimmte das Spiel und ging nach zirka acht Minuten in Führung. Von der rechten Außenbahn landete der Ball auf der linken Seite, das Spielgerät wurde hereingebracht, Rixdorf bekam den Ball nicht aus der Gefahrenzone, und aus der leichten Drehung brachte Lucjan Marek Konopka schließlich den Ball knapp am rechten Pfosten unter. 1:0 für Polonia! „Brawo Panowie! Brawo!“, ertönte es laut von den Rängen. Den zweiten Treffer des Tages gab es in der 37. Minute zu sehen. Von der linken Seite brachte Piotr Grzegorz Grzebyk den Ball flach rein, und ebenso mit einem flachen Schuss erzielte Lukasz Dawid Isalski das 2:0. 

Einige Rixdorfer Spieler waren völlig bedient. Die Nerven lagen blank. Während auf den Stufen das „Ein Schuss, ein Tor, Polonia!“ ertönte, bekamen sich Rixdorfer Spieler unmittelbar nach dem Gegentreffer gegenseitig in die Haare. Ein Spieler musste von seinen Mitspielern festgehalten werden, von seinem Trainer wohl sicherheitshalber ausgewechselt wurde die Nummer 18. Hämische Gesänge gab es auf Heimseite keine zu hören. Vor sich hin murmelnd wurde das Ganze zur Kenntnis genommen und ausgewertet. Nach einer Minute konnte die Partie schließlich fortgesetzt werden. Kurz hitzig wurde es noch einmal kurz nach dem Pausenpfiff, als jemand meinte, seine Abneigung gegenüber Polen kundzutun. Äußerst positiv zu erwähnen ist hierbei der Rixdorfer Torwart Eray Aktan, der erst gar nicht mit in die Kabine ging, sich erst einmal sammelte und eine E-Zigarette paffte und dann das schlichtende Gespräch mit den Polonia-Fans suchte. Respekt! 

Auf in die zweite Halbzeit! Den Sack quasi schon mal zu machte der zuvor eingewechselte Robert Reformat, der in der 67. Minute vom Elfmeterpunkt aus in souveräner Manier das 3:0 in trockene Tücher bringen konnte. Während die Kids Käsekuchen futterten und gemeinsam am Geländer hangelten, blieb der FC Polonia auf dem Kunstrasen am Drücker. Teils zu skurrilen Szenen gab es mitunter, was den einen Linienrichter betraf. Allerdings hatte der Schiedsrichter Ayman Kour Omar die Sache 1a im Griff und sämtliche Situationen stets im Blick. Bekanntlich werden in den Kreisligen Betreuer oder auch Ersatzspieler der beiden Teams an die Linie gestellt. Anders als in den höheren Ligen haben diese eher nur beratende Funktion. Am Ende muss der Schiedsrichter ganz allein entscheiden, ob Aus oder Abseits. Gut so, denn ansonsten wäre in diesem Fall das Chaos perfekt gewesen.

Aber auch so oder so wurde es am Ende ein wenig chaotisch. Zuerst gab es den Treffer zum 4:0 zu sehen. Nach feiner Hereingabe von der rechten Seite schoss Michael Wolynski kraftvoll auf das Rixdorfer Gehäuse. Der besagte Torwart war noch mit den Händen dran, war jedoch am Ende machtlos. Richtig zur Sache ging es, als wenig später der in Richtung Tor stürmende Lucjan Marek Konopka von hinten von den Beinen geholt wurde. Verständlicherweise suchte nun Konopka postwendend das Gespräch mit dem Foulenden. Was folgte, war eine klassische Rudelbildung, die es zu Zeiten von Corona nicht geben sollte. Nun war richtig Hitze drin, es wurde gerangelt und geschubst, und aufgebrachte Zuschauer riefen immer wieder „Abstand! Abstand!“ Als dann auch noch verbal das Corona-Epizentrum Neukölln ins Spiel gebracht wurde, gab es bei einem Spieler kein Halten mehr. Einmal ging es über den ganzen Platz, dann wurde die Mittellinie-Fahne geschnappt und diese vor Wut auf die Traversen geschleudert. Sehr viel Emotion - scheiß Aktion von beiden Seiten - nach dem Spiel wurde sich noch kurz ausgesprochen.

Noch abstruser wurde es, als der Linienrichter seine Nerven nicht gezügelt bekam und einen völlig friedlichen Zuschauer am unteren Geländer verbal anging. Dachte man, das Ganze würde sich abkühlen, sammelten sich nun noch mehr Spieler vor den Rängen. Auch auf diesen gab es Wortgefechte, doch kam es glücklicherweise zu keinen tätlichen Handlungen. Auf den Rängen wurden die Parteien sachte getrennt, doch nun kam noch einmal der Rixdorfer Trainer ins Spiel, der eine filmende polnische Frau verbal anging. Nochmals schlichten konnte der Rixdorfer Torwart, der seinen Trainer sowie den Linienrichter von der filmenden Zuschauerin wegschob. „Okay, hilft nix, können weiter machen. Alles in Ordnung! Sorry noch mal!“, rief schließend ein Rixdorfer Spieler, der die verbale Schlacht somit für beendet erklärte.

Viel gespielt wurde nun eh nicht mehr. Zu sehen gab es noch den Freistoß für Polonia - wir erinnern uns an das Foul an Lucjan Marek Konopka -, und nachdem dieser ausgeführt wurde, pfiff der beachtenswerte Schiedsrichter die denkwürdige Partie ab. Der eine oder andere Spieler gab sich nun die Hand und ein weiteres klärendes Gespräch milderte weiterhin das Ganze ab, so dass entspannt der Nachmittag ausklingen gelassen werden konnte. Kurzum: In der Partie war mächtig Musike. Kein Wunder auch. War der Druck hoch, möglichst mit einem Erfolgserlebnis in die vermutlich arg lange Pause zu gehen. Reichlich bitter ist die Situation sowohl für Spieler, als auch für Fußballfans. Ganz klar, dass auch eine Portion Wut und Frust im Spiel ist. Viele verstehen es einfach nicht, dass die kommenden Wochen nicht einmal trainiert werden darf. Warum beim Profifußball der Ball weiter rollen darf, jedoch in den unteren Ligen bei Einhaltung der Regeln dies überhaupt nicht möglich sein darf… 

An dieser Stelle einen sportlichen Gruß an sämtliche Spieler und Fans sowie die Jungs vom Polonia-Fanclub "Cool! Wa?". Bleibt gesund, bleibt fit - wir sehen uns wieder! Sport frei!

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: FC Polonia Berlin

Artikel wurde veröffentlicht am
02 November 2020
Spielergebnis:
4:0
Zuschauerzahl:
70

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