BFC Dynamo vs. Chemie Leipzig: Das Sportforum - eine der wenigen Konstanten

BFC Dynamo vs. Chemie Leipzig: Das Sportforum - eine der wenigen "Konstanten"

„Das Mommse muss rostig bleiben!“, hieß es kürzlich beim Oberliga-Spiel Tennis Borussia Berlin vs. Rostocker FC bezüglich der geplanten Drittliga-Sanierung der altehrwürdigen Sportstätte nahe des Funkturms. Aber ganz ehrlich, Berlin ist in Sachen Fußballstadien auch ein echter Knaller. Das Berliner Olympiastadion und die Alte Försterei jetzt außen vorgelassen, in der deutschen Hauptstadt kann man bei manch einem Fußballausflug auf eine echte Zeitreise gehen. Wackerplatz, Mommsenstadion, Jahn-Sportpark, Sportforum Hohenschönhausen - mächtig gewaltig hatte sich an den jeweiligen Standorten (abgesehen vom Flutlicht beim JSP und in HSH) in den vergangenen 30 Jahren nicht verändert.

Was hatte sich nicht alles seit den frühen 90ern getan? Im Großen und im Kleinen. Global und im Privaten. Meine Güte, wie viele Veränderungen im Leben! Vom Abi auf dem zweiten Bildungsweg und einer Nordseiten-Erdgeschoss-Ofenheizung-Butze in der Bornholmer Straße über manch ein stürmisches Erlebnis bis hin zur Selbständigkeit als Buchautor und einer kuschligen Bude am Tierpark mit luftigem sonnigen Blick gen Westen. Wie viele Umzüge, private Erneuerungen. Höhen und Tiefen. Aufstiege und Abstiege. Freude und Tränen.

Mein jetziges Leben ist mit dem von 1994 wohl kaum vergleichbar, doch gibt es Momente, in denen die Zeit ein stückweit stehengeblieben zu sein scheint. Und zwar, wenn es ins Mommsenstadion, in den Jahn-Sportpark oder ins Sportforum geht. Meine Güte, schießt es mir durch den Kopf, wenn ich am S-Bahnhof Landsberger Allee in die Straßenbahn einsteige und bis zur Sandinostraße vorfahre. Wo ist die Zeit geblieben? All die 30 Jahre seit meiner Rückkehr aus dem Rheinland nach Berlin im Jahre 1994?! Wie oft ging es Mitte der 90er Jahre abends zum legendären Wellblechpalast zu den Heimspielen der Eisbären? Wie oft ging es zu Regionalliga- und Oberliga-Partien des FC Berlin bzw. BFC Dynamo? Bei Sonne, bei Kälte, bei Wind und Nieselregen. Wie oft hatte ich mich in all den Jahren bei echtem Rotzwetter gefragt, weshalb ich mir das eigentlich antue. Und das tat ich auch bei manch einem anderen Kick an einem Ort X, wenn es schiffte, stürmte oder schneite. Warum? Weil es Liebe ist. Liebe zum Fußball!

Nachdem ich kürzlich beim Spiel BFC Dynamo vs. F.C. Hansa Rostock II mal zur Abwechslung im Gästeblock aufschlug, ging es am gestrigen Abend ganz klassisch mit „großer Kanone“ im Rücksack gen Sportforum. Das Nachholspiel gegen die BSG Chemie Leipzig unter der Woche passte für mich 1a - und mit einem Schmunzeln hatte ich meine Kinder gefragt, ob sie mitkommen wollen. Nö, zu kalt! Unvergessen, als vor rund zwei Jahren nach dem turbulenten Heimspiel gegen die Chemiker mein jüngeres Söhnchen dem verdutzten Chemie-Trainer völlig aus der Kalten ein „Verpi** dich, du fe*** Super-Schwein!“ zurief. Das verschlug mir echt die Sprache, und sein größerer Bruder meinte nur voller Verwunderung: „Mein kleiner Bruder…“

Gestern tankte ich vor dem Spiel eine kalte Flasche Piwo beim Späti und enterte - um es mal im Hopper-Slang zu sagen - den altehrwürdigen Ground. Um nebenbei ein paar Gespräche führen zu können, stellte ich mich mal mit meiner „großen Kanone“ ans obere Geländer der Haupttribüne. Selbstverständlich ging der Blick minütlich gen Gästeblock, um zu schauen, wann meine „Leutzscher Lieblingsfreunde“ endlich eintreffen würden. Auf Gongschlag marschierten schließlich rund 250 bis 300 Chemie-Fans zum Anpfiff die arg finstere Gästekurve, brachten die Banner an, ließen die eine mitgebrachte Fahne wehen und stimmten ihren melodischen Gesang an.

Auf Heimseite wurde indes auf der Gegengerade einem jüngst verstorbenen Mitglieder der Kameradschaft Weinrotes Ostberlin (KWO) gedacht. Eine schwarze Blockfahne wurde hochgezogen, auf dem Vorsängerpodest wurde eine rote Fackel gezündet. Erstaunlich, was ein einziger Bengalo bei einem Abendspiel optisch bewirken kann. Auf Gästeseite verzichtete man auf den Einsatz von Pyrotechnik und auf andere optische Elemente. Eine Choreo ohne Feuerwerk wäre in der dunklen Kurve eh kaum erkennbar gewesen.

Was allerdings präsentiert wurde, waren zwei Spruchbänder. Wobei Spruchband Nummer eins auf Heimseite sehr viel Zuspruch bekam. „DER BFC UND SEIN SPORTFORUM: NUR GEMEINSAM EINIGERMAßEN ERTRÄGLICH!“ Wenig später wurde das Ganze auf Heimseite mit folgender Botschaft ergänzt: „INS MOMMSEN FLIEßT DAS SCHNELLE GELD, DEN OSTEN WIEDER MAL GEPRELLT“.

Kurzum: Mommsenstadion hin, Mommsenstadion her. Wichtig ist einfach, dass der Standort Sportforum Hohenschönhausen endlich drittligatauglich gemacht wird! Der BFC Dynamo ist sportlich auf Kurs, aber noch ist völlig unklar, wo im Falle des Aufstiegs überhaupt gespielt wird. Ein Jahr als Übergang im dann hergerichteten Mommsenstadion? Denkbar. Aber ein erneuter Umzug irgendwo hin mit offenem Ende? Eine Farce sondergleichen. Im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten ist es schon echt bitter, wie zahlreiche Sportstätten vernachlässigt wurden und werden. Wie ist nun eigentlich der Stand der Dinge in Sachen Jahn-Sportpark? Sieht da überhaupt noch einer durch?

Jut, kieken wir mal. Der BFC Dynamo muss so oder so seine sportlichen Aufgaben erledigen - und zu diesen gehörte das gestrige Nachholspiel gegen die Chemiker. Der Spitzenreiter Greifswalder FC schwächelte zuletzt und musste sich gegen die VSG Altglienicke sogar zum ersten Mal in der laufenden Saison geschlagen geben. Die Verfolger BFC Dynamo, FC Energie Cottbus und FC Viktoria 1889 Berlin mussten allesamt gestern ran und durften ihre Chancen nach Möglichkeit nutzen. Die Lausitzer wussten tatsächlich die Gunst der Stunde zu nutzen und drehten gegen Viktoria in einem irren Spiel das Ganze und erzielten vor rund 6.000 Zuschauern in der 90.+7. Minute den 4:3-Siegtreffer.

Und der BFC? Vor 3.046 Zuschauern gab es in der ersten Halbzeit bei empfindlicher Kälte eher magere Kost zu sehen. Allerdings wurde - nachdem in der Pause der Teddy eine Platzbegehung beging - im zweiten Spielabschnitt ein gehöriges Schippchen draufgelegt. Nach flottem Spiel über die linke Seite konnte Patrick Sussek nur vier Minuten nach der Pause den Ball zum 1:0 im chemischen Gehäuse unterbringen, und in der Folge ging es auf dem Rasen recht ordentlich zur Sache.

Nicht jeder Heimzuschauer war mit dem Schiedsrichter Patrick Kluge zufrieden, doch war dies am Ende Schnuppe, wie man so schön im Osten sagt. Nach einer Ecke köpfte Steffen Eder in der 68. Minute wunderbar zum 2:0 ein. Auch wenn sich die Leutzscher noch einmal aufbäumten - der Drops war gelutscht. Am Ende verdient konnte der BFC Dynamo zum fünften Mal in Folge ohne Gegentor ein Spiel über die Runden bringen!

Mit gefrorenen Füßen ging es nach Abpfiff zur Straßenbahnhaltestelle. Mit einem Sieg gegen Eilenburg könnte am kommenden Wochenende sogar die Tabellenführung geholt werden - vorausgesetzt, die Greifswalder patzen entsprechend beim SV Babelsberg 03. Dazu haben die Weinroten ja noch zwei Spiele offen. Also, lieber Senat! Der BFC ist auf Kurs! Kommt endlich mal voran in Sachen Ausbau des Sportforums! Versprochen ist versprochen!

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: BFC Dynamo

> zur turus-Fotostrecke: BSG Chemie Leipzig

Infos zu den bislang zehn erschienenen Büchern des Autors gibt es auf www.marco-bertram.de

Stadionname:
  • Stadion im Sportforum Hohenschönhausen
Artikel wurde veröffentlicht am
08 Februar 2024
Spielergebnis:
2:0
Zuschauerzahl:
3.046
Gästefans
250

Ligen

Inhalt über Liga
Regionalliga

Benutzer-Kommentare

2 Kommentare
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Kommentare
woher?
Mal unanbhängig von dem üblichen faschistoiden Geschwafel meines Vorredners ...
Woher kommt eigentlich dieses Selbstverständnis, dass der Senat für die Ertüchtigung des Sportforums aufkommen soll?
Nach über 30 Jahren reicht es mal mit eurer immerwährebden heulerei von wegen osten prellen....
kriegt euren arsch hoch und macht was ausser dauernd nur zu heulen
unerträglich!!
AF
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Wäh
Warum sollte man dieser faschistoiden Bande das Stadion sanieren? Vierte Liga, bleibt doch sowieso dabei. Gut so.
H
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