„Alles Chaoten aus Berlin“: Der BFC Dynamo im Frühjahr 2010

„Alles Chaoten aus Berlin“: Der BFC Dynamo im Frühjahr 2010

Hot

Jetzt oder nie! Nachdem in den Jahren zuvor der Aufstieg in die Regionalliga immer wieder versemmelt wurde - besonders bitter war es 2007/08, als die oberen vier Plätze verpasst wurden -, sollte es in der Oberliga-Saison 2009/10 endlich klappen. Wieder einmal Aufbruchstimmung im Sportforum Hohenschönhausen. Bei den Vorbereitungsspielen im Sommer 2009 gab es verdammt lange Abende im Vereinsheim, bei denen das Bier in Strömen floss und es immer wieder zu spontanen Wettkämpfen im Armdrücken kam. Hierbei erlebte der eine oder andere eine Überraschung, doch als wahrlich zäher Armdrückgegner erwies sich Andreas Gläser (DJ Baufresse), der minutenlang gegenhalten konnte und schwer zu bezwingen war. Einigen wir uns auf Unentschieden, bevor eine Elle bricht? Abgemacht! Und hoch die Tassen!

Am ersten Spieltag der Saison 2009/10 der NOFV-Oberliga Nord empfingen die Weinroten daheim den Ludwigsfelder FC. Mit einem Auftaktsieg wurde es vor 808 Zuschauern nichts, doch immerhin erzielten die Hoffnungsträger Tobias Kurbjuweit und Nico Patschinski ihre ersten Saisontreffer. 2:2 lautete der Endstand. Trainiert wurde der BFC damals von Christian Backs, und im Tor stand kein Geringerer als Nico Thomaschewski, von vielen genannt „die Katze“.

Ebenso mit dabei im Team waren unter anderen Guido Spork, Robert Rudwaleit, Christian Preiß, Firat Karaduman, Kadir Erdil und Daniel Petrowsky, der zuvor bei TeBe gespielt hatte und sich bei direkten Duellen von den BFC-Fans einiges anhören musste. Ich bin wahrlich kein Meister im Merken von Spielernamen, doch die damalige Aufstellung flutscht heute noch ähnlich sauber runter wie die von Bayer 04 Leverkusen in der Saison 1991/92 oder die des F.C. Hansa Rostock nach dem Wiederaufstieg im Jahre 1995. 

Bereits das erste Auswärtsspiel des BFC Dynamo am 16. August 2009 wurde zum Mäusemelken. Es wollte beim Lichtenrader BC wenig klappen, und Christian Backs wurde bei schönstem Sonnenschein zum Rumpelstilzchen. In der 40. Minute musste Kurbjuweit mit Gelb-Rot vom Platz, in der 68. Minute verschoss Spork einen Elfmeter, am Ende hieß es nur 1:1 vor 639 Zuschauern. In der Woche darauf gelang schließlich der erste Saisonsieg in einer hitzigen Partie gegen den Greifswalder SV. Patschinski und Karaduman - beide von den Fans innig geliebt - schossen die Tore beim knappen 2:1-Sieg. 

Beide steuerten auch beim Heimspiel gegen Brandenburg Süd zwei Tore bei, doch wurde am Ende eine 3:1-Führung hergegeben, es musste sich mit einem 3:3 begnügt werden. Dann aber platzte der Knoten! Am 12. September 2009 wurde der FC Energie Cottbus II empfangen, der in jener Spielzeit als ärgster Rivale gehandelt wurde. 1.039 Fußballfreunde kamen im Sportforum nicht mehr aus dem Staunen heraus, als Kurbjuweit, Karaduman und Patschinski jeweils ins Schwarze trafen. 3:0 - das war eine echte Ansage! Dynamo lief warm, bei den Reinickendorfer Füchsen wurde - begleitet von zirka 600 Fans - mit einem 3:0 nachgelegt. Wieder waren es Karaduman und „Patsche“, die es klingeln ließen.

Es schaute richtig gut. Nach dem 14. Spieltag hatte der BFC Dynamo bereits vier Punkte Vorsprung auf den Verfolger aus der Lausitz. Das müsste doch nun wirklich mal klappen mit dem Sprung in die Regionalliga! Am Nikolaustag 2009 fanden 1.264 Zuschauer den Weg ins Sportforum, um das Heimspiel gegen die TSG Neustrelitz, die sich auf Rang drei befand, zu sehen. Nikolaus hatte jedoch ganz Fürchterliches in den weinroten Stiefel gepackt. Nach 63 Minuten hieß es 0:4, und die BFC-Fans auf den Rängen fragten sich, ob das noch die gleiche Mannschaft sei, die dort unten so übel kickte. Zwar betrieben Manteufel und Erdil mit ihren Treffern in der Schlussphase noch ein wenig Ergebniskosmetik, doch das ungute Gefühl in der Magengrube blieb. Klar doch, jede Mannschaft kann mal einen schlechten Tag haben, doch war ein Bruch im Team zu deutlich ersichtlich. Dies war auch an jenem Abend im Vereinsheim zu spüren.

Aufgrund der Witterung mussten zu Beginn der Rückrunde gleich vier Spiele in April und Mai verlegt werden, so dass das Spitzenspiel im Cottbuser Stadion der Freundschaft am 13. März 2010 die erste Partie in jenem Jahr war. Alle in die Lausitz! 2.000 BFC-Fans düsten nach Cottbus, ein Großteil von ihnen im eigenes organisierten Sonderzug. Die Fahrt wurde legendär, das Geschehen auf dem Rasen indes weniger. Saft- und kraftlos wurde vor insgesamt 2.930 Zuschauern mit 0:2 verloren. Zwar gab es eine Woche später gegen die Füchse ein 1:0-Sieg, Karaduman war wieder mal zur Stelle und erzielte seinen 12. Saisontreffer, doch an den Aufstieg glaubten nur noch die wenigsten. 

Die Vereinsführung hatte bereits gehandelt und als neuen Trainer Heiko Bonan geholt, der am 1. April 2010 auswärts in Ludwigsfelde das Sagen hatte. Man spürte, dass Bonan neuen Antrieb geben konnte, doch zu tief war der Graben innerhalb der Mannschaft. Es wurden in Greifswald, Luckenwalde und Brandenburg weitere Punkte liegen gelassen. Zudem gab es immer wieder unnötige Platzverweise, wie beispielsweise in Luckenwalde am 17. April 2010, als Guido Spork mit glatt Rot und Kurbjuweit mit Gelb-Rot vom Rasen mussten. Als dann am 24. April 2010 auch noch gegen den Torgelower SV mit 0:4 verloren wurde, war der Drops quasi gelutscht. Nun hakten auch diejenigen Fans die Saison ab, die bis dato noch insgeheim gehofft hatten. 

Überraschend war indes die Zuschauerkulisse am 28. April 2010, als am Mittwochabend 1.821 Zuschauer zum Duell Malchower SV vs. BFC Dynamo strömten. Tore gab es jedoch keine zu bewundern. Das Heimspiel gegen den FSV Optik Rathenow wollten am 8. Mai 2010 nur noch 318 Fans sehen. Mit dabei kam der aus der eigenen Jugend stammende Matthias Steinborn, der zwei Treffer zum 6:0-Sieg beisteuern konnte. Cottbus II ließ sich jedoch oben auch nicht lumpen und gewann mit 5:0 gegen den SV Falkensee-Finkenkrug. 

Mit der alten DDR-Straßenbahn (Linie 88) ging es am Mittwoch, den 12. Mai 2010, nach Schöneiche, am Ende mussten sich die Weinroten der Germania mit 1:3 geschlagen geben. Steinborns Führungstreffer nach einer Viertelstunde war eindeutig zu wenig. Ein versöhnliches Saisonende gab es nicht. Nur noch 228 Unentwegte mussten am 22. Mai 2010 im Sportforum ein 2:4 gegen den Berliner AK 07 ertragen. Wenngleich am letzten Spieltag mit 3:1 in Neustrelitz gewonnen werden konnte, so blieb diese Saison richtig derb in Erinnerung (zumal auch im Berliner Pokalfinale verloren wurde). Was für eine dufte Mannschaft gab es in der Hinrunde zu sehen - lautstark unterstützt von der Fraktion H, die hinter dem Banner „Alles Chaoten aus Berlin“ die Nordkurve wiederbeleben wollte -, welch einen Bruch gab es kurz vor der Winterpause, der nicht mehr zu kitten war!

Folgerichtig gab es beim Auftaktspiel der Oberliga-Saison 2010/11 eine ganz andere Startelf zu sehen. Julian Wienbreyer, Norbert Lemcke, David Schimmelpfennig, Kevin Gutsche, Richard Steiner und Matthias Steinborn prägten nun das Antlitz der Mannschaft. Das junge Team unter Trainer Heiko Bonan zeigte mitunter prima Einsatz, doch für den Aufstiegskampf sollte es bei weitem nicht reichen. Die Rückkehr in die Regionalliga Nordost durfte schließlich erst am Ende der Saison 2013/14 gefeiert werden, doch wird jene Spielzeit demnächst in einem weiteren Kapitel aufgearbeitet…

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: BFC Dynamo

Artikel wurde veröffentlicht am
15 April 2020

Ligen

Inhalt über Liga
Oberliga

Benutzer-Kommentare

8 Kommentare
 
100%
4 Sterne
 
0%
3 Sterne
 
0%
2 Sterne
 
0%
1 Stern
 
0%
View most helpful
Hast du schon ein Konto?
Datenschutz
Durch das Anhaken der folgenden Checkbox und des Buttons "Absenden" erlaube ich turus.net die Speicherung meiner oben eingegeben Daten:
Um eine Übersicht über die Kommentare / Bewertungen zu erhalten und Missbrauch zu vermeiden wird auf turus.net der Inhalt der Felder "Name", "Titel" "Kommentartext" (alles keine Pflichtfelder / also nur wenn angegeben), die Bewertung sowie Deine IP-Adresse und Zeitstempel Deines Kommentars gespeichert. Du kannst die Speicherung Deines Kommentars jederzeit widerrufen. Schreibe uns einfach eine E-Mail: "kommentar / at / turus.net". Mehr Informationen welche personenbezogenen Daten gespeichert werden, findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Ich stimme der Speicherung meiner personenbezogenen Daten zu:
Kommentare
L
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 1 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 0
H
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 3 0
R
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 4 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 5 0