Gipfeltreffen im Lausitzer Revier und eine verschobene Party

Gipfeltreffen im Lausitzer Revier und eine verschobene Party

Ging es zuletzt in die Tiefen des Brandenburger Fußballs, stand der nächste Besuch doch irgendwie im totalen Kontrast zu diesem. So sollte es am vergangenen Wochenende von meinem derzeitigen Grünauer Domizil mit S-Bahn und Regio die knapp hundertzwanzig Kilometer in diee Lausitz nach Cottbus gehen, wo im fast ausverkauften Stadion Freundschaft das Ligaspiel der Regionalliga Nordost zwischen dem FC Energie Cottbus und dem FC Rot-Weiß Erfurt auf dem Programm stand.

Insofern hieß es den Wecker zu stellen und schon fünf Stunden vor dem Kick zuerst mit einem unterwegs besorgtem Frühstück in die S-Bahn ins nahe gelegene Brandenburgische Königs-Wusterhausen zu fahren, von wo es mit dem Regio bequem in die Lausitz gehen sollte. Und irgendwie war dies auch für mich eine Reise in die eiserne Vergangenheit, lag man mein letztes Spiel mit einer Ligapartie der Eisernen hier fast auf die Woche genau elf Jahre zurück.

So also in Erinnerung schwelgend kam man völlig entspannt und bei bestem Wetter gut drei Stunden vor der Partie am Cottbusser Hauptbahnhof an und hatte so noch genügend Zeit durch diverse Absperrungen über Umwege durch Wohngebiete und wunderschöne Parkanlagen in Richtung Stadion zu laufen, wo man nach gut einer Stunde am Stadion ankam. Dort traf man dann auch Kumpel Ben, der mit Begleitung ebenfalls das mit Spannung erwartete Spiel besuchte.

Als dann ging es auch schon zum Platz, wo sich das das Stadion trotz der verhältnismäßig frühen Zeit schon mehr als zügig füllte und sich die schon zahlreich vertretene Nordwand der Heimfans mit lautstarken Gesängen auf das, was da kommen würde, mehr als eindrucksvoll einstimmte. Und ja, richtig los ging es dann natürlich, als dann auch der zahlreich vertretene Gästemob angekommen war und ebenfalls der Heimkurve mehr als würdig und laut entgegentrat. Jeder wusste also, was hier auf dem Spiel stand und das Geschehen auf dem Rasen konnte beginnen.

Dort ging es bei diesem Duell zwischen dem Spitzenreiter gegen den Tabellenzweiten um nichts Geringeres als um die große Chance des Aufstiegs in die dritte Liga, wobei der Gegner in der Relegation mit der SpVgg Unterhaching ja schon feststeht. Und eines war dabei auch klar, dass es für die Heimelf vom FC Energie Cottbus die Riesenchance war, den ersten Platz mit einem Sieg hier und heute dingfest zu machen. Man lag drei Spieltage vor dem Saisonende mit 65 Punkten aus 31 Spielen und vier Punkten Vorsprung vor dem heutigen Gegner an der Tabellenspitze und war mit einem Dreier heute nicht mehr einzuholen. 

Man blieb zudem die letzten sechs Ligaspiele ohne Niederlage, wobei man sich einzig im letzten Heimspiel gegen den BFC Dynamo mit einem Unentschieden begnügen musste. Insofern würde man auch morgen hier wieder voll motiviert in die Partie gehen, zumal man zuletzt auch durch einen 4:0-Erfolg zuhause gegen Krieschow das Brandenburg-Finale erreichte und das Double holen kann. Somit hieß es also: Gegen Erfurt gewinnen - und das erste Etappenziel war erreicht. 

Das hieß aber auch im Gegenzug für die heutigen Gäste vom Zweitplatzierten FC Rot-Weiß Erfurt, dass gewonnen werden musste, um den Aufstiegskampf noch einmal spannend zu machen. Im Fall einer Niederlage bliebe es indes beim Klassenerhalt. Und selbst das ist schon aus Sicht der Thüringer ein starkes Stück, schaffte man doch erst wieder in der letzten Spielzeit den Aufstieg in die vierte Liga und spielt somit als Aufsteiger eine mehr als starke Rolle. So lieferte man sich wochenlang ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen an der Tabellenspitze, bevor man zuletzt in den letzten beiden Auswärtsspielen massiv Federn ließ und in der Ferne sowohl beim BFC Dynamo als auch in Babelsberg mit einer Niederlage die Heimreise antreten musste. 

Nichtsdestotrotz stand eine absolut solide Bilanz von drei Siegen und neun Punkten aus den letzten fünf Spielen zu Buche, sodass man auch hier nicht ohne Chance war und unterstützt von rund 2.000 mitreisenden Gästefans weiterhin den Traum vom Aufstieg als Krönung dieser Saison lebte.

Zum Spiel: Blieb eigentlich somit nur die Frage, wie denn die Gäste hier mit dem Druck des Gewinnen müssen hier klar kamen, und die Antwort darauf lautete verhältnismäßig gut. So kamen zwar die Gastgeber besser ins Spiel, bestimmten im Großen und Ganzen das Spiel und kreierten richtig gute Chancen, doch blieb man dabei dann am gegnerischen Strafraum dann doch zu harmlos und zu einfallslos, um daraus Kapital zu schlagen. Die gängige Methode Flanke oder Pass von der Seite in die Box war halt doch irgendwie durchschaubar, so dass es erstmal nicht zum gewünschten Erfolg führte und die Abwehr der Gäste zudem gut gestaffelt ihren Kasten sauber hielt.

Dennoch war es keinesfalls langweilig, denn dafür war doch hier sehr viel Feuer drin und die Partie voller Emotionen. Kämpfe um jeden Ball und harte, aber niemals wirklich unfaire Zweikämpfe bzw. einige hitzige Diskussionen mit dem Schiedsrichter standen an der Tagesordnung. Den vorläufigen Höhepunkt dabei stellte eine scharfe Flanke in den Strafraum der Heimelf nach gerade mal sieben Minuten dar, in dessen Folge die Erfurter Gäste vehement auf Handspiel und Elfmeter reklamierten, dieser jedoch verwehrt wurde. 

Aber zurück zu den leichtfertig vergebenen Chancen der Heimelf, welches sich rächen sollte, da es die Erfurter waren, die hier ihre erste echte Chance eiskalt ausnutzen, sich nach 32 Minuten gefährlich an den Strafraum kombinierten und von der Strafraumgrenze per platzierten Schuss ins kurze Eck den zu dem Zeitpunkt überraschenden 1:0-Auswärtstreffer erzielten.

Nun war guter Rat teuer, denn über mangelndes Engagement seitens der Hausherren konnte man sich ja schon vorher nicht beschweren, man musste nur effektiver werden. Leider blieb dies auch in der Folge ein Riesenproblem der der Heimelf, dass man entweder an der guten Abwehr der Thüringer scheiterte oder wenn man mal frei vor das Tor kam, diese Möglichkeit dann mehr als leichtfertig vergab. Somit ging es dann auch logischerweise mit dieser Gästeführung in die Pause und nun kann man natürlich müßig streiten, ob verdient oder nicht, doch aufgrund der starken Abwehrarbeit bin ich durchaus der Meinung, dass diese durchaus seine Berechtigung hatte.

Also rein in die zweite Hälfte, in welche die Heimelf erneut mit viel Wut im Bauch hinein ging, doch an den alten oben geschilderten Problemen scheiterte, während sich die Gäste nun aufs Kontern verlegten und auch das eine oder andere Mal einen recht gefährlichen Konter fuhren. Doch rannte der Heimelf langsam aber sicher die Zeit davon, und so stellte sich leicht die Frage, ob die Erfurter hier echt zum Party-Crasher werden könnten. Nun ja, wenn man wie 13 Minuten vor dem End nach einem Pass in den Strafraum den Ball völlig freistehend im Strafraum stehend den Ball verpasst und drei Minuten später nach einer Ecke und aus dem folgenden Gewühl heraus ein Verteidiger der Lausitzer für den schon geschlagen Keeper auf der Linie klären musste, konnte einem der Gedanke schon kommen.

Es war für jeden, der es mit der Heimelf hielt, irgendwie zum Haare raufen, doch dann nach 84 Minuten zeigte sich dann doch die ganze Klasse und warum man letztlich doch ganz oben an der Spitze thront. Es war ein Ballverlust der Auswärtself in der eigenen Hälfte unweit des Strafraums, der einen schnellen Konter der Lausitzer nach sich zog, diese sich infolge dessen schnell in den Strafraum kombinierten und per Flugkopfball aus fünf Metern dann doch den aufgrund der Spielanteile verdienten 1:1-Ausgleich erzielten. Dies hatte zur Folge, dass die Cottbuser nun auch erst recht aufs Ganze ging, während man bei den Gästen doch etwas das Gefühl hatte, dass man dem bisherigen Spiel körperlich Tribut zahlen musste. 

Es wurde nun zum Spiel auf ein Tor, doch auch hier vergab man auf der Heimseite einfach zu viel, so wie zum Beispiel in der 90. Minute, als man zweimal innerhalb von einer Minute freistehend aus Nahdistanz über das Tor schoss. Somit musste man noch einmal zittern, als in der Nachspielzeit der Cottbuser Keeper nach einer Erfurter Konterchance  noch einmal in höchster Not zugreifen musste, doch dann war Schluss.

So endete also dieses Gipfeltreffen mit einer doch verdienten 1:1-Punkteteilung, wobei mit dem Abpfiff beiden Teams irgendwie anzusehen war, dass man diesen wohl erstmal selbst einsortieren muss. Fakt ist aber, dass durch dieses Ergebnis der Vorsprung der Cottbuser von vier Punkten bei noch sechs möglichen Punkten bestehend bleibt und diese somit schon am nächsten Sonntag zuhause gegen Babelsberg den Platz an der Tabellenspitze bestätigen können, während die tapfer kämpfenden Thüringer Gäste wohl nur noch theoretische Chancen auf den Aufstieg haben. Aber trotz allem sollte man nicht allzu traurig sein, denn dafür spielt man doch als Aufsteiger eine bärenstarke Spielzeit und auch heute hat man sich absolut nichts vorzuwerfen.

Zum Fangeschehen: Das hier war doch gerade in der ersten Hälfte von beiden Seiten eine mehr als anständige Atmosphäre, die wirklich mitreißen konnte. Beide Kurven mit teils brachialem Support, wobei es zumindest in der zweiten Hälfte doch leider auf der Heimseite ein starkes Stimmungsloch gab, bei dem es teils echt ruhig werde. Diese kehrte erst mit dem Ausgleich der Heimelf zurück, dann aber dafür umso lauter, wo man sein Team noch einmal richtig nach vorne peitschte. Somit gab es hier viel Sonne, aber auch teils Schatten beim Heimsupport. 

Anders dagegen die Gäste, die von Anfang bis zum Ende ihr Team lautstark unterstützten und wirklich Eindruck machten. Einzig die hämischen Sprüche während der zirka fünfminütigen Verletzungsunterbrechung eines Heimspielers hätten wirklich nicht sein müssen. Aber auch ansonsten blieb alles ohne große Vorkommnisse bis auf einen kleinen Rauchtopf bei den Gästen und vereinzelten Wortgefechten zwischen Heim- und Gästefans nach dem Spielende, welches jedoch ohne Folgen blieb. Somit im Großen und Ganzen war alles dem Rahmen würdig und durchaus ein Highlight.

Ein paar Worte zum Stadion/Umfeld: Ja, seit meinem letzten Besuch hat sich dieses Stadion ganz schön verändert. Aus den runden Kurven wurde ein geschlossenes Stadion nach englischem Vorbild mit vier eigenständigen Tribünen, davon eine Gerade mit Oberrang, und einer Kapazität von 20.600 Zuschauern. Insofern hat dieses Stadion definitiv seinen Charme und ist einen Besuch wert. Auch waren meine bisherigen Erfahrungen mit dem Ordnungsdienst hier nicht unbedingt positiver Natur, aber wurde ich beim jetzigen Besuch echt positiv überrascht. Trotz einer eigentlich verbotenen Powerbank wurde vom Supervisor ein für alle annehmbarer Kompromiss gefunden und auch ansonsten gab es keinen Grund zum Klagen. Somit war ich absolut überrascht, und so kann es gerne immer sein. Da auch das Catering und alles Drumherum in Ordnung war, gibt es hier eine solide 2 plus.  

Mein Fazit: Ein Spitzenspiel wurde versprochen - und das hielt es auch. Eine tolle Kulisse und ansprechende Atmosphäre kombiniert mit einem spannenden Spiel mit einer mal wieder richtig guten Fußballtour, was gibt es also Schöneres. Insofern dann auf die nächsten Spiele…

Bericht: Groundhopping Berlin und Co. (externer Link)

Fotos: Groundhopping Berlin und Co., Marco Hensel

> zur turus-Fotostrecke: FC Energie Cottbus

 

Stadionname:
  • Stadion der Freundschaft
Artikel wurde veröffentlicht am
15 Mai 2023
Spielergebnis:
1:1
Zuschauerzahl:
18.674
Gästefans
2000

Ligen

Inhalt über Liga
Regionalliga

Benutzer-Kommentare

3 Kommentare
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Toller Artikel
Genau so habe ich es auch erlebt - einfach tolle Erinnerungen die wieder zum Vorschein kommen…
N
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G
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G
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