Auf die alten Zeiten! Wenn Wege sich am Frintroper Wasserturm kreuzen

Auf die alten Zeiten! Wenn Wege sich am Frintroper Wasserturm kreuzen

Man schrieb den 8. Dezember 2018, als es „Wild West“ auf dem sandigen Parkplatz vor dem Duisburger Stadion gab. Das Drittligaduell KFC Uerdingen 05 vs. F.C. Hansa Rostock wurde in Duisburg ausgetragen, und einige Rostocker Anhänger fuhren vor dem Spiel mit zwei polnischen Reisebussen im Heimbereich fuhr und ließen den gern zitierten „Gitarrenkoffer“ (Desperado) öffnen. Showdown auf dem sandigen „Acker“ - die Rostocker liefen den soeben aus Krefeld ankommenden Ultras entgegen. Es kam zu einem kurzen Schlagabtausch, bis nach geraumer Zeit die Polizei zu Pferd über das Terrain stobte und sich die Lage wieder beruhigte. 

In jener Spielzeit, als der KFC Uerdingen 05 noch in der 3. Liga den Ball rollen ließ, war der DJK Adler Union Essen-Frintrop, der am 1. Juli 2014 im Zuge der Fusion der beiden Vereine Adler Frintrop und SV Union Essen-Frintrop ins Leben gerufen wurde, noch in der Gruppe 6 der Bezirksliga Niederrhein zu finden. Der DJK Adler Union Essen-Frintrop schloss die Saison 2018/19 mit Rang vier ab, der KFC Uerdingen 05 wurde am Ende Elfter - wer hätte damals gedacht, dass sich beide Vereine nur fünf Jahre später im Ligabetrieb begegnen würden? Während es Uerdingen neben Hansa Rostock unter anderen mit Preußen Münster, dem FC Carl Zeiss Jena und dem TSV 1860 München zu tun hatte, spielten die Essener am 44 Meter hohen Frintroper Wasserturm, der genau genommen in Essen-Bedingrade steht, unter anderen gegen die SG Kupferdreh-Byfang, den SV Union Velbert und die SpVgg Steele 03/​09. 

Aber wie das Fußball-Leben manchmal so spielt, begegnen sich plötzlich der einstige Drittligist und der einstige Siebtligist in einer Spielklasse. Der KFC Uerdingen musste nach der Saison 2020/21 runter in die Regionalliga West, als Tabellenvorletzter folgte dann der Sturz in die Oberliga Niederrhein. Auf der anderen Seite packte der DJK Adler Union Essen-Frintrop am Ende der Saison 2021/22 als ungeschlagener Tabellenführer den Sprung in die Landesliga. Dem nicht genug folgte im vergangenen Frühjahr der souveräne Aufstieg in die Oberliga Niederrhein. Das letzte Heimspiel der vergangenen Saison verfolgten rund 800 Zuschauer auf dem Sportplatz am Wasserturm. 8:0 gegen den VfB Frohnhausen - die Party konnte beginnen.

In die laufende Saison startete der DJK Adler Union Essen-Frintrop mit einem 3:2-Sieg gegen den VfB 03 Hilden vor der passablen Kulisse von 676 Zuschauern. Vor dem Heimspiel gegen Uerdingen war man mit vier Siegen, zwei Remis und fünf Niederlagen auf Rang elf zu finden - Adler Union Frintrop war in der Oberliga angekommen. Gut angekommen war auch ich am vergangenen Freitag - und zwar am Essener Hauptbahnhof. Auf die alten Zeiten! Da ich im zurückliegenden August genullt hatte, bekam ich ein verlängertes Wochenende mit allem Drum und Dran im Ruhrpott geschenkt. Nach einem heiteren Abend in einem Kneipchen und der knackigen Fußballsause zum Duell MSV Duisburg vs. Rot-Weiss Essen, das mit der Schlussphase ein echtes Sahnehäubchen zu bieten hatte, folgte am Sonntag das Oberligaduell zwischen Adler Union Frintrop und den Jungs aus Uerdingen.

Seit den Laufereien gegen Hansa Rostock in Duisburg hatte ich - so nehme ich mal stark an - den KFC Uerdingen 05 nicht mehr gesehen. Und was soll man sagen? Auch am vergangenen Sonntag am Wasserturm kam die Polizei ins Spiel, wenngleich nicht in dem Maße wie vor fünf Jahren auf dem „Parkplatz-Acker“ an der Wedau. Und ja, manchmal hat man so ein Bauchgefühl - sprich irgendwie etwas im Urin. Uerdingen zu Gast im Essener Stadtgebiet? Da könnte es doch möglich sein, dass ein paar Sportliche von RWE vorbeischauen. Oder etwa nicht? 

Also dann! Hinein in die gute Stube und erst einmal ein Bierchen für vier Euronen und eine wahrlich leckere Bratwurst geholt. Gespielt wurde auf dem unteren Kunstrasenplatz, und der Gästebereich wurde mit Bauzäunen und Flatterbändchen abgesperrt. Totale Entspannung auf allen Seiten - man freute sich einfach auf das Spiel und auch über die Tatsache, dass Petrus die Schleusen geschlossen hielt. Die schnell vorüber ziehenden Wolken und die ab und an durchschauende Sonne sorgten in Kombination mit dem markanten Wasserturm für schöne Fotomotive, und der Stadion-, äh Platzsprecher gab vor Anpfiff auch sein Bestes. „Lauter! Lasst doch mal die Sau raus!“, rief er in sein Mikrofon. Na dann man tau!

Insgesamt 870 Zuschauer hatten sich eingefunden, unter ihnen schätzungsweise 200 Gästefans. Wahrlich Pech hatten die Gastgeber gleich zu Beginn der Partie. Nach sechs Minuten klärte Heimspieler Yannick Reiners mit der Hand bzw. dem Arm auf der Linie - in der Folge gab es die rote Karte und einen Strafstoß. Diese Art der Doppelbestrafung kann ich generell nicht verstehen. Sei es drum, Dimitrios Touratzidis verwandelte sicher vom Elfmeterpunkt und die Uerdingen Ultras schwenkten kurzzeitig ihre mitgebrachten Fahnen. Uerdingen blieb am Drücker und hätte nachlegen können, in zwei Situationen hätte es einen weiteren Elfer geben können. Die Gastgeber zeigten in jedem Fall Einsatz und konnten bis zur Pause weitere Gegentore verhindern.

Wie bereits im ersten Spielabschnitt waren in der zweiten Halbzeit sieben Minuten gespielt, als der KFC Uerdingen 05 wieder zuschlug. Gianluca Rizzo war mit dem Kopf zur Stelle - 2:0 für die Gäste. Der erste Auswärtssieg in der laufenden Saison war zum Greifen nahe. Noch ein Bierchen, noch ein Pläuschchen am Rande - das Ambiente auf dem Sportplatz am Wasserturm gefiel mir außerordentlich. Zu hochkarätigen Möglichkeiten kamen die Essener nicht, doch unter dem Strich stimmte zumindest der Einsatz. Mehr war an diesem Tag einfach nicht möglich - und schon mal gar nicht in Unterzahl.

Nach dem Spiel wurde schnell erkennbar, dass tatsächlich ein paar Gesellen von Rot-Weiss Essen vor Ort waren und schauten, was so geht. Beim Abmarsch der Ultras Uerdingen gab es ein erstes kurzes Wortgefecht an einer Absperrung, und zwei, drei Gästefans zogen schon mal die Tücher hoch. Vorn an der Frintroper Straße wurde es kurzzeitig hektisch, da sich auch dort ein paar Essener zeigten. Während ein Teil der Uerdinger Reisegesellschaft in ihren organisierten Reisebus stieg, liefen die etwas sportlicheren Jungs noch eine kleine Runde durch das Wohngebiet, was wiederum zahlreiche Polizeifahrzeuge mit Blaulicht auf den Plan rief. Endlich mal was los am Wasserturm! Vor dem Kneipchen staunten die Leute, ein Frintroper Spieler schlurfte mit Schlappen und Bierchen in der Hand den Bürgersteig entlang.

Nach links, nach rechts - die Polizeifahrzeuge durchstreiften das Wohngebiet. Am Ende blieb es bei Wortgefechten, ein paar Laufereien und viel Blaulicht. Meinem größeren Sohnemann, der damals im Alter von acht mit dabei war in Duisburg, hätte das Ganze sicherlich wieder gut gefallen. Schlussendlich muss man sagen, dass sich die Sause in den Ruhrpott mal wieder gelohnt hat. Vielen lieben Dank an dieser Stelle für die Gastfreundschaft und die tollen Erlebnisse! Sport frei!

Fotos: K. Hoeft, Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Adler Union Frintrop

> zur turus-Fotostrecke: KFC Uerdingen 05

Artikel wurde veröffentlicht am
31 Oktober 2023
Spielergebnis:
0:2
Zuschauerzahl:
870
Gästefans
200

Ligen

Inhalt über Liga
Oberliga

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