BFC Dynamo: Nach 30 Jahren wieder DFB-Pokal im Sportforum Hohenschönhausen

BFC Dynamo: Nach 30 Jahren wieder DFB-Pokal im Sportforum Hohenschönhausen

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Gestern vor exakt acht Jahren stieg im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark das DFB-Pokalspiel gegen den VfB Stuttgart. Vor 9.227 Zuschauern schlugen sich die Weinroten wahrlich wacker, bekamen jedoch nicht den Ball in das Gehäuse der Schwaben. Zweimal ins Schwarze traf indes VfB-Stürmer Vedad Ibišević, der in der 40. Minuten mit dem Kopf und in der 76. Minute vom Elfmeterpunkt aus die beiden Treffer erzielte. Am kommenden Samstag kommt es zur Neuauflage des Duells, allerdings nicht im Jahn-Sportpark, sondern im heimischen Sportforum, das in den vergangenen Wochen für die kommende Saison hergerichtet wurde.

Sämtliche wichtigen Informationen zum anstehenden DFB-Pokalspiel gab es auf der gestrigen Pressekonferenz im Sportforum (siehe unterer Link) zu hören. Noch ist offen, ob nur insgesamt 2.000 oder vielleicht doch 3.800 Zuschauer zugelassen werden. In jedem Fall erhalten die Gäste ein jeweiliges Kontingent von zehn Prozent. Die Tickets kosten 38 Euro plus zwei Euro Vorverkaufsgebühr und sind in der Geschäftsstelle erhältlich. Mit inbegriffen ist eine Getränke-Flatrate (Softgetränke & alkfreies Bier), die vor dem Spiel, während der Partie und bis eine Stunde nach Abpfiff gültig ist. Kinder unter sechs Jahre haben freien Eintritt und benötigen auch keinen Corona-Test. So oder so wird es am Freitag die Möglichkeit geben, bis 22 Uhr noch ein Ticket - solange noch verfügbar - am Sportforum zu erwerben.



Lauter, enger, ungemütlicher und „dreckiger“ - die Vorteile gegenüber dem Jahn-Sportpark liegen auf der Hand. Für den Gegner kommt es einer nostalgischen Osteuropa-Tour gleich, wenn er durch die Plattenbaugebiete fährt und vor dem Sportforum aussteigt. Man darf gespannt sein, wie laut das „Dynamo!“ über die Ränge hinweg hallen wird. Beim Last-Minute-Sieg gegen den FC Energie Cottbus wurde es bereits punktuell brachial laut. Nicht auszudenken, was passiert, wenn der BFC gegen die Stuttgarter einen Treffer erzielen wird. Immerhin konnte in diesem Wettbewerb vor zwei Jahren gegen den 1. FC Köln im Berliner Olympiastadion das erste Tor geschossen werden. Der Knoten war also bereits geplatzt!



Die gestrige Frage lautete zudem, wann es die letzten wirklich großen Spiele im Sportforum gegeben hatte. In jedem Fall gehört das Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg am 2. Juni 2001 dazu. 8.282 Zuschauer (rund 4.000 Gästefans) wollten das Hinspiel der Aufstiegsrunde zur Regionalliga sehen. Das Spiel endete 0:0, im Rückspiel behielt der FCM mit 5:2 die Oberhand. Weniger auf dem Schirm haben die meisten den ersten Auftritt des BFC Dynamo (FC Berlin) im DFB-Pokal, der im Trubel der Nachwendezeit ein wenig unter ging. Am 27. Juli 1991 wollten gerade einmal 675 Zuschauer im Sportforum das Erstrundenspiel gegen den SC Freiburg sehen. Leider liegen uns keine Fotos von jener Partie vor. Mit in der Startelf des FC Berlin standen unter anderen Oskar Kosche (Tor), Christian Backs, Jens-Uwe Zöphel, Mario Tolkmitt und Mikhail Pronichev. Zu holen gab es gegen den Zweitligisten nichts, Jens Todt und Andree Fincke (kein Tippfehler) schossen die Breisgauer in die nächste Runde.



Wie jedoch kam der FC Berlin damals überhaupt in diesen Wettbewerb? Am Landespokal hatten die Hohenschönhausener in der Spielzeit 1990/91 nicht teilgenommen, da sie zu jenem Zeitpunkt erstklassig (letzte Oberliga-Saison) waren. Als Teilnehmer der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga durfte der FC Berlin als Tabellenzweiter an der ersten Runde der DFB-Pokal-Saison 1991/92 teilnehmen. Qualifiziert waren die Mannschaften der 1. und 2. Bundesliga, die 21 Landespokalsieger, die Endspiel-Teilnehmer der Amateurmeisterschaft 1991, sowie 14 Vereine aus Oberliga und Liga. Auf direktem Wege mit dabei waren die ersten sechs Vereine der (DDR-) NOFV-Oberliga-Saison 1990/91 sowie die jeweils ersten beiden Vereine der Qualifikationsrunden zur 2. Bundesliga. Dem nicht genug gab es im Bereich des NOFV noch eine Qualifikation zum DFB-Pokal, die über drei Runden ging.



In dieser musste sich in der ersten Runde der FC Energie Cottbus mit 0:2 dem FSV Wacker 90 Nordhausen geschlagen geben. In der zweiten Runde konnte Nordhausen gegen den FC Victoria 91 Frankfurt (zuvor FC Vorwärts Frankfurt) kampflos in die finale Runde einziehen. Der FC Wismut Aue schlug indes den FSV Glückauf Brieske-Senftenberg, der SV Chemie Guben behielt gegen den Bischofswerdaer FV 08 mit 4:3 die Oberhand. In der entscheidenden dritten Runde konnten sich schließlich der FC Wismut Aue, der PFV Bergmann-Borsig, der SV Chemie Guben und der Greifswalder SC für den DFB-Pokal qualifizieren.



Überaus bunt und aus heutiger Sicht arg ungewohnt wirkt das Teilnehmerfeld der ersten DFB-Pokalrunde, an der die Erstligisten nicht teilnehmen mussten. Während es der FC Berlin (BFC Dynamo) wie bereits erwähnt mit dem SC Freiburg zu tun hatte, durften einige Ost-Vertreter die Reise in die alten Bundesländer antreten. So düste der FC Carl Zeiss Jena zur SpVgg Fürth, der Chemnitzer FC zum Freiburger FC und der Hallesche FC zum SC Neukirchen. Diese Runde hatte zudem manch eine skurril anmutende Begegnung auf Lager, so zum Beispiel: SpVgg Zschopau vs. Rot-Weiß Hasborn-Dautweiler (2:3 n.V.), SV Blau-Weiß 69 Parchim vs. Eisenhüttenstädter FC Stahl (1:0) und NSC Marathon 02 vs. Hannover 96 (0:7). Des weiteren kam es zu den Ostduellen FC Wismut Aue vs. VfB Leipzig (2:4 n.V.), SV 1910 Kahla vs. FC Rot-Weiß Erfurt (1:4) und Greifswalder SC vs. BSV Stahl Brandenburg (3:2. i.E.). Parat hatte die erste Runde auch das Stadtduell Türkiyemspor Berlin vs. Blau-Weiß 90 Berlin, das 2:1 endete.



Munter weiter ging es in der zweiten Hauptrunde, als der 1. Suhler SV mit 3:1 bei der TSG Backnang 1919 gewinnen konnte. Das Duell Greifswalder SC vs. 1. FC Dynamo Dresden (keine „SG“ und grünes Wappen) endete 0:2, der PFV Bergmann-Borsig schlug den SC Freiburg mit 2:1 (Stefan „Paule“ Beinlich erzielte beide Treffer), der VfB Leipzig gewann mit 5:0 beim SV Blau-Gelb Berlin, und der FC 08 Homburg schaffte es tatsächlich mit 4:2 nach Verlängerung beim damals arg kriselnden FC Bayern München zu gewinnen.

In der dritten Hauptrunde musste sich der 1. Suhler SV dem 1. FC Dynamo Dresden mit 0:5 geschlagen geben, und Bergmann-Borsig Berlin unterlag bei den Amateuren des Hamburger SV im Elfmeterschießen mit 5:6. Zweimal hatte Stefan „Paule“ Beinlich die Berliner in der regulären Spielzeit Führung bringen können, in der 90. Minute machte Torsten Bernhardt das 2:2 für den HSV II. Wenig später wechselten Stefan „Paule“ Beinlich und Teamkollege Matthias Breitkreutz nach England zu Aston Villa. Was für eine Sensation! Man glaubte kaum den damaligen Schlagzeilen in Kicker und Fuwo. Später zog es beide zum F.C. Hansa Rostock, wo sie unter Trainer Frank Pagelsdorf den Aufstieg in die 1. Bundesliga feiern konnten.



Um die Sache mit dem DFB-Pokal 1991/92 zu beenden. Der TSV Bayer 04 Leverkusen unterlag im Halbfinale auf dem Gladbacher Bökelberg im dramatischen Elfmeterschießen (wir waren damals vor Ort), der Zweitligist Hannover 96 schlug den SV Werder Bremen ebenfalls im Elfmeterschießen. Am 23. Mai 1992 musste beim Finale ebenfalls das Elfmeterschießen her, in diesem wurde 96-Torwart Jörg Sievers der Held des Tages, indem er die Elfer von Karlheinz Pflipsen und Holger Fach abwehren konnte.

30 Jahre nach dem bunt zusammengewürfelten DFB-Pokal 1991/92 ist es wieder an der Zeit Geschichte zu schreiben. Vielleicht trägt der BFC Dynamo dazu bei und packt am kommenden Samstag im altehrwürdigen Sportforum Hohenschönhausen die fette Überraschung. Wir werden in jedem Fall vor Ort sein!



Fotos: Marco Bertram, Mythos BFC (Titelbild)

> zur turus-Fotostrecke: BFC Dynamo

> zum Mitschnitt der gestrigen Pressekonferenz des BFC Dynamo (externer Link)

Artikel wurde veröffentlicht am
05 August 2021

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5 Kommentare
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Erinnerungen
Ein wunderbarer Bericht, schön zu lesen. Weiter so mein Lieber.
Grüße aus Kreuzberg
L
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G
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