Erzgebirge Aue vs. FSV Zwickau: Keine brennende Hochsprungmatte, aber brennende Luft

Erzgebirge Aue vs. FSV Zwickau: Keine brennende Hochsprungmatte, aber brennende Luft

Der wilde Osten in den wilden 90ern. Die Bilder von der lichterloh brennenden Hochsprunganlage bei der Oberliga-Partie FC Erzgebirge Aue vs. FSV Zwickau am 26. März 1994 sorgten deutschlandweit für Gesprächsstoff. Aufgrund von aus dem Gästeblock geworfenen Brandsätzen standen die Hochsprunganlage und Teile der Tartanbahn bereits vor Anpfiff in Flammen. Die Partie konnten die Zwickauer mit 1:0 für sich entscheiden. Es war der erste Sieg in Aue seit fast exakt 20 Jahren. Am 23. März 1974 erzielten Roland Stemmler und Heinz Dietzsch die Treffer zum 2:0-Sieg der BSG Sachsenring Zwickau bei der BSG Wismut Aue.

Noch arger zu ging es zuvor am 22. Mai 1991, als im Westsachsenstadion die Liga-Partie (zweithöchste Spielklasse) zwischen Zwickau und Aue stieg. Es ging damals um viel. Genauer gesagt um alles. Als Staffelmeister durfte man an der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga teilnehmen, und somit war dieses Duell am vorletzten Spieltag eine Vorentscheidung. Bereits nach 23 Minuten führte Aue mit 3:0, in der 63. Minute machte Stefan Persigehl das 4:1 für die Jungs aus dem Schacht. Bei manch einem Zwickauer brannte nun die Sicherung durch. Es wurde der Platz gestürmt, gegnerische Spieler und der Schiedsrichter wurden angegriffen. Üble Szenen, die zum berechtigten Spielabbruch führten. Aue gewann dieses Spiel mit 4:1 am grünen Tisch.  

Beide Mannschaften waren punktgleich, allein das Torverhältnis war nun entscheidend. Daher beließ es das Verbandsgericht beim Spielstand des Spielabbruchs. Vor dem letzten Spieltag lag Aue noch vorn, doch dann geschah am 30. Spieltag Kurioses. Aue gewann „nur“ 4:1 gegen den SV Motor Weimar, die Zwickauer feierten indes einen 9:0-Sieg beim FSV Kail Werra Tiefenort und zogen somit last minute am Erzrivalen vorbei. Entscheidend waren die Treffer von Ralph Vogel und Olaf Schreiber in der 78. und 80. Minute.

 

Ein Wiedersehen gab es in den Regionalliga-Spielzeiten 1998/99 und 1999/2000. Zwickau und Aue konnten jeweils beide Heimspiele gewinnen. Ein Aufeinandertreffen gab es außerdem beim Sachsenpokal-Finale 2001, das im Westsachsenstadion ausgetragen wurde. Die Partie begann mit 10-minütiger Verspätung. Vor vollen Rängen konnte Erzgebirge Aue die Partie drehen und mit 3:1 für sich entscheiden. Ausgerechnet Jörg Kirsten hatte an alter Wirkungsstätte den Ausgleichstreffer für Aue erzielt. In den Blöcken qualmte es, bei Spielende brach die Dämmerung über das Westsachsenstadion ein.

 

Im Ligabetrieb gab es seit dem Jahr 2000 kein Wiedersehen mehr, doch sorgte im Mai 2016 das auf der Baustelle Erzgebirgsstadion ausgetragene Landespokalfinale Aue vs. Zwickau für reichlich Schlagzeilen. Zwischen den Fanblöcken flogen die brennenden Fackeln hin und her, auf dem Rasen konnte Aue das Spiel gewinnen und somit zum vierten Mal den Sachsenpokal gewinnen. 

 

Nach dem Abstieg des FC Erzgebirge Aue gab es nun im Rahmen der 3. Liga ein Wiedersehen in Aue, und die Zwickauer wollten unbedingt einen Sieg feiern. Quasi dem aktuell arg angeschlagenen Gegner richtig eine verpassen. Selten war die Ausgangslage so günstig, beim verhassten Erzrivalen einen Sieg einfahren zu können. Mit einem Old-School-Sonderzug reisten die Fans des FSV Zwickau an, an einem Bahnübergang kam es aufgrund der gezogenen Notbremse zu skurrilen Bildern. Zur Eskalation kam es dort nicht, wenig später erreichte die Anhängerschaft den Gästeblock des Erzgebirgsstadions. Ich übergebe hiermit an „Charly on Tour“ das Wort, der mit vor Ort war.

 

Also dann. Es war, wie Marco bereits erwähnte, das erste Punktspiel der beiden Kontrahenten nach über 22 Jahren. Das brisante Westsachsenderby fand mit dem FSV Zwickau einen hochverdienten Sieger. Grenzenloser Einsatz, unbedingter und riesengroßer Wille, mit viel Herz, unbändiger Kampfgeist und endlose Leidenschaft zeichnete dabei meine Zwickauer aus. 

 

Bereits nach 15 Minuten konnte Johan Gomez das Tor des Tages erzielen. In der zweiten Halbzeit wurden sehr schöne Konter gefahren, der Abschluss ließ dabei zu wünschen übrig. Coskun (74.) und von Schrötter (77.) hatten die Entscheidung auf dem Fuß, scheiterten aber aus aussichtsreicher Position. Den Gastgebern merkte man die Verunsicherung an. Eine ganz schwache Leistung, Aue kam kaum zu nennenswerten Chancen. Dies war jedoch auch ein Verdienst der sehr guten Abwehrleistung der Zwickauer. 

 

Ein paar Worte noch zum Schiedsrichter. Mit Herrn Aytekin wurde der zur Zeit vielleicht beste deutsche Schiri für das Derby angesetzt. Ihm muss man eine erstklassige und fehlerfreie Leistung bescheinigen. Sein souveränes, ruhiges und besonnenes Handeln ließen keine große Hektik aufkommen.

Auch hier an dieser Stelle darf der Gastro-Test nicht fehlen. Die BoWu gab es im frischen Brötchen für 3 Euro. Diese war so wie sie sein muss. Dazu gab’s Bautzner Senf. Preis/Leistung in Ordnung. Dafür also die Note 2.

 

Was den Support betraf, so gab es auf Heimseite zu Beginn eine gut anzuschauende Choreo, die mit reichlich Pyrotechnik gut abgerundet wurde. Der Support der Szene war bis zehn Minuten vor Schluss ganz okay. Danach entlud sich der ganze Frust über die sich anbahnende Niederlage. Dabei flogen allerhand Böller, Rauchtöpfe und Bengalos in den Innenraum.

 

Und Zwickau? Was für ein - man kann es nicht anders beschreiben - megageiler Auftritt! Von Beginn an bedingungsloser Support bei sehr hoher Mitmachquote. Es gab abwechslungsreiches und melodisches Liedgut, dabei wurde es zeitweise brachial laut. Während der gesamten Spielzeit wurde immer mal wieder gezündelt, schön anzusehen war die Blockbeflaggung, mehrere große Schwenker waren stets im Einsatz.

 

Zum Schluss noch ein Zitat aus der Presse (tag24) vom heutigen Montag: „In jenen Belangen konnten die Veilchen dem Erzrivalen am Sonntag nicht einmal annähernd das Wasser reichen. Mitten in der zweiten Halbzeit hielten manche die Köpfe schon so weit unten, dass das Kinn fast über den Rasen schleifte.“

Fotos: Charly on Tour (externer Link zu Facebook), Marco S. Marco Bertram, Marco Hensel

Bericht: Marco Bertram (erste Hälfte), Charly on Tour (zweite Hälfte)

> ein Stimmungsvideo auf YouTube (externer Link)

Artikel wurde veröffentlicht am
12 September 2022
Spielergebnis:
0:1
Zuschauerzahl:
11.538
Gästefans
1757

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3. Liga

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