× Reiseberichte, Erfahrungen für Reisen nach Lateinamerika, insbesondere Brasilien. Karneval in Rio, Regenwald und Amazonas – der grüne Kontinent steht Euch offen, was interessiert Dich am meisten?

Brasilien- und Bolivien-Tagebuch von Flo

19 Jan 2006 02:44 #2661 von flo
17. Januar
Am Nachmittag lasse ich mir von den Guias eine einstuendige Tour aufschwatzen. Doch viel neues erfahre ich nicht und so wirklich geschichtsinteressiert war ich noch nie. Die R$10 wars nicht wert (sie wollten R$25). Ueberhaupt. Ich hasse die Guias, sie nerven, und ich druecke ihnen trotzdem noch Kohle in die Krallen. Eigentlich hatte ich versucht, hier in Brasilien nur noch diejenigen Sachen zu unterstutzen, die ich gutheisse. Aber hier im Nordosten muss ich von neuem anfangen. Wie ein blutiger Anfaenger lasse ich mich uebertolpeln. Grrmpf. So Scheiss kann meine Laune wunderbar verderben.
Um acht Uhr abends hab ich mit Walquria in Recife beim gestrigen Busterminal abgemacht. Doch es gibt mehrere Terminals. Und den entsprechenden Namen hab ich vergessen. Die Erinnerung auf der Karte ist verschwommen. Ich erwische die falsche Station und laufe auf gut Glueck. Auf einer Bruecke frage ich zwei Polizisten, die ihr dann telefonieren, um den Namen des Busbahnhofes (Cais de Sta Rita) zu erfahren. Ou mann. Ein Supergringo in voller Aktion. Immerhin bin ich nur 15 Minuten verspaetet.
Sie ist mit einer Kollegin hier, wir laufen an einen Platz wos spaeter Live-Musik gibt. Es hat hier viele Leute, ansonsten ist die Stadt schon um halb neun Uhr abends wie ausgestorben. Die Musik ist viel zu laut. Gesetzliche vorbeugende Laermvorschriften sind hier wohl unbekannt.
Ihre Kollegin geht, wir laufen eine Minute zu einem ruhigeren kleineren und unbelebteren Platz vor einer anderen Kirche. Hier hats Parkbaenke und ein Parkplatz-Security sorgt fuer Sicherheit. Wir erzaehlen einander unser Leben. Naja, sie redet, ich hoere zu und versuche ihr fuer mich schwierig verstaendliches Portugisisch zu verstehen.
Achja ihre Familienverhaeltnisse: Sie hat ein dreijaehriger Sohn und lebt bei ihrer Mutter. Drei jahre hat sie mal mit einem mann verbracht, der die meiste Zeit in Sao Paulo arbeitete und sie dann sitzenliess. Sie war Alkoholikerin. Doch jetzt scheint sie ihr Leben im Griff zu haben. Sie arbeitet 7 Tage die Woche in einem Verkaufsladen fuer R$ 400 im Monat, Geld ist fuer sie nicht wichtig, sie ist erstaunlich gebildet (nach dem was ich sonst so erlebt habe) und hat auch keine Probleme mal was alleine zu unternehmen (was hier selten ist) und habe 8 Monate nicht mehr gekuesst (was mir in brasilien sehr ununeblich scheint). Zwei individualtistische traeumende Herzen treffen aufeinander. Alles wunderbar romantisch. Genauso klar ist, das ich sie in paar Tagen weiterreise und sie sitzenlasse. Doch ich bracuh das gar nciht zu betonen. Wir sind hier in Brasilien. Sie hat damit wohl weniger Muehe als ich selber.
Spaeter laueft dasselbe Programm wie gestern. Nur besser, weil wir uns schon klarer verstehn. Gluecklich und muede fahre ich wiederum um 4 Uhr nach Olinda. Die Bar von gestern ist zu. Dafuer finde ich der Strasse eine just heruntergefallene Mango-Frucht, die ich genuesslich mampfe.

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19 Jan 2006 11:15 #2665 von kalleman
Hallo Flo,

Schau dich nur richtig um! In Olinda gibt es alles was du brauchst in der Nähe deiner Pousada! Sehr günstiges Internet bei einer dicken, die Englisch kann und sehr symphatisch ist. Irgendwo in einer Gasse. Hat ein grosses Schild. Frisches Brot findest du in der Bäckerei gegenüber der grossen Kreuzung. Endlich frisches Brot! Viel Spass noch!

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19 Jan 2006 22:13 #2679 von flo
18. Januar
Ich mach einen Ausflug zum Stadtstrand Boa Viagem, dem zweiten Zentrum von Recife. Doch ich bin spaet. Die Sonne verschwindet bereits hinter den modernen Hochhausern, die hinter der Strasse dem Strand entlang in die Hoehe ragen. Der Strand ist lang und schmal. Dickbauechige, zigarrenrauchende Pauschaltouristen hocken ihren Liegestuhlen und saufen Bier. Beim ueblsten Exemplar hocken drei Maedchen daneben, die eine mit einem "Switzerland"-Kaeppi ueber ihren schwarzen Haaren. Der sand wird von Muellmaennern gereinigt, ueberall liegen PLastikbecher und ausgetrunkene gruene Kokosfruechte, achtlos weggeworfen mitsamt dem Strohhalm.
Der Ananasverkauefer versuchts erstaml mit 5 Real fuer ein paar Stueckchen. Kein Preis ist "korrekt". Vielleicht nur ein Vorgeschmack? kallemann meinte: "Lass die Ecke Natal aus, da ärgerst du dich nur. Es hat dort zu viele Pauschaltouristen und dementsprechend werden Gringos mit Milchkühen verwechselt."
Dennoch finde ich Gefallen an der Umgebung, der Atmosphaere vom weiten Meer, der endlosen Strandpromenade und der Riesenstadt im Nacken.
Der weitere Tag verlaueft ereignislos. Die Konatake sind nur kurz. Dennoch ist es halb zwei des nachts als ich vom Feierabend-Bier in die Pousada zureuckkehre.

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21 Jan 2006 03:34 #2687 von flo
19./20. Januar
Der Abstecher heute fuehrt mich an den Strand "Pau Amarelo" im Norden von Olinda. Ein Ausflug, der sich nicht wirklich gelohnt hat. Der Strand ist flach, schmal und unspekatukalaer, es gibt aneinandergereihte guenstige Barracas, wenig Palmen. Weit entfernt ragt ein Hotelklotz in die Hoehe.
Am Abend hab ich mit Walquria in Recife abgemacht. Wir treffen ausserdem ihre lebhafte beste Freundin, die am Sonntag dabei war. Sie kommt grad aus einer Theatervorstellung und will mir ihre Stadt zeigen. In unglaublich witziger Art und Weise erklaert sie mir Statuen und wichtige Kultur-Gebaude, die im antiken Teil von Recife zwischen modernen geschaeftshausern und dreckigen alten betonkomplexen eingeklemmt sind. Leider ist es schon spaet. Museen und dergleichen sind laengst geschlossen. Es beginnt es zu regnen. Sie verabschiedet sich von uns. Walquira und ich buchen die dritte nacht im Stundenhotel, wo wir erst um 13 Uhr des naechsten Tages wieder rauskommen. Was fuer eine Nacht! Eine zweite solche in Folge haette ich nicht durchgehalten.
Spaeter gehe ich mit ihr in einer Ecke des alten Teils von Recife essen (dort ein Restaurant zu finden war reines Glueck; die Tradition vom lauschigem Park und daran anliegenden Restaurants ist hier gaenzlich unbekannt). Ich moechte ihr gegenueber endlich mal grosszuegig sein. Bisher habe ausschliesslich fuers Hotel Geld ausgegeben. Ein Mitbringsel aus der Schweiz und ein Foto von mir war wohl das Mindeste, was ich ihr geben konnte.
Eigentlich muesste sie heute nachmittag in ihrer Papeterie arbeiten, doch das sie kurzerhand ohne sich abzumelden der Arbeit fernbleibt, sei nicht so tragisch. Ich hab das bei Mikaley schon erlebt: In Brasilien scheint fuer schlechtbezahlte Arbeiten bei vielem Personal blau machen durchaus moeglich, ohne dass einem naechstens gekuendigt wird. Eine eigenartige Art von Freiheit.
Wir sitzen im Park und sie erzaehlt ein bisschen. Es ist das erste Mal ueberhaupt, dass sie das "alte" Recife bei Tageslicht sieht. Bisher sei sie nur der Nacht hiergewesen (ab 18 Uhr ists halt dunkel hier, und das jeden Tag das ganze Jahr ueber). Ausserdem betont sie wieder, wie schoen ich sei. Niemals haette sie jemanden wie mich getroffen etc...
Um 5 Uhr abends verabschieden wir uns, knapp und unromatisch mit kurzen Worten. Sie verschwindet, noch ehe ich den Bus bestiegen habe. Die Geschichte von Walquria ist zu Ende. Richtig muede und mit einer undefinerbaren Sehnsucht fahre ich zurueck nach Olinda.
Morgen moechte ich nach Fortaleza weiterreisen.
In der Pousada treff ich mein Tessiner-Paerchen, die schon ewig hier sind. Ich bringe eine Ananas (ob ich in der Schweiz jemals so koestliche Ananas finden werde?) und kann dafuer mit ihnen belegte Broetchen mitessen. Hmm. Wie fein. Richtiges Brot. Wohlschmeckender Schinken.
Ich geh schlafen, kann ja kaum noch stehn. Danach Internet und Feierabendbier und schon wieder ist es 2 Uhr nachts.

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26 Jan 2006 17:56 #2740 von flo
21. Januar
Dieser Tag ist nicht weiter erwahnenswert. ich spanne aus und bereite mich seelisch auf meinen 12 Stunden-Trip nach Fortaleza vor. Heute wird der Swimminpool komplett ausgenutzt. Die Kinder des Hauses spielen auch hier und interessieren sich fuer dies und das.
Das Fazit fuer Olinda: Olinda lohnt sich fuer einen Tag, die sehenswerte Altstadt anschauen, einen weiteren Tag einplanen fuer den Stadtstrand "Boa Viagem" und das historische Zentrum von Recife. Die drei Zentrem liegen weit auseinader (die Rodovaria nochmals weit weg). Schwierig zu navigieren. Und am Abend so ab 8 ist alles zu, verschlossen und bis auf wenige Ecken ausgestorben. Ungewohnt und deshalb einigermassen faszinierend. Parks sind ausserdem, bis auf ein oder zwei Eingaenge sicher eingezauent, aber das is wohl im ganzen Nordosten so.
Die fahrt nach Fortaleza verlaueft ruhig... bis auf diesen schrecklichen Fettwanst. Schon als ich ihn in seinem schlabbrigen armellosen T-Shirt und der kurzen Trainerhose seh und er genuesslich seinen uberhaengenden Bierbauch streichelt, bete ich, er moege doch bitte bitte nicht mein Sitznachbar sein. Er sitzt hinter mir. Hoert dann nervige Musik aus einem tragbaren Radio, was der ganze Bus mithoeren muss. Niemand sagt was. Nach 20 Minuten wirds mir zu bunt und ich frage ihn, ob er nicht bitte abschalten wuerde. Und uff, er reagiert kulant. Doch keine 20 Minuten spaeter beginnt er zu schnarchen. Und bei seiner Fuelle sind das Toene, mit denen er jeden Regenwald zersaegen koennte. Es wird die ganze Fahrt dabei bleiben. Selbtst mit Hoerschutz ist es eine Qual. Zum Glueck find ich spaeter weiter hinten zwei freie Plaetze so dass ich mich doch noch etwas entspannen kann.
22. Januar
ich geh in die Pousada "Abril em Portugal" und treffe einen Japaner, der mir eine andere Pousada empfiehlt. Sie heisst Backpackers und sei schwer zu finden. ich quartiere mich dort ein, der alte Portugiese der ersten Pousada reagiert uebermaessig veraergert, als ich mein Gepack hole. Ich solle mich nicht mehr blicken lassen. War der Wechsel eine gute Entscheidung? Hier gibts kein Fruehstueck, nur eine Kueche mit Gartensitzplatz. Ich geh pennen. das Zimmer ist ein backofen. Leider macht mir die Hitze wenig aus und so verschlafe ich wiedermal. Als ich aufwache ist es beinahe dunkel, die Strandzeit wiedermal verschlafen... meine Stimmung ist furchtabr labil.
Mit einem extrovertierten schraegen Spanier und einem alteren korrekten Hollaender geh ich gleich nebenan essen. Hier ist es guenstiger als unten am praia iracema. Mit dem Spanier ziehe ich weiter. Wir sind beide schon gut bedient, als die Ecke mit den tueren Clubs erreichen. Eine Aniemierdame schleppt uns in die Bikini Bar. Sie moechte noch ein Bier, der Spanier bezahlt und weg ist das Maedchen. Es hat in den Clubs nur Gringos und unglaublich huebsche leichbekleidete Frauen. Doch ich hab kein vertrauen in die Maedchen, bleibe reserviert. Hier eine abzuschleppen scheint mir hier einzig eine Frage des Geldes zu sein. Wir gehn nach draussen, hier gibts das Bier zu 2 real. Ich quatsche mit einer Frau um die 35, die sich in einen Amerikaner verliebt (oder in seine Kohle) hat und der sie grad sitzenlaesst. Strassenkinder fordern einen Real. Der Spanier nimmt die eine nach ihrer Arbeit via Taxi in die Pousada, wie ich spaeter erfahre. Ich laufe alleine nach hause.

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26 Jan 2006 18:13 #2741 von flo
23. Januar
Dinge organisieren in Brasilen braucht Zeit. Vor allem wenn man neu ist in einer Stadt. Fuer mein Fruehstueck aus Brot und Schinken laufe ich eine halbe Stunde. Der Bus zur Rodovaria ist zwar schnell, doch zurueck fahert er durch die halbe Stadt. ich hab keine Ahnung mehr wo ich bimheilfroh, als ich endlich endlich die Strassenecke mit der Busstation erkenne. Dann moechte ich endlich an den Praia do Futuro, doch verpasse den Bus und bis zum naechsten dauerts endlos.
Am Stradn gehts mir besser: In die Wellen werfen, ein bier geniessen, Bikinis gucken. das entspannt. Ich komme in kontakt mit zwei brasialianischen Typen. Sie sind freundlich, geben mir nach 10 Minuten, ihre Adresse und ich koenne in Brasilia in ihrem Haus schlafen. Doch spaeter weiss ich nicht wirklich, worueber ich mich mit ihnen unterhalten soll. Brasilianische Maenner sind Kinder, ernsthafte gespraeche sind schwierig.
Zueruck suche ich vergebens ein Internet, in der ersten ist die Leitung tot, das zweite, das ich gesehen hab, finde ich nicht wieder. Im dritten eine Viertlestunde weiter ist der Typen unglaublich freundlich, doch jetzt um 20.15 Uhr abends sei der laden eigentlich schon geschlossen.
Spaeter laueft fast dasselbe Programm wie gestern, diesmal mit einem weiteren frisch angekommenen Spanier statt dem Daenen. Die Animierdamen finden mich suess und streicheln durchs haar. Sie helfen mir auch, das Stueck kaugummi rauszukriegen, den mir die eine boesartige darunter an den Hinterkopf geklebt hat. Welche es war, errinere ich mich erst zuhause. Das eine maedchen wurde mir gefallen. Doch der Chef ist da, sie muss Gringos in den teueren Club schleppen. Der Eintritt ist zwar frei, es gibt einen Gratisdrink, doch fuer den Rest gits eine Karte und die Konsumationen schweineteuer, wahrend Frauen ohne nichts rein und raus koennen. Ich bin zu muede, sie zu beschaeftigt, morgen werde ich weiterreisen und so bleibt das nachtprogramm eher flau.

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26 Jan 2006 18:26 #2742 von flo
24. Januar
Ich verlasse Fortaleza nach nur 2 tagen. Ich musste raus aus den Staedten, es war seit Maceio ein bisschen viel. saemtliche von kallemann geschilderte Eindruecke ueber Fortaleza kann ich nur bestaetigen. Statt Vanessa und Studentinnen hab ich einen verreuckten Spanier kennengelenrt. Das ist alles.
Im Bus muss wieder so ein Arschloch schnarchen, dass ich kotzen koennte. Genau vor mir. Der Ohrschutz krieg ich nciht rein. Ausserdem moechte ich den Film geniessen.
Die Landschaft besteht aus lichtem Palmenwald, darunter ausgedoerrte Buesche. Von den pelzigen Palmen trotzen wenige gruenen Faecher auf der Spitze dem Wind und Staub, der Rest ist abgestorben. Im Dunst erheben sich ein paar Berge. in einigem Abstand folgt eine Eisenbahn der neu asphaltierten Strasse auf der unser Omnibus durch die gegend rast. Erstaunlich gepflegte Ortschaften kuendigen sich an durch vermehrten Plastik-Abfall in der Landschaft.
An einem Zwischenhalt lerne ich eine zierliche Belgierein mit inidischen Wurzeln und Aussehen kennen. Wir werden in Jericoacaora gemeinsam ein Zimmer beziehen. Erstmal muessen wir nach 2 weiteren Stunden auf ein lastwagenaehnliches Vehikel umsteigen, denn ins hippe Jericoacoara gibts nur sandpisten. Das Doerfchen liegt eingeklemmt zwischen einer festen kleinen Erhebung mit karger Vegetation auf der rechten Seite, weissen Sandduenen zur linken und davor Sandstrand und flaches Meer. Die 3 Laengsstrassen sind aus feinem Sand. In der Nacht wirds dunkel, denn Strassenlampen gibts keine.
Nach der Visite des Sonnenuntergangs auf dem einen Huegel, geh ich essen mit der Belgierin. Sie ist nett und unkompliziert. Dch trotz ihrem schon 5 moantigen Aufenthalt scheint sie kein bisschen Brasilianerin geworden zu sein: Sie geht frueh schlafen, steht fureh auf, feiert keine Feste, ist ihrem belgischen Freund treu geblieben und handelt nie die Preise runter.

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