Sie sind wieder hier in Ihrem Revier: RWE glänzt vor „ausverkaufter“ Hafenstraße 97a

Sie sind wieder hier in ihrem Revier: RWE glänzt vor „ausverkaufter“ Hafenstraße 97a

Was für eine Vorfreude in den letzten Tagen, was für ein Zittern bei den Fans, dass der 7-Tage-Inzidenz für die Stadt Essen nicht den Wert von 35 kratzt. Am Donnerstag dann die entscheidende Nachricht: Das Spiel Rot-Weiss Essen gegen die U23 von Fortuna Düsseldorf darf vor 5.000 Fans (alles Dauerkarteninhaber) stattfinden. Nach dem Saisonabbruch und Vorbereitungsspielen sowie Liga- und Pokalbegegnungen vor maximal 300 Zuschauern fieberte ganz Essen dem Highlight entgegen endlich wieder ins Stadion zu dürfen.

Beim Traditionsverein Rot-Weiss Essen, der die Saison wieder mit Aufstiegsambitionen angehen will noch mehr als in den Jahren zuvor, war man während des Lockdowns und der Vorbereitungsphase sehr engagiert. Nicht nur auf virtuelle Tickets auch auf Sondertrikots und sonstige Aktionen sprangen die Fans an. Wo die Reise ohne Zuschauer (trotz Hygeniekonzept für Publikum) hingehen könnte zeigte sich beim ersten Testspiel (wir berichteten) in Bottrop vor einem Monat. Für einen Fünfer konnten sich Fans einen Livestream des Anbieters Soccerwatch sichern. Ein erster Test wie Livestreams bei den Essener Fans ankommen würden. Auch wenn die Kameratechnik (nur eine Kameraperspektive) für einige gewöhnungsbedürftig war, wurde das Angebot doch angenommen. Beim Niederrheinpokal-Halbfinale in Velbert buchten sich gleich 2.000 Fans ein Ticket beim Dienst und konnten so den Finaleinzug der Essener verfolgen.

Einen Tag nach dem Halbfinale startete dann RWE seinen Dauerkartenvorverkauf mit einem sehr durchdachten Konzept, dem RWE-Doppel-Pass: 5.000 Dauerkarten für die kommende Saison veräußert der Klub zum gleichen Preis der Vorsaison (bei mehr Heimspielen) und zwar in der Kombination mit einem Livestream des Heimspiels (mit Kommentar und mehreren Kameraperspektiven) sollten keine 5.000 Zuschauer zugelassen werden. Vorkaufsrecht haben die „alten“ Dauerkartenbesitzer der Vorsaison. So würde man sich auch seinen alten Platz weiter sichern. Bedeutet wenn man das Spiel nicht sehen kann, kriegt man es nach Hause auf den PC oder (je nach Anbieter) auf den Smart-TV geliefert. Dazu soll es aber auch einzelne Streamingtickets pro Spieltag geben, sicherlich auch für die Fans der Gastmannschaft interessant. Die Zeit drängt und der Verein schultert einen großen Rucksack an Organisationsaufwand. Die Fans danken es und bestellen fleißig die Dauerkarten, manche wechseln sogar vom günstigen Stehplatz auf den teuren Sitzplatz nur um den Klub zu unterstützen. Innerhalb kürzester Zeit wurde die anvisierte Zahl 5.000 geknackt. Stark!

Und nun waren sie da:
Kein Derby gegen RWO oder den WSV, kein Traditionsklassiker gegen Aachen oder Münster, nein ein normales Ligaspiel gegen die Reserve von Fortuna Düsseldorf war das erste Highlight der neuen Saison. Seit 217 Tagen herrschte fast gespenstische Stille bei Heimspielen von Rot-Weiss Essen. Keine Stimmung nur die teils lautstarken Kommandos der Spieler und Trainer. Es war gruselig. Die Hafenstraße braucht einfach die Fans, mit ihrem rustikalen Gebrüll und Gesang sowie Gepöbel von den Rängen.



Gestern war es dann endlich soweit und das trotz anhaltender Corona Pandemie. Möglich gemacht natürlich vom Verein dessen Mitarbeiter alles dran setzten wieder mehr Zuschauer ins Stadion zu bekommen. Grundlage war ein ausgereiften Hygeniekonzept und einer professionellen und man kann sagen erfolgreichen Durchführung am Spieltag. Auch die Fans tragen natürlich ihren Anteil. 5.000 haben sich einfach mal so eine Dauerkarte gekauft, obwohl sie nicht wussten ob sie jemals in dieser Saison ein Spiel live sehen würden. Dass es aber so schnell gehen würde, damit hatte niemand gerechnet. Umso mehr wurde beim Klub geackert, dass alle ihr Plätzchen mit Abstandsregelung auf den Tribünen erhalten konnten. Die Dauerkartenplätze der Stehplatztribüne wurden auf die eigentliche Gästesitzplatztribüne verlagert, was man auch während des gestrigen Spiels merkte, denn auf dieser Tribüne hatten die meisten Gesänge ihren Ursprung.



5.000 Fans durften kommen (keine Gästefans, gut kommen ja fast nie bei den zwoten Mannschaften) und die meisten kamen und soweit man es sehen konnte hielten sich alle an die Abstands- und Maskenregelung. Nur vor dem Spiel draußen vor dem aufwendig eingezäunten Stadion mit sichtbaren Hinweisen direkt vor der Kultkneipe „Hafenstübchen“ tummelten sich wie gewohnt die Fans. Nicht die Massen wie normalerweise, aber auch nicht so wie es das Ordnungsamt in der aktuellen Zeit gerne sieht. Entsprechend wurde die Kneipe eine Stunde vor Spielbeginn geschlossen. Klar die Essener Fan-Seele nimmt noch gern vor dem Kick ein Schluck Gerstensaft zu sich und da es im Stadion (dem Hygeniekonzept entsprechend) nur alkoholfreie Getränke (und Bretzel statt Wurscht) gab, tankten einige vor an der Tanke und am besagten Hafenstübchen.



Rein ins Stadion und der erste kribbelnde Moment von vielen an diesem Abend. 19:15 Uhr: die Mannschaft von Rot-Weiss Essen verlässt nach dem Aufwärmen das Feld und alle Zuschauer erheben sich von den Sitzen als ob RWE gerade einen Titel errungen hätte. 19:30 Uhr: RWE betritt den Platz und dann setzt sich der einige Minuten vorher begonnene Gesang über 2,5 Tribünen fort - pure Gänsehaut-Momente, die man lange vermisst hat. Das Spiel beginnt und die Fans sind sofort da, als ob sie nie weg waren, auch ohne den komplett durchorganisierten Support der Ultras. Auch wenn es nur fünf statt 15.000 sind – eine starke Atmosphäre von der sich am Anfang auch die Spieler beeindruckt zeigen, aber im Laufe des Spiels von dieser getragen werden.



Zum Spiel: RWE-Trainer Christian Neidhart schickte die gleiche Elf wie beim Sieg in Lippstadt vergangenes Wochenende aufs Feld und sollte ein glückliches Händchen behalten. Gegner Düsseldorf hat einen fulminanten (ungeschlagenen) Start in die Saison hingelegt und kam nach einem 6:0 Sieg über die Sportfreunde Lotte mit breiter Brust an die Hafenstraße, zeigte sich aber nicht gerade torhungrig dafür sehr abwehrstark. Essen hat aus den Fehlern der ersten Spiele gelernt und spielte ruhig von hinten heraus ohne Gefahr zu laufen ein Tor über einen Konter (wie gegen Ahlen) zu erhalten. Manche Fans murrten weil es ihnen nicht schnell genug nach vorne ging, die meisten zeigten sich von der RWE-Leistung in Hälfte eins und erst recht in Hälfte zwei zufrieden.



Dagegen konnte man mit der Leistung des Schiedsrichtergespanns um Marc Jäger überhaupt nicht zufrieden sein. In der letzten Saison bin ich des Öfteren mit der Schiedsrichterkritik bei dem einen oder anderen Leser angeeckt und ich wollte diese auch nicht mehr kommentieren, aber was Marc Jäger mit seinen Linienrichtern gestern bot war keine Regionalliga würdige Spielleitung. Seine Kollegen in anderen Ligaspielen bieten da eine natürlich nicht fehlerfreie (muss ja auch nicht wir sprechen hier auch von 4. Liga) Leistung, haben immer eine erkennbare Linie und agieren wirklich unparteiisch. Bei Marc Jäger war gestern keine richtige Linie erkennbar. Mal kleinlich mal nicht. Schon aus seiner Vita lässt sich herauslesen, dass er ein Freund von gelben Karten ist. In der laufenden Saison pfiff er zwei Spiele und verteilte gleich 12 Mal den Karton. Gestern waren es sieben an Spieler und eine an den Trainer. Klingt nach einem ruppigen Spiel mit vielen grenzwertigen Fouls. War es aber nicht. Die meisten Karten gab es für belanglose Aktionen.



So sah Oğuzhan Kefkir gelb, als er bei seiner Auswechselung nicht schnell genug den Platz verließ. Der Gegner Düsseldorf durfte sich vor der Essener Führung aber alle Zeit der Welt lassen bei Einwurf und Abstoß. Dann bekam der Spieler des Tages Dennis Grote gelb, weil er nach einer gegen Essen gepfiffenen Aktion gegen die Stoffbande trat, was den Linienrichter auf den Plan rief. Vermutlich eine Retourkutsche des Linienrichters, denn ein paar Szenen zuvor hatte sich Grote nach einem nicht geahndeten Foul an ihm beschwert, ob man erst fallen müsse damit überhaupt gepfiffen wurde. Auch der Essener Trainer wurde nicht verschont und kassierte in der ersten Hälfte eine gelbe Karte wegen Meckerns. Aber die Krönung des Ganzen und an Unsportlichkeit nicht zu überbieten war eine andere Situation: Nach einem vermeintlichen Foul von Joshua Endres an dem Düsseldorfer Tim Oberdorf, der wenige Sekunden nach diesem natürlich wie ein junger Gott über den Rasen fegte, ging der Düsseldorfer Kevin Hagemann zum Schiedsrichter und fordert eine gelbe Karte. Das sich auf sowas heute ein Schiri einlässt ist ein Unding und sollte eigentlich für den der fordert geahndet werden. Aber nicht  Marc Jäger, der der Bitte unverzüglich entsprach. Die Krönung: Nach der Kartenvergabe ging Kevin Hagemann mit einem breiten Grinsen feixend an der Haupttribüne vorbei. Da ging ihm wohl ein wenig das alte Wuppertaler Herz durch, denn Hagemann spielte vier Jahre beim RWE Rivalen den WSV. Aber beliebt ist und wird Kevin Hagemann nicht mehr in Essen. Vor vier Jahren noch im Trikot der SSVg Velbert feierte er nach einem verwandelten Elfmeter ausgiebig und provokant vor der "West", was die RWE Fans alles andere als lustig fanden.



Soweit zur Schiri-Kritik. Aber auch schlecht aufgelegte Schiedsrichter konnten Rot-Weiss Essen gestern Abend nicht stoppen. Nach einer disziplinierten ersten Hälfte mit zwei Großchancen durch Dennis Grote (Kopfball an die Latte) und Plechaty mit einem starken Sololauf, machte RWE in der zweiten Hälfte alles klar während Düsseldorf sich versuchte mit einem Abwehrriegel und Zeitspiel in ein Unentschieden zu retten. Dann aber in der 71. Spielminute stand Dennis Grote nach einer Ecke goldrichtig und netzte zum 1:0 ein. Die Freude auf dem Rasen und den Rängen kannte keine Grenzen. Aber der Höhepunkt sollte acht Minuten später stattfinden. Es wirkte wie einstudiert, weil vorher schon einmal probiert: Simon Engelmann verlängerte per Kopf auf den schnellen (für Dennis Grote eingewechselten) Cedric Harenbrock der frei auf den Düsseldorfer Keeper zulief und eiskalt vollendete. Was für ein Moment zum Ende des Spiels: Cedric Harenbrock der nach mehreren Verletzungen nun erstmals wieder im Kader stand und schon im Testspiel bei ETB Schwarz Weiß sein Können zeigen konnte, netzte und ließ sich vor den ausrastenden Fans feiern.



Was ein Abend, was ein Spiel. Nun bleibt zu hoffen, dass auch in 2 Wochen wieder Zuschauer (gegen Preußen Münster) ins Stadion dürfen. Die Fans haben so gefehlt (wie in allen Stadien) und sie sind endlich wieder da, hoffentlich auch für länger.

> zu allen Rot-Weiss Essen Fotos

Titel: Frei nach Marius Müller Westernhagen ("Wieder hier")

Artikel wurde veröffentlicht am
03 Oktober 2020
Spielergebnis:
2:0
Zuschauerzahl:
5.000

Ligen

Inhalt über Liga
Regionalliga

Benutzer-Kommentare

3 Kommentare
Hast du schon ein Konto?
Datenschutz
Durch das Anhaken der folgenden Checkbox und des Buttons "Absenden" erlaube ich turus.net die Speicherung meiner oben eingegeben Daten:
Um eine Übersicht über die Kommentare / Bewertungen zu erhalten und Missbrauch zu vermeiden wird auf turus.net der Inhalt der Felder "Name", "Titel" "Kommentartext" (alles keine Pflichtfelder / also nur wenn angegeben), die Bewertung sowie Deine IP-Adresse und Zeitstempel Deines Kommentars gespeichert. Du kannst die Speicherung Deines Kommentars jederzeit widerrufen. Schreibe uns einfach eine E-Mail: "kommentar / at / turus.net". Mehr Informationen welche personenbezogenen Daten gespeichert werden, findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Ich stimme der Speicherung meiner personenbezogenen Daten zu:
Kommentare
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 0 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 0 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 0 0