1. FC Lok Leipzig vs. Rot-Weiß Erfurt: "Bis zum Wadenkrampf!"

1. FC Lok Leipzig vs. Rot-Weiß Erfurt: "Bis zum Wadenkrampf!"

Wenn der 1. FC Lok Leipzig und der FC Rot-Weiß Erfurt aufeinandertreffen, dann ist für gute Stimmung gesorgt. So auch wieder am Sonntagnachmittag in Leipzig-Probstheida. Etwas mehr als 4.800 Zuschauer, darunter knapp 1.000 Thüringer Anhänger, fanden den Weg ins Stadion und gaben einem relativ trostlosen Spiel einen angenehmen Rahmen. Tore gab's wie bereits in den vergangenen Aufeinandertreffen nicht im Überfluss, dafür aber mehrere optische Aktionen auf den Zuschauerrängen.

Den Saisonstart haben sich beide Vereine irgendwie anders vorgestellt. Während Lok mehr oder weniger gerade im unteren Tabellendrittel herumstolpert und die Diskussionen um Trainer Almedin Civa immer lauter, aggressiver und radikaler werden, ist auch Erfurt mittlerweile im tristen Viertliga-Alltag angekommen. Nach einem souveränen und teils spektakulären Aufstieg vor zwei Jahren und einer weiteren sehr starken letzten Spielzeit erfährt nun auch "Thüringens Nummer Eins" wie schwer eine zweite Saison nach dem Aufstieg verlaufen kann. 

Wichtige Stützen verließen den Verein im Sommer in Richtung zweite oder dritte Liga, andere bitter benötigte Spieler fallen bereits seit Wochen verletzungsbedingt aus und fehlen gegen die Loksche gesperrt. Namenhafte Neuzugänge wie Pronichev, Badu oder Seaton haben auch noch nicht so eingeschlagen, wie sich das der eine oder andere Fan gewünscht hätte. Und so wartet man in Thüringen nun bereits seit dem 27. August 2023 mal wieder auf einen Dreier in der Regionalliga. 

Bei der Loksche hielt die Durststrecke gar eine Woche länger an. Aus diesem Grund hatte sich die Leipziger Fanszene auch noch ein paar optische und motivierende Aktionen einfallen lassen, um vielleicht nochmal die letzten Prozente aus ihrer Mannschaft herauskitzeln zu können. Am Spielertunnel wurden Banner mit den Aufschriften "Bis zum Wadenkrampf" und "Zieht mit uns in den Kampf" angebracht. Ein Spruch der sich eigentlich auch auf die Spieler beider Vereine beziehen könnte. Auf dem Dammsitz wurde pünktlich zum Einlauf der Mannschaften eine brandneue Blockfahne präsentiert, die auf die "Kappe" der "Ultras Ü50" geht. Nach all den Kritiken die diese Gruppe auch schon einstecken musste, darf hier auch mal ein Lob ausgesprochen werden. Billig war's nicht und gut sah es nebenbei auch noch aus. 

Im Gästeblock wurde keinen großen Wert auf motivierende Kalendersprüche gelegt. Die 1998 gegründete "EF-Süd" feierte ihr 25-jähriges Bestehen und zelebrierte dies mit einer schön anzuschauenden Choreographie. Nachdem man sich in den vergangenen Jahren und Monaten etwas zurücknahm, was den Einsatz von Pyrotechnik angeht, um dem Verein nicht noch mehr finanzielle Engpässe aufzubürden, fackelte man am Sonntag gut einen weg. Inmitten von aufgemalten Häuserwänden aus Stahlbeton, einem rot und weißen Fahnenmeer und und einem passenden Logo zur Feierlichkeit entfachten die roten Bengalos ein wunderschönes Bild. Für die Nostalgiker unter euch sei noch der Hinweis gestattet, dass der RWE zur Gründung der "EF-Süd" auch in der Regionalliga Nordost aktiv war und gegen den damaligen VfB Leipzig beide Duelle verlor.

Leider wurde die Choreo von einigen unschönen Szenen vor Beginn der Partie überschattet. Laut Angaben anderer lokaler Medienportale entwendeten die Gästefans knapp 200 Tickets aus der Leipziger Tageskasse und verschafften sich somit offensichtlich einen kostenlos Eintritt zum Stadion. Da sind die Kosten für die kommenden Pyro-Strafen vermutlich wieder gedeckt. Vielleicht war's aber auch nur eine Reaktion auf das Zerstören der Erfurter Sanitäranlagen im März 2023. "Fans" des 1. FC Lok richteten damals einen mächtigen Schäden beim einstigen Freund an. Vielen wird es schon aufgefallen sein, dass die Freundschaft zwischen Lok und Erfurt nicht mehr so ausgeprägt ist, wie sie vor vielen Jahren noch erschien. Man verzichtet absichtlich auf Gesänge wie "Leipzig, Erfurt, Fußballkrawalle" und sieht auch so nur noch ganz selten die alten Freundschaften aufleben. 

Erfurter Zaunfahnen im Leipziger Heimbereich bleiben aktuell eine Seltenheit (zuletzt beim Pokalspiel gegen die Eintracht). Trotz dessen gibt es keinerlei böses Blut zwischen beiden Vereinen, was der Staatsmacht manchmal aber etwas unklar erscheint. Der Umgang mit den Leipziger Gästefans beim letzten Duell in Erfurt war gelinde gesagt "bodenlos" und unverschämt. Ähnliche Situationen waren gestern nicht zu vernehmen. Die Polizei hielt sich flächendeckend bedeckt und sorgte deeskalierend für eine entspannte Atmosphäre.

Und dann wurde ja auch noch Fußball gespielt. Oder gekämpft. Zumindest wurde es versucht. Man sah beiden Mannschaften eine enorme Unsicherheit an. Eine freche Entscheidung des ziemlich einseitig pfeifenden Schiris hätte eigentlich auch schon für die Entscheidung sorgen können. Niclas Müller konnte den Elfmeter in der ersten Halbzeit allerdings spektakulär parieren. Und danach? Pure Langeweile. Leider keine Werbung für die Regionalliga Nordost, man hat aber ehrlicherweise gesagt auch niemand erwarten können. 

Und so war es erneut Luca Sirch, der die Kohlen aus dem Feuer holte und die Loksche mit einer Willensleistung zur glücklichen Führung schoss. Party in blau-gelb. Der Großteil der Lokfans skandierte lautstark "L O K", während man berüchtigten Tor 1 wieder lautstarke "Civa Raus!" Rufe akzeptieren musste. Einen Kommentar hierzu erspare ich mir lieber. Auch danach passierte nicht mehr viel. Lok wollte und konnte nicht, Erfurt wollte es vermutlich, aber hatte keine einzige richtige Torchance mehr.

Ein wichtiger Dreier für die Leipziger, die nun erstmal ein spielfreies Wochenende vor sich haben. Die Kritik am Trainer wird nach diesem Auftritt allerdings nicht leiser. Auf eine Trainerdiskussion wird man sich wohl langsam auch in Erfurt einstellen müssen.

Bericht & Fotos: "schwarze_natascha" (externer Link zu Instagram)

Stadionname:
  • Bruno-Plache-Stadion
Artikel wurde veröffentlicht am
31 Oktober 2023
Spielergebnis:
1:0
Zuschauerzahl:
4.849
Gästefans
1000

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