Die Witterung hatte sich dem allgemeinen Gemütszustand angepasst. Gab es in der Woche zuvor noch Sonnenschein und milde Temperaturen, so regnete es am gestrigen Sonntag dauerhaft aus grauen Wolken. Zurück in den Fußballalltag. Nachdem in der Nacht von Freitag zu Samstag und den ganzen darauffolgenden Tag die schrecklichen Nachrichten aus Paris das Hirn marterten, ging es Sonntagmittag gen Sportforum Hohenschönhausen. Ungemütlicher konnte es kaum sein. Nasskälte, der Wind ließ den Regen schräg fallen. Das perfekte Wetter, um sich als enthusiastischer Fußballfreund mal richtig zu quälen. Taten die meisten jedoch nicht. Manche BFC-Fans blieben lieber gleich im Vereinsheim sitzen, die anderen drängten sich unter dem schmalen Dach der Haupttribüne. Es knubbelte sich an den Zugängen und auch die wenigen Fotografen betraten bei diesem Sauwetter nicht den Innenraum, sondern fertigten ihre Aufnahmen lieber aus der Ferne an.
Dauerregen und kein Boykott: BFC Dynamo gewinnt Pokalspiel gegen CFC Hertha 06
Gejohle, als um 13:30 Uhr die beiden Mannschaften aufliefen. Na Bravo, doch kein Boykott des CFC Hertha 06. „Lassen Sie sich überraschen. Mehr sag ich dazu nicht“, hatte CFC-Präsident Ergün Cakir der Fuwo erklärt, nachdem der Berliner Fußballverband das Heimrecht getauscht hatte. Es gab von Seiten des Verbandes und der Polizei Sicherheitsbedenken, weil auf dem Sportplatz Brahestraße keine Trennung der Fanlager stattfinden könne. CFC Hertha 06 hätte eine Alternative suchen können, dies wurde jedoch offensichtlich nicht getan. Somit schufen Polizei und Verband Fakten, das Spiel wurde im Sportforum Hohenschönhausen ausgetragen. Da der Oberligist aus Charlottenburg jedoch mit Boykott gedroht hatte, war bis zum Schluss offen, ob das Pokalspiel überhaupt angepfiffen werden kann.
Na watt denn, na watt denn, möge man da als Berliner sagen. Was soll dieses unnütze Theater? Umso schöner, dass die Gästemannschaft nun doch auflief. Und wie es Verband und Polizei forderten, wurde auch der Gästeblock geöffnet. Gezählte neun Fußballfreunde hatten sich dort eingefunden. Vor dem Spiel wurde denen sogar kurz das Zwischentor geöffnet, damit sie sich wenigstens einen Kaffee holen können.
Und das Spiel? Hm ja, in der ersten Halbzeit erwärmte das Geschehen auf dem Rasen nicht die Herzen der Fans. Windböen bliesen Regentropen auf die überdachte Tribüne. Trocken blieb man wirklich nur in den oberen drei Reihen. Derber konnte es somit kaum sein. Manch einer überlegte, ob man sich nicht doch lieber ins gemütliche Vereinsheim setzen soll. Was soll man sagen? Das Spiel begann quasi erst mit den zweiten 45 Minuten. Kein Wunder also, dass selbst fussball.de mit der Statistik ab der zweiten Halbzeit mit der Einwechslung von Christian Preiss für Kai Pröger einsetzt. Davor passierte nichts nennenswertes. Wie beim Handball scharrten sich die BFC-Spieler um den gegnerischen Strafraum, doch die Gästeabwehr stand gut und ließ nichts zu.
Da über Spielzüge und Doppelpässe kein Reinkommen zum Torraum möglich war, holte Zlatko Muhovic in der 63. Minute den Hammer raus und ließ es einfach mal aus zweiter Reihe krachen. Zack, 1:0 für den BFC Dynamo. Der Knoten war geplatzt. Die widerspenstigen Charlottenburger konnten nun in die Schranken verwiesen werden. Doch noch wurde die Partie für den Regionalligisten nicht zum Selbstläufer. Eine Viertelstunde vor Ablauf der regulären Spielzeit kam der CFC Hertha 06 über die linke Seite, der Ball wurde reingebracht, Omid Saberdest konnte zum überraschenden 1:1 ausgleichen. Haufenbildung auf dem nassen Rasen. „Jaaaaa, jaaaa, ja!“, brüllte eine jüngere Frau auf der Haupttribüne, direkt vor der ersten Garde des BFC Dynamo sitzend. Erstaunte Blicke. „Alles okay?“, „Ist er drin?“, fragte ein BFC-Fans. Gelächter an allen Ecken.
Und so kam es, wie es kommen musste. Glücklicherweise hatte die Mannschaft des BFC Dynamo keine Lust auf eine Verlängerung und legte einen Zahn zu. Als nur drei Minuten nach dem Ausgleich Orhan Yildirim sehenswert das 2:1 klarmachte, ertönte ein vielfaches „Aaaah, ja! Jaaaaa!“ Die Laune war nun gut bei den Heimfans. Das Dreckwetter geriet in Vergessenheit. Und als Zlatko Muhovic fünf Minuten vor Schluss mit seinem Treffer zum 3:1 alles klarmachte, wurden die Gesichter noch zufriedener. Gewonnen. Eine Runde weiter. Und nun ab ins Vereinsheim! Der Glühwein rief. Die Charlottenburger Lady hatte zu jenem Zeitpunkt längst die Flucht ergriffen.
Fotos: Marco Bertram
Ligen
Benutzer-Kommentare
für Kritik bin ich immer offen.
Dass es bei meinen Berichten über den BFC, den F.C. Hansa, den 1. FCM eine gewisse Lastigkeit gibt, da ich diese Vereine ganz besonders mag, gebe ich ja zu. Allerdings lasse ich bei Berichten über Babelsberg, Union und andere Vereine ganz gewiss nix negatives einfließen. Warum auch? Auch mit diesen Vereinen hatte ich grandiose Erlebnisse.
Das einzige was man mir "vorwerfen" kann, dass ich mich mitunter auf die Seiten der Fanszenen schlage und auch mal derb gegen etwaige Vorwürfe von Seiten anderer Medien (Stichwort Maischberger, Sportbild, usw.), des Verbandes, usw. vorgehe. Dafür würde ich jederzeit ohne Wenn und Aber gerade stehen.
Beste Grüße
Marco
ich bin sicher nicht der einzige, dem dein immer wieder aufblitzendes Faible für die Befis auffällt.
Man saugt sich sowas ja nicht aus den Fingern. Vielleicht sind deine subjektiven Wertungen, die du immer wieder in deine Texte einfließen lässt, auch einfach nicht so subtil, wie du denkst.
Kritikfähigkeit sieht übrigens auch anders aus. ;)
Du sprichst von anderen Schreiberlingen auf turus.net, die eine ausgewogene Berichterstattung gewährleisten. Richtig, das gilt für uns alle, die hier bei turus Berichte schreiben. Allerdings sollte schon klar sein, dass ich gemeinsam mit Karsten dieses Magazin gegründet habe und bislang dieses Magazin mit meinen tausenden Berichten seit 2008 geprägt habe. Von daher musste ich dann doch ein wenig schmunzeln. ;-) Denn genau für diese Ausgewogenheit werde ich von Rostock bis Gera gelobt.
Beste Grüße
Marco
Sorry, aber das ist nun wirklich absoluter Humbug. Sicherlich gibt es eine persönliche Nähe zum BFC, das werde ich ja auch kaum abstreiten, aus diesem Grund kommt auch in Kürze ein Buch über diesen Verein heraus.
Allerdings ist es totaler Schwachsinn zu behaupten, ich sei bei Spielen von Nulldrei und Union parteiisch. Seit 2009 berichte ich über beide Vereine und das mit der gleichen Leidenschaft wie über andere Vereine. Mir ist es völlig gleich, zu welchem Spiel ich gehe - ich schreibe immer mit der gleichen Leidenschaft. Trotz einer persönlichen Nähe zu Hansa Rostock und dem 1. FC Magdeburg schreibe ich objektiv und mit der gleichen Begeisterung über ein Spiel des FC St. Pauli oder des Halleschen FC.
Mir geht es nicht um einzelne Vereine - mir geht es um Fußball und Fankultur. Und genau dies wissen tausende Leser zu schätzen. Von daher war ich gestern auch beim 65. Geburtstag des FC Stahl Brandenburg und nicht heute beim Duell RB Leipzig II vs. BFC. So einfach ist das...
Mit besten Grüßen
Marco Bertram