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El Mokawloon SC vs. Al Ittihad Alexandria Club: Fußball in Ägypten - kein freudiges Unterfangen!

Fußball in Ägypten - alles andere als ein freudiges Unterfangen für Fans dieses Sports. Seit den schweren Ausschreitungen vom 01. Februar 2012 in Port Said mit offiziell 74 Todesopfern, hat sich der ägyptische Fußball gravierend geändert. In Folge dessen, wurden 10 Menschen zum Tode verurteilt und viele weitere mit empfindlichen Haftstrafen belegt. Darunter auch Polizisten und ein Vereinsoffizieller vom damaligen Heimverein Al Masry. Seit diesem Zeitpunkt wurden alle Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen, um weitere ähnliche Vorfälle zu vermeiden. Es gab zwischenzeitlich zwar einen Versuch der Wiederinbetriebnahme des normalen Fußballbetriebes mit Zuschauern, allerdings kam es hierbei 2015 zu einer Massenpanik mit erneut 20 Toten, sodass Zuschauer erneut ausgeschlossen wurden. Der Fußball hat sich in diesem eigentlich fußballverrückten Land, hin zu einer seelenlosen Sportart entwickelt, die eher ein Schattendasein fristet. Nach den Vorkommnissen ist es aber irgendwie verständlich. Für den Fußball liebenden Reisenden hingegen, ist es ein wahrer Albtraum.

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Seit August 2018 ist es offiziell wieder gestattet, bis zu 5.000 Menschen in die Stadien zu lassen. Allerdings bedeutet dies nicht, dass man als Fußballfan ohne weiteres ein Spiel besuchen kann. Der eigentliche Weg ist, dass man sich über den zu besuchenden Verein, als Zuschauer beim Verband registrieren soll. Inwieweit das tatsächlich umgesetzt wird ist fraglich, denn bei oben genannter Partie war auch meine Person nicht angemeldet. Viele der Vereine gestatten Zutritt daher nur ihren Mitgliedern. Insgesamt dreimal bin ich während meines Ägyptenaufenthaltes an dieser Hürde vor Ort gescheitert. Einmal war es nur Mitgliedern gestattet, einmal handelte es sich um ein Militärstadion, einmal waren die Tore schon zu. Die Palette der Gründe ist somit vielseitig. Die letzte Entscheidung vor Ort trifft letztlich der leitende Polizei- bzw. Militärangehörige. Der gemeine Ägypter kann zumindest aus meiner persönlichen Sicht leider nicht als wirklich freundlicher und hilfsbereiter Zeitgenosse bezeichnet werden, sodass ich oft nur ein schelmisches Grinsen gepaart mit einem sturen „No“ zu hören bekam. Nicht nur beim Fußball ist das so. 

 

Auch beim dritten Anlauf  Kairo war meine Hoffnung auf einen Spielbesuch nicht gerade hoch, sodass ich nur mit dem Nötigsten zum Arab Contractors Stadium aufbrach, in weiser Voraussicht, dass ich in maximal 2 Stunden sowieso wieder in der Unterkunft sitzen würde. Natürlich sollte es an diesem Tag gänzlich anders laufen. Wie es eben immer so ist, wenn man nicht gut vorbereitet ist.

90 Minuten vorm Anpfiff war am Stadion überhaupt nichts von einem bevorstehenden Fußballspiel zu sehen. Innerlich kam schnell der Verdacht auf „Klasse, jetzt spielen die bestimmt gar nicht hier“. Tatsächlich gingen unwesentlich später die Flutlichter an, sodass der erneute Versuch unternommen werden konnte, diesem Spiel beizuwohnen. Ein Umstand, der bereits von Beginn an völlig anders war, es gab keinerlei Polizei und Militär vor Ort. Bis dato glichen die Stadien eher Festungen, gesichert von Unmengen an bewaffnetem Militär und Wasserwerfern. Keine Spur davon an diesem Stadion. Ein Zeichen? Der Versuch einfach durchzulaufen scheiterte trotzdem. Während die meisten durchlaufen durften, wurde der Ausländer zur Seite gewunken. Ein Umstand, den ich in Ägypten leider sehr oft erleben durfte. Einige Male wurden mir sogar terroristische Absichten unterstellt. Ich fühlte mich in den Momenten wahrscheinlich wie ein Syrer in Deutschland. Nach kurzer Schilderung meines Anliegens, wurde mir das Betreten des Areals tatsächlich gestattet, aber ich wollte mich noch nicht freuen. Dafür hatten die Ägypter bisher zu viele Sonderaktionen mit mir veranstaltet. Am Stadion selbst gab es dann wider Erwarten keine weiteren Kontrollen. Ich hatte es tatsächlich in das Stadion geschafft. Ohne große Diskussionen, ohne Zitterpartie, einfach so. Ich blieb trotzdem skeptisch.

 

Wie ich schon eingangs sagte, ein Fußballspiel in Ägypten ist kein freudiges Unterfangen. Wenn man in einem 35.000 Menschen fassenden Stadion sitzt und sich in diesem etwa 300 Leute einfinden, dann ist klar, dass man sich hier nur auf das Spiel und vielleicht das Stadion konzentrieren muss. Das 1979 eröffnete Stadion ist wirklich nicht übel, aber dieses Spiel war ihm kein würdiges Event. Es gab auf den Rängen tatsächlich etwas Support, dieser wirkte aber eher inszeniert. 40 Jugendliche im Alter von 12 – 20 wurden von einem Herren in den 60ern zur Stimmung aufgefordert, nachdem er auch die Sitz- bzw. Stehplatzordnung festlegte. Nun ja, andere Länder, andere Sitten. Oder wie heißt es so schön? Am äußeren Ende der Haupttribüne fanden sich sogar etwa 25 Gästefans ein. Damit hätte ich bei all der Komplexität der Probleme absolut nicht gerechnet.

 

Insgesamt konnte ich letztlich drei Spiele in Ägypten besuchen, wobei es sich außerhalb der Hauptstadt einfacher gestaltete. Besonders sympathisch und das meine ich in der Tat so, war hierbei der bei Hurghada gelegene El Gouna FC. Dank eines Tipps von einem anderen Fußballreisenden, schrieb ich den Verein bei Facebook an. Die Seite war im Vergleich zu allen anderen Vereinsseiten sogar in Englisch gehalten. Einige Tage später bekam ich Zusicherung, ein Ticket ohne Probleme zu erhalten. Der Stadionsprecher von El Gouna selbst ließ es sich nicht nehmen, sich mit mir und einigen weiteren Fußballtouristen zu treffen und die Tickets zu übergeben. Ein wirklich feiner Zug, des dadurch sehr sympathischen Vereins.

Zu den beiden anderen Partien werde ich allerdings keine Berichte verfassen, da diese ähnlich trostlos waren und es somit nicht sehr viel zu erwähnen gibt. 

Fotos: Marcel Hartmann

Artikel wurde veröffentlicht am
06 Januar 2019
Spielergebnis:
2:1
Zuschauerzahl:
300
Gästefans
25

Benutzer-Kommentare

3 Kommentare
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Kommentare
Interessant
Ägypten hatte ich in den letzten Jahren fusballerisch so gar nicht auf dem Schirm. Von der WM und diversen Berichten rund um die Katastrophen in den letzten Jahren mal abgesehen. Daher ist dieser kurze Einblick mal wieder sehr interessant. Danke dafür
CL
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U
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G
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