Tennis Borussia Berlin vs. 1. FC Frankfurt: Überraschender erster Saisonsieg für die Oderstädter

„91, 92, 93, Altona!“ Warmtrinken im gemütlichen Casino des Mommsenstadions. Freitagabend, 19 Uhr Ortszeit. Es war nicht zu überhören, dass ein Hamburger Jung mit einer Anstecknadel von Altona 93 sein Stelldichein bei der Oberligapartie Tennis Borussia Berlin vs. 1. FC Frankfurt gab. Für Unterhaltung war gesorgt, über den Umsatz konnte sich der Betreiber des Casinos gewiss nicht beklagen. Es liegt schließlich auf der Hand, dass der Hamburger nicht allein bei diesem Flutlichtspiel vorbeigeschnuppert hatte. Hansa, Altona 93, TeBe und Jena an einem Tisch. Dazu meine Wenigkeit. Noch eine Runde! Noch sind fünf Minuten Zeit. Wie das Spiel an diesem Abend ausgehen wird? 8:1 oder 0:1, so lauteten die Prognosen. Logisch, dass das 8:1 gegen den sieglosen Tabellenletzten aus Frankfurt / Oder wahrscheinlicher erschien. Noch ein Blick auf die im Casino aufgehängten Wimpel und Fotos, und dann hinaus in die frische Charlottenburger Luft. Beim letzten Zug am Bierglas erreichte uns die Neuigkeit. „Es steht 0:1!“ Ein Blick auf die Uhr: 19:34. Oha! Jacke richten, Kamera genommen und die älteren Herrschaften auf der Haupttribüne abgelichtet. Plötzlich stand es 0:2. Auch dieser Treffer wurde prompt verpasst. Wie jetzt? Es waren gerade mal acht Minuten gespielt! Visar Braha und Tobias Fiebig hatten die ersten Treffer des Abends erzielt. Was für eine fette Überraschung. Ich musste sofort an meine Kumpels aus Frankfurt / Oder denken, die ich einst vor 25 Jahren bei der Ausbildung kennengelernt hatte. Wenn die das wüssten. Auf den Live-Ticker wird von denen gewiss keiner mehr schauen.

Sieben Niederlagen und drei Unentschieden. So lautete die Bilanz vor dem Auswärtsspiel bei den Veilchen. Da auf der Gegenseite TeBe bis dato fünf Siege, drei Remis und nur zwei Niederlagen zu verzeichnen hatte, war ein Sieg der Oderstädter alles andere als wahrscheinlich. Ein Blick zum geöffneten Gästeblock: Zehn Frankfurter Fans hatten sich dort eingefunden. Eine rollbare Treppe wurde herangeschoben und kurzerhand als Capo-Turm genutzt. Geschwenkt wurde eine Fahne mit den Stadt-Farben Rot, Grün und Weiß. Am Zaun befestigt wurde ein nicht zu übersehendes schwarz-rotes Stoffband. Darüber noch ein Banner „1. FC Frankfurt (Oder). Ihr für uns, wir für euch!“ Für die Gästefans war sogar das Büdchen geöffnet. Während sechs Fans dauerhaft für aktiven Support sorgten, standen die anderen vier am Büdchen und hielten ein Pläuschchen. Fünfte Liga, Freitagabendspiel, auswärts, bislang sieglos - dafür geht das Ganze völlig in Ordnung.

TeBe

Auf Heimseite war vor dem Spiel kurzzeitig im Gespräch, wie im Winter und bei strömenden Regen vom Oberrang der Haupttribüne aus für Support zu sorgen. Da jedoch die Witterung akzeptabel war, stellten sich die aktiven Fans auf die Gegengerade. Insgesamt waren es 310 Zuschauer, die den Weg auf die Ränge des Mommsenstadions gefunden hatten. Diese mussten mit ansehen, wie ihre Mannschaft mit dem 0:2-Rückstand in die Kabine zum Pausentee ging. Trainer Daniel Volbert musste sicherlich eine hübsche Kabinenpredigt abgegeben haben. Sein Frankfurter Kollege Robert Fröhlich hatte indes die knifflige Aufgabe, seiner Mannschaft die richtigen Anweisungen zu geben. Wie mit der 2:0-Führung umgehen? Defensiv spielen? Sich demzufolge einschnüren lassen? Oder doch weiter mutig nach vorn spielen und die endgültige Entscheidung suchen?! Gute Frage. Mit dieser Ausgangssituation gingen die Frankfurter in dieser Spielzeit noch nicht in den zweiten Spielabschnitt. Zuletzt führte man zur Halbzeit daheim gegen den Malchower SV 90 immerhin mit 1:0. Am Ende stand man mit leeren Händen da. 1:2 der Endstand im Stadion der Freundschaft vor 125 zahlenden Zuschauern. Zuvor in Rathenow kam der 1. FC Frankfurt richtig böse unter die Räder. Zur Halbzeit führte die Mannschaft von Ingo Kahlisch bereits mit 6:1, nach 90 Minuten stand es schließlich 7:1. 

Tebe

Und auch in Berlin schien es zwischenzeitlich, als ob den Frankfurtern das Spiel entgleiten könnte. In der 65. und 68. Minute sorgten Sebastian Huke und Ivan Ristov für einen Doppelschlag. Plötzlich stand es 2:2. Jubel bei den TeBe-Fans. Lächelnde Gesichter. Das wird schon! Schnell ein Zigarettchen gedreht und ein Schlückchen Bier getrunken. Zwischenzeitlich wurde noch ein Spruchband hochgehalten. Beim Plausch wurde dieses fast verpennt. Ein Foto sollte schließlich her. Na okay, Gelächter bei den Fans, für den „langsamsten Journalisten der Welt“ wurde das lila-farbene Papier noch einmal hochgehalten. Das Foto war im Kasten, doch das vordere Ende konnte ich noch immer nicht lesen. Egal, weiter plauschen und mit einem Auge schauen, was beide Mannschaften auf dem herbstlichen Rasen trieben. Und was es dort zu sehen gab, überraschte wirklich. Frankfurt war heiß auf die drei Punkte und wollte sich nicht mit einem Remis abfinden. Wenn schon, denn schon. Her mit dem ersten Saisonsieg! Gesagt, getan. Fünf Minuten vor Schluss machte Erik Huwe das 3:2 für den 1. FC Frankfurt. Die Freude und die Tonnenlasten, die abfielen, bei den Spielern, dem Trainergespann, den mitgereisten Fans kann man sich sicherlich ausmalen. Es blieb beim 3:2 für Frankfurt. TeBe hatte in der Schlussphase nicht das passende Rezept gefunden, um noch einmal den Ausgleich zu erzielen. 

Tebe

In der Heimkurve blieben die Fans erstaunlich entspannt. Einige sprachen noch mit dem zum Zaun gekommenen Spielern. Im Netz ließen einige TeBe-Fans schon mehr Dampf ab. Von einem Armutszeugnis war mitunter die Rede, von charakterlosen Spielern, von einer bodenlosen Frechheit. Ein FB-User meinte, dass nun Ziele neu formuliert werden müssen und sich der Vorstand positionieren soll. Ein anderer malte die Zukunft ganz düster aus und sprach davon, dass auch intern der Baum brenne und so der Verein untergehen könne. Allerdings sieht nicht jeder Fan dermaßen schwarz, wenn gleich von den Spielern mehr erwartet wurde. 

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Begeistert zeigt man sich indes beim 1. FC Frankfurt vom im Kosovo geborenen Neuzugang Visar Braha, der das Oberliga-Team verstärkt. Nachdem er nur ein einziges Mal am Training teilgenommen hatte, machte er gleich im ersten Spiel sein erstes Tor. Nach einer Flanke von John Lukas Sauer zeigte er in der vierten Minute einen artistischen Seitfallzieher von der 16-Meter-Marke. Gesehen hatte ich dieses Tor - wie eingangs - leider nicht. Altona 93 und Hansa sei Dank. ;-) Und als ich das Aufmacher-Foto für diesen Bericht anfertigte, machte Tobias Fiebig den zweiten Treffer von der Mittellinie. Auf den Punkt brachte es abschließend der Frankfurter Trainer: „Wir haben aber mit dem ersten Sieg noch nicht den Krieg gewonnen, nur eine Schlacht um den Klassenerhalt.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Und doch soll ein weiterer Satz diesen Bericht abschließen: Vielen Dank für die gezeigte Gastfreundschaft im Mommsenstadion und bei abschließenden Gesprächen beim kühlen Blonden.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Tennis Borussia Berlin

> zur turus-Fotostrecke: Unterklassenfußball Region Nordost

Artikel wurde veröffentlicht am
07 November 2016
Spielergebnis:
2:3
Zuschauerzahl:
310
Gästefans
10

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Oberliga

Benutzer-Kommentare

2 Kommentare
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Kommentare
Klassenerhalt für Frankfurt! Allein des charismatischen Stadions wegen!! ;-)
R
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G
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