Rot-Weiss Essen vs. Dynamo Dresden: Punkteteilung beim stimmungsvollen Traditionsduell

Darauf haben viele im Stadion an der Hafenstraße gewartet und am 15. Oktober um 15:34 Uhr war es endlich soweit: Aus dem pickepacke vollen Gäste-Stehblock ertönte „Ost, Ost, Ost-Deutschland“ und eine kleine Polonaise mit gehisster DDR-Fahne ging durch den Block. Ja auch wenn manche dieses Ritual der Fans von SG Dynamo Dresden als irgendwie überholt empfinden, gehört es dazu und ist eine gute Tradition vor allem bei Spielen im "Westen" der Republik. Sie sorgte bei vielen RWE-Fans für schmunzelnde Gesichter und manch einer stimmte in den Klassiker "40 Jahre DDR" ein und präsentierte eine aufblasbare Banane. Ja die SG Dynamo Dresden war nach 15 Jahren (damals noch in der drittklassigen Regionalliga) endlich wieder in Essen zu Gast und schon seit Wochen war die Vorfreude auf dieses Spiel überall zu spüren.

Die RWE-Fans fieberten auf dieses Highlightmatch hin, denn genau diese Spiele sind es die man so lange herbei gesehnt hat, während man über die Dorfplätze der Regionalliga West getingelt ist. Diese Spiele gegen Klubs mit einer großen Fan-Leidenschaft, die den Gästeblock stimmungsvoll bespielen und nicht nur einen Neunsitzer vorbeischicken. Vor allem auf Dynamo Dresden freuten sich die Fans, auch wenn in der RL-West eher die Auswärtstour nach Zwickau besungen wurde. Auch wenn das Spiel als „Hochrisikospiel“ klassifiziert wurde, war der Heimbereich ruckzuck ausverkauft und auch der Gästebereich wäre es sicherlich gewesen. Aber Dynamo Dresden verkaufte nur Tickets an Vereinsmitglieder nach Fan-Vorfällen vor zwei Wochen bei der Auswärtspartie bei der SpVgg Bayreuth.





Auch in Essen gab es in den letzten Wochen verschiedene Vorkommnisse woraufhin der Verein Rot-Weiss Essen insgesamt 76 Hausverbote an Anhänger aussprach. Vor dem Anpfiff der Partie gegen Dynamo Dresden gaben die Kapitäne beider Mannschaften (Daniel Heber für RWE sowie Tim Knipping für Dresden) ein klares und wichtiges Statement gegen Gewalt ab. Während der Gästeblock in diesem Moment still war, versuchten ein paar RWE-Fans die Ansagen mit Gesang und Pfiffen zu übertönen. Die spontane Reaktion des Großteils der insgesamt 18.300 Zuschauer im Stadion an der Hafenstraße war ein zustimmendes Klatschen für die Statements der beiden Spieler.





Danach ging es von beiden Seiten stimmungsvoll in die Partie bei der die Essener auf ihren Top-Torjäger Simon Engelmann verzichten mussten. 100 Spiele hat er für RWE absolviert und bis auf ein paar Niederrheinpokalbegegnungen keines verpasst. Nun muss er anscheinend bis zum Ende des Jahres aufgrund einer Verletzung pausieren. Ein schwerer Schlag für die Offensive der Essener, die trotzdem von Beginn an gegen den Absteiger aus der zweiten Bundesliga gut mithielten und sich einige gute Chancen erspielten. Zuletzt konnte RWE ja in Freiburg mit 3:0 gewinnen und Dresden einen 0:2 Rückstand noch in einen 3:2 Sieg gegen den VfL Osnabrück verwandeln.

In der 20. Spielminute mussten die Dresden Fans kurz zusammenzucken und die Essener Anhänger hatten den Torjubel sicherlich schon auf den Lippen: Andreas Wiegel, vom (BFC) Dynamo aus Berlin ins Ruhrgebiet gewechselt, setze einen fetten Schuss an die Unterlatte. Aber nur drei Minuten später war es dann soweit. Dresdens Torhüter Stefan Drljaca erhielt einen Rückpass und schoss beim Versuch eines weiten Abschlags den Essener Isaiah Young an. Der Ball prallte ab und landete direkt im Tor. Des einen Leid, des anderen Freud: 1:0 für Rot-Weiss Essen und für Arnd Zeigler´s Fußballrubrik „Kacktor des Monats“ ein neues Fundstück. Torwartfehler passieren, diese sind Dresdens Gegenüber Jakob Golz auch schon passiert (u.a. in dieser Saison bei Dortmund II), dafür glänzte der Essener Schlussmann in den folgenden Wochen und vor allem auch gestern mit zahlreichen Paraden.





Vor allem in Halbzeit zwei bewahrte Golz RWE vor einem frühen Ausgleich. Trotz vieler Chancen den RWE-Sieg früher klar zu machen, fiel dieser dann doch in der 89. Spielminute. Dies lag aber in erster Linie an einer Situation 37 Minuten vorher: In der 52. Spielminute zerrte der Dresdener Jonathan Meier am Trikot von Andreas Wiegel und brachte den Essener zu Fall. Dieser versuchte sich vorher noch loszureißen, um einen Angriff zu starten. Dieses losreißen und mit den Armen rudernd im Fallen legte der Schiedsrichter Tom Bauer als Tätlichkeit aus, auch weil der Dresdener Spieler sich vermeintlich getroffen theatralisch zu Boden fallen ließ und seine Mitspieler auf den Unparteiischen einwirkten. Das Resultat: Ein Freistoß für RWE, die gelbe Karte für Meier und den roten Karton für Wiegel.



Die Meinung des Autors (jedem seine eigene): Nach Sichtung der TV-Bilder eine überharte aber vertretbare Entscheidung des Schiedsrichters. Der Unparteiische musste schnell entscheiden und hatte keinen Videobeweis. Für Essen war die rote Karte dann vor allem eine für das Spiel entscheidende, denn danach mit einem Mann mehr auf dem Feld konnte Dresden viel besser das Spiel bestimmen. Essen musste reagieren und wechselte die Offensive. Für den Torschützen Isaiah Young und Ron Berlinski kamen Lawrence Ennali und Luca Wollschläger, aber letzterer (von Hertha BSC ausgeliehen) schien noch im Regionalliga-Nordost Modus und konnte kaum überzeugen. Am Ende belohnten sich die Dresdener für die 40minütige Druckphase in Überzahl und erzielten in der 89. Spielminute durch Manuel Schäffler den am Ende dann nicht ganz unverdienten Ausgleich.

Dynamo Dresden bleibt auf Tuchfühlung zu den Aufstiegsrängen. Rot-Weiss Essen gewinnt langsam etwas Abstand nach unten. In der kommenden Woche reist RWE zu Waldhof Mannheim und zu (vielleicht) Essens Ex-Trainer Christian Neidhart.     

Fotos: alle Bilder / Sport Fotoagentur: frontalvision.com

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