1. FC Lok Leipzig vs. Eintracht Frankfurt: Spielunterbrechung Dank hirnloser Aktion

1. FC Lok Leipzig vs. Eintracht Frankfurt: Spielunterbrechung Dank hirnloser Aktion

Sonntag, circa 11 Uhr. Die Atmosphäre in der Messestadt wird langsam etwas unruhiger. Die Helikopter fliegen ihre Runden über die Stadt. Mehrere Hundertschaften der Polizei bewachen die Hotspots. Ab und zu fährt mal ein Wasserwerfer vorbei. Schlachtenbummler in blau und gelb besetzen die Straßenbahnen sowie einzelne Lokale im Umfeld des Stadions. Am Hauptbahnhof warten bereits die Shuttlebusse, einige Frankfurter Anhänger nutzen den angebotenen Service. In den Tagen bzw. in der Nacht vor der Partie blieb es offenbar ruhig. Keinerlei Presseartikel oder Videos in den sozialen Medien wie man es sonst vielleicht kennt. Ob es wirklich so ruhig blieb? Man munkelt.

Die Vorzeichen für das wohl gehypeteste Spiel der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde dürften kaum besser sein. Gastgeber Lok Leipzig bekommt das eigene Bruno-Plache-Stadion zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen ausverkauft. Dank einer mobilen Tribüne zwischen Dammsitz und Familienblock passen nun sogar 11.100 Menschen in das weite Rund. Der Gästeblock ist mit 1.200 Zuschauern natürlich auch schnell ausverkauft gewesen. Besonders interessiert der Fakt, dass sich im Gästeblock mutmaßlich auch einige Chemiker wiederfinden. Diese Fanfreundschaft dürfte deutschlandweit wohl jedem bekannt sein. Auch im Heimbereich tummelt sich die ein oder andere befreundete Fanszene, die zumindest nicht durchgehend nur am sportlichen Ergebnis interessiert sein dürfte.

Wir wollen allerdings trotzdem einen kleinen Blick auf das Sportliche werfen, denn das letzte Aufeinandertreffen beider Vereine liegt nun mehr schon 25 Jahre zurück. Die Eintracht aus Frankfurt und die seinerseits noch unter VfB Leipzig spielenden Messestädter trennten sich mit einem 1:1-Unentschieden, vor rund 9.800 Zuschauern. Zu Zweitligazeiten somit sogar weniger Zuschauer als heute im Pokal. 

Seitdem hätten die Unterschiede beider Vereine kaum größer sein können. Während die Loksche zwischendurch sogar in der Kreisklasse den Spielbetrieb neu aufnehmen musste und sich jahrelang vom Amateurfußball in die Regionalliga hocharbeitete, kickte die Eintracht überwiegend in der ersten Bundesliga und gewann in den vergangenen Jahren den DFB-Pokal, stand nebenbei noch in weiteren Finalspielen und gewann gar die Europa League. Einen viel größeren und attraktiveren Gegner hätte man also fast gar nicht erwischen können.

Am Vormittag folgten die ersten Informationen in den regionalen Gazetten. Auch WhatsApp lief heiß. Frankfurt traf sich offenbar mit knapp 100-150 Leuten am Völkerschlachtdenkmal. Fotos folgten prompt. An einer naheliegenden Lokalität wollten sich auch mehrere heimisch Lokfans niederlassen, wurde ihnen auf eigenes Risiko auch gestattet. Plötzlich fanden sich knapp 70-80 durchaus gewaltbereite Fans beider Vereine im Umkreis weniger Meter wieder. Die "Brigade Nassau" links und die "Ultras Ü50" rechts. Überwacht wurde das Ganze von knapp fünfzig Beamten. Bis zum Abmarsch der Frankfurter blieb es allerdings ruhig.

Nur knapp eine halbe Stunde später eine weitere Gruppe Frankfurter am Südfriedhof. Recht entspannt bevölkerten sie die eintreffende Bahn Richtung Innenstadt. Nur knapp 50 Meter weiter die ersten Rennerein. Der Großteil der sportlichen Lok-Fraktion wurde darauf aufmerksam, geriet schlussendlich aber nur mit der Polizei aneinander.

Bis zum Anpfiff sollte es aber auch um das Stadion herum relativ ruhig werden. Frankfurt wurde über den Süden Leipzigs zum Gästeblock begleitet, die "Fanszene Lok" verkaufte noch die letzten Exemplare der Mottoshirts. "Der Mythos Lebt" - Ein Spruch der auch auf der darauffolgenden Choreographie seinen Platz fand. Und tatsächlich schaffte es die Leipziger Fanszene fast das komplette Stadion im knalligen Gelbton einzuhüllen. Egal ob Kind, Rentner, Rollstuhlfahrer, Hool oder Ultra - fast alle fanden noch irgendein gelbes Shirt im Schrank. Diesen Zusammenhalt sieht man in Probstheida auch nicht jeden Tag.

Und dann ging es auch schon los. In der Leipziger Fankurve lebte wie bereits erwähnt der Mythos. Untermalt wurde das Ganze mit gelben Zetteln und gelbem Rauch. Ab und an pfiff auch eine Rauchrakete gen Himmel. Beim Blick in den Gästeblock blieben die Hopper allerdings auf ihren Hoffnungen und Träumen sitzen, denn bis auf ein Spruchband für Dragan aus Kroatien kam optisch nichts überraschendes in die gezückten Handykameras. Alles in allem wirkte der Gästeanhang ziemlich vernünftig und tiefenentspannt. Der Eindruck vom Völkerschlachtdenkmal bestätigte sich also auch im Bruno-Plache-Stadion.

Die Stimmung im weiten Rund war für die Partie dennoch angemessen. In der Leipziger Fankurve machten sich allerdings die infrastrukturellen Probleme wie immer bemerkbar. Der Stimmungskern in der offiziellen und recht kleinen "Fankurve" versuchte alles mögliche um das Umfeld zu mobilisieren. Leider beteiligten sich die anliegenden Blöcke nur selten lautstark. Es handelt sich hierbei auch um die beiden Sektoren, die am Längsten im Ticketshop verfügbar waren. Es ist also davon auszugehen, dass sich dort auch die meisten Eventies und Hopper aufgehalten haben.

Besser lief es für die Loksche auf dem Rasen. Zumindest bis zur Halbzeit. Die Mannschaft war perfekt auf die uneingespielten Frankfurter eingestellt und machte defensiv die Räume eng und versuchte sich trotz des permanenten Offensivpressings der Eintracht spielerisch herauszukombinieren. Und die besten zwei Chancen der ersten Halbzeit hatte dann auch tatsächlich der Gastgeber. Die Größte hatte Djamal Ziane - In seinem 250. Spiel für Lok Leipzig scheiterte er freistehend am stark reagierenden Kevin Trapp. Es kommt wie es kommen musste - Kolo Muani setzt erstmals gefährlich zum Sprint an, bugsiert den Ball irgendwie in den Fünfmeterraum und Isa Dogan boxt sich die Pille ins eigene Netz. Erster "Torschuss" - Erster Treffer. Bitter.

Mario Götze war es, der in der zweiten Halbzeit völlig freistehend das 0:2 nachlegte. Und als der eingewechselte Omar Marmoush das dritte Tor erzielte, schlug die Stunde der "Sektion hirnlos" auf dem Dammsitz. Mehrere Leuchtspuren wurden in Richtung des Gästeblockes abgefeuert, keine davon traf auch nur annähernd den Sektor, dafür wurden zum Leid aller Rollstuhlfahrer, Securitys, Presseleuten und normal denkenden Leuten noch ein paar Böller in den Innenraum platziert. 

Knallkörper auf die eigenen Leute zu werfen - die deutsche Sprache verfügt gar nicht über ausreichende Worte, um zu erklären wie dämlich diese Aktion war. Präsident Kracht versuchte die Lage zu beruhigen, hatte aber natürlich keinerlei Chance irgendetwas zu bewirken. Der Schiedsrichter schickte beide Teams in die Kabinen - nach knapp fünfzehn Minuten sollte es dann schließlich weitergehen. 

Direkt mit Wiederanpfiff versuchte dann auch die Gegengerade auf sich aufmerksam zu machen. Man vermummte sich, um ein ziemlich klein aussehendes Eintracht-Trikot zu verbrennen und warf dann die dazugehörigen pyrotechnischen Gegenstände in Richtung der antrabenden Polizei. Auch hier machte man im Gästeblock wenig Anstalten jetzt völlig auszurasten. Ausschließlich der Absperrzaun wurde ziemlich in Mitleidenschaft gezogen.

Die junge und völlig erschöpfte Lok-Mannschaft kam mit der unerwarteten Spielunterbrechung gar nicht klar und kassierte in der Schlussphase noch vier weitere Gegentore. Abstauber. Mit insgesamt sieben Toren bei neun Torschüssen eine sehr beachtliche Quote für die Frankfurter Offensive. Auch nach der Partie gab es noch ein paar Tumulte auf der Prager Straße. Die Polizei hatte die Situation aber halbwegs unter Kontrolle.

Bericht & Fotos: "schwarze_natascha" (externer Link zu Instagram)

> zur turus-Fotostrecke: 1. FC Lok Leipzig

> zur turus-Fotostrecke: Eintracht Frankfurt

Stadionname:
  • Bruno-Plache-Stadion
Artikel wurde veröffentlicht am
14 August 2023
Spielergebnis:
0:7
Zuschauerzahl:
11.100
Gästefans
1200

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DFB-Pokal

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Wirklich schade für die Mannschaft. Die erste Halbzeit war wirklich stark!
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Gut geschrieben!
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