BFC Germania 1888 vs. Civil Service FC: Mehr Fußballtradition geht nicht!

BFC Germania 1888 vs. Civil Service FC: Mehr Fußballtradition geht nicht!

Eine typische Frage in der großen bunten Fußballwelt lautet: Welcher ist der älteste noch existierende Fußballverein in Deutschland? Der am 30. April 1898 in der Gaststätte des Dresdner Hotels „Stadt Coblenz“ gegründete Dresdner SC möchte gern diesen Titel für sich beanspruchen, da der früheste Vorgängerverein des DSC-Fußballs der am 18. Oktober 1873 ins Leben gerufene Dresden English Football Club ist. Weitgehend ohne Fusionen und Umbenennungen kam indes der B.F.C. Germania 1888 (in der Folge schreiben wir ihn der Einfachheit halber ohne Punkte) aus, der am 15. April 1888 vom damals 17-jährigen Paul Jestram gemeinsam mit seinen Brüdern Max, Fritz und Walter Jestram sowie ein paar Schulfreunden gegründet wurde.

Die Sportanlage in der Götzstraße in Berlin-Tempelhof, auf welcher der derzeitige Kreisligist BFC Germania 1888 seine Heimspiele austrägt, wurde nach dem Vereinsgründer Paul Jestram benannt. Damals vor über 130 Jahren trug der BFC Germania 1888 zunächst seine Spiele auf dem Tempelhofer Feld aus. Kurz nach Vereinsgründung und dem Beitritt zum Bund Deutscher Fußballspieler (BDF) gewann der BFC Germania 1888 im Jahre 1891 dessen erste Meisterschaft, die im Pokalmodus ausgetragen wurde. Exakt Auskunft gebende Unterlagen aus jener Zeit sind allerdings absolute Mangelware. 

In der Folge wurde der BFC Germania 1888 hinter dem BTuFC Viktoria 1889, der in den 1890er Jahren den Fußball dominierte, viermal Vizemeister. Bemerkenswert: Als am 25. Juli 1892 der Berliner Fußball Club Hertha 1892 (heute Hertha BSC) gegründet wurde, war der Name „Hertha“ hinter dem möglichen Namen „Germania“ nur zweite Wahl. Da es jedoch bereits den BFC Germania 1888 gab, wurde beim Stadtrivalen die „Hertha“ in den Vereinsnamen genommen.

Die erfolgreiche Zeit des BFC Germania 1888 endete jedoch bereits im Jahr 1897. Nach zweijähriger Auszeit nahm der BFC am Spielbetrieb des Verband Deutscher Ballspielvereine (VDB, später Verband Berliner Ballspielvereine) teil, nach 1918 konnte jedoch nicht mehr an den alten Ruhm angeknüpft werden. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde zunächst der Spielbetrieb als SG Neu-Tempelhof aufgenommen, erst ab 1949 durften der alte Vereinsname und die Farben Schwarz-Weiß-Rot wieder getragen werden. Ein kurzes Aufblühen gab es 1953/54, als ein Jahr in der Berliner Amateurliga (damals die zweithöchste Liga in Berlin unter der Berliner Stadtliga) gespielt wurde. 

In jüngerer Vergangenheit spielte der BFC Germania 1888 ab 2003/04 drei Jahre lang in der Berliner Verbandsliga und traf in dieser unter anderen auf den BFC Dynamo. Beim Duell BFC Germania 1888 vs. BFC Dynamo im Frühjahr 2004 waren Karsten und ich in der Götzstraße vor Ort. Damals hatte Germania 1888 sogar einen kleinen Fanclub, der an der einen Eckfahne supportete. 

Werfen wir den Blick einmal nach England. Bekanntlich ist der 1857 gegründete Sheffield FC der älteste reine Fußballverein der Welt. Bereits sechs Jahre später wurde 1863 der in London beheimatete Civil Service Football Club ins Leben gerufen. Aktuell ist der Club in der Southern Amateur Football League beheimatet und ist in der Division 1 hinter West Wickham, Nottsborough, Actonians Association, Old Owens und Polytechnic auf Rang sechs zu finden. 

Der Berührungspunkt zwischen dem BFC Germania 1888 und dem Civil Service FC? Am 29. April 1905 trafen beide Clubs auf dem Tempelhofer Feld beim Kronprinzenpokal aufeinander. Die Berliner konnten das prestigeträchtige Duell mit 3:2 gewinnen und der Kronprinz persönlich überreichte den Pokal an die Spieler. Auf den Tag genau 118 Jahre später kam es auf der Paul Jestram Sportanlage in Berlin-Tempelhof zum Wiedersehen. 

Die Jungs aus London sind am vergangenen Wochenende gleich mit voller Kapelle angereist, so dass es zuerst ein Spiel der Ü40 von Germania gegen eine bunte Auswahl und im Anschluss das Duell der ersten Mannschaften zu sehen gab. Für mehr Aufmerksamkeit sorgte indes das erste Duell, das Punkt 12 Uhr angepfiffen und von Ansprachen und einer Wimpelübergabe eingerahmt wurde. 

Eine Punktlandung glückte auch meinen beiden Kindern und mir. Wir rasselten in Treptow prompt in den Schienersatzverkehr der Ringbahn, suchten fix eine Alternative mit der U-Bahn und erreichten rennend eine Minute vor 12 Uhr den Sportplatz, auf dem gerade die Mannschaften aufliefen. Der Eintritt war frei und das kulinarische Angebot war erste Sahne! Ein Bier oder ein Stück Kuchen für 1,50 Euro. Cevap und Würste komplettierten das Angebot. Tee gab es natürlich auch, und zwei runde Kuchen trugen die Wappen der beiden Vereine.

Nach dem ersten Spiel nutzte ich die Gunst der Stunde und filmte fix ein Interview, das Fußballkamerad Michael Stoffl für uns führte (das Video geht in Kürze online). Mein größerer Sohn fragte den Präsidenten vom Civil Service FC, James Kellett, auf Englisch, ob er das deutsche Bier mag. Lachend rieb dieser sich den Bauch und stellte sogleich eine Gegenfrage. Ob Dominik in der Premier League einen Lieblingsspieler habe?! No! Einen englischen Lieblingsverein?! No! Einen deutschen Lieblingsverein?! Aber klar doch! „F.C. Hansa Rostock!“, antwortete mein 13-jähriger Sohnemann ganz trocken und brachte James Kellett zum Schmunzeln. „Aaaah, yes…“

Kurzum: Auch wenn wir nicht den ganzen Nachmittag bleiben konnten und somit das zweite Spiel verpassten, war diese Veranstaltung, die im Vorfeld gar nicht soooo bekannt war (es waren kaum Groundhopper vor Ort), eine wirklich 1a Angelegenheit. Gern schauen wir - also ich und mögliche Begleitung - gern mal in London beim Civil Service Football Club vorbei! See you!

Fotos: Marco Bertram

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Artikel wurde veröffentlicht am
06 Mai 2023
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