× Reiseberichte, Erfahrungen für Reisen nach Lateinamerika, insbesondere Brasilien. Karneval in Rio, Regenwald und Amazonas – der grüne Kontinent steht Euch offen, was interessiert Dich am meisten?

Brasilien- und Bolivien-Tagebuch von Flo

01 Feb 2006 20:41 #2934 von flo
31. Januar
Um fuenf Uhr morgens sind wir in Sao Luis. Also besser gesagt, in der Pampa davor. Die Busbahnhofe liegen in Brasilien leider oft aergerlich weit ausserhalb des Zentrums. Die Taxifahrer freuts.
Ich geh mit einem anderen Backpacker auf den Bus. In der Altstadt treffen wir den Ehemann der einen. Doch ich erkenn ihn nicht, glaube er sei ein Guia, der uns ein Hotel andrehen will, und reagiere entsprechend abweisend. Wie peinlich. Nach langem Suchen quartiere ich mich fuer R$25 im sauberen Hotel "Sol nascente" ein. Mein brasilianischer Kollege findet eine Matraze fuer R$4. Alle zusammen gehen wir die sehenswerte Alstadt angucken, bevor sie zum Flughafen fahren, und ich mich schalfen lege.
Am Abend um 10 ziehe ich durch die Strassen, auf der Suche nach edler Verpflegung, Feierabendbier und Bekanntschaft mit anderen Erdbewohnern. Ein Maedchen setzt sich zu mir, ich offeriere mein Bier. Doch das ganze riecht mir verdammt nach Bezahlung. Wie ging die Story von kallemann und seiner Freundin in Sao Luis? Zum Glueck hats noch 3 Spanier, zwei mit brasilianischer Freundin, die mit uns und ihrer Freundin weiterziehen. Der aeltere alleinige Spanier wurde (wie uebrigens der verrueckte Spanier aus Fortaleza fast genauso) vor wenigen Tagen von einer Brasilianerin um 1000 Euro, Kreditkarte und Pass erleichtert. Spanier scheinen mit ihrem offenen Herzen, Temperament und unvorsichtiger Abenteuerlust besonders gerne Opfer linkischer brasilianischer Verfuehrung zu sein... In diesem Land muss man misstrauisch bleiben.
Wir trinken Bier auf der Wiese beim Busbahnhof am Meer, das sich weit zurueckgezogen hat. Vielmehr Gaeste gibts nicht. Der Aeltere greift der einen an die Brueste und ueberallhin. Ich bleibe reserviert.

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03 Feb 2006 08:47 #2952 von kalleman
Wiese am Busbahnhof? Ahja, jetzt erinnere ich mich. Dort hab ich jeweils den Sonnenuntergang genossen und sehnsüchtig Richtung Alcantra geblickt und überlegt, ob ich einen Ausflug machen soll. Er fand nie statt, weil ich immer verpennte! Die Schiffe fahren ja so früh ab. Brrrr. Für einen Studenten unmöglich! Gehst du noch zu den Stadtstränden. Vom ersten (Atalaia?) Kannst du nach Callhao laufen. Alles am breiten Strand entlang!

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04 Feb 2006 02:23 #2963 von flo
1. Februar
Mit Schrecken muss ich feststellen: meine Reiselust hat sich ins nirgendwo abgemeldet. Ich versuch noch, Infos ueber den "Trem da vale" herzukriegen und mach Einkaeufe. Unmotiviert laufe ich durch die Altstadt. Nach 3 Stunden Internet in einer Buecherei gehts mir etwas besser. Ich geniesse ein Bier in einem der lauschigen teuren Restaurants im antiken Zentrum. Doch kaum hab ich bestellt, laufen mir schon die zwei Weiber mit den grossen Bruesten von gestern Nacht ueber den Weg. Ich entscheide mich fuer die Variante Bier in Gesellschaft. Sie fragen detailliert ueber Unterkunft und Reise, schiessen Fotos und klicken sich durch saemtliche Bilder meiner laedierten Kamera. Die Aufdringlichere knutscht fast mit mir. Doch als ich Kino und Sex gegen Bezahlung ablehne, hat sie bald einen neuen Sponsor gefunden und ist weg. Mit der anderen kann ich normaler reden, sie scheint im Moment nicht so auf ihren Verdienst angewiesen zu sein. Die vier Bier mit Live-Musik Zuschlag kosten mich satte R$17. Ich zieh alleine durch die Ecken. Treffe die Spanier von gestern, die Englaender, die ich heute in meine Pousada geschleppt hab, ein Romand mit exzelltem Schweizerdeutsch. Heute ist definitv mehr los auf der Strasse. Doch nachdem ich um elf Uhr nachts meine Sachen im Hotel deponiert hab, kann ich keine bekannten Gesichter mehr auffinden. Ich lande bei Solange, einer 34-Jaehrigen. Ihr Alter kann sie nicht verbergen, ihre Figur ist einwandfrei. Auch sie arbeitet auf der Strasse, doch ist sie nett, freundlich, ganz und gar nicht aufdringlich. Leider ist ausser beim ueberlauten Techno-Schuppen nichts mehr los. Ich erwarte, dass ich ihr nun ein Taxi bezahlen soll. Doch nichts, es geht zum Busbahnhof. Ich frage eher beilaeufig im letzten Moment, wann denn ihr Bus fahre. Ihr Bus geht um drei. Wie? Es ist 1:30 Uhr. Ich will nicht zulassen, dass sie eine 1,5 Stunden alleine im Busbahnhof verbringt und offerie ihr stattdessen Bier am selben Ort wie gestern. Wir quatschen und es gibt ein paar Kuesse. Ich soll sie morgen anrufen.

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04 Feb 2006 02:56 #2964 von flo
2. Februar
Nach einem, mit Ausnahme des exzellentem Fruehstuecksbueffet, verfaulten Morgen ruf ich meine neue "Freundin" an. Ich will den Tag nicht alleine verbringen.
Wir gehen meine kaputten Abendschuhe reparieren. Sie hats mir gestern empfohlen. Die Leute haetten getuschelt. Irgendwann muss ich Klartext reden, denn logisch haette sie am liebsten ein Auto und ein Schloss von mir. Ich biete ihr an, ich bezahle gemeinsamen Speis und Trank und Ausfluege, doch nicht fuer Sex. Sie meint noch, sie investiere lieber Geld in ihr Haus statt in fremde Restaurants und damit hat sie auch wieder recht. Also ok, was ich dort spare, das sei fuer sie. Damit ist sie am Zug, Sie bleibt mir eine klare Antwort schuldig. Ich merke, sie mag mich, doch es faellt ihr schwer, dass sie an mir nicht wirklich was verdienen wird.
Klar kann sie in meinem Hotel uebernachten. Dort wird nicht lang gefackelt.
Um zehn Uhr abends gehen wir ins guenstigere der Touri-Altstadt-Strassenrestaurants essen (das dann doch). Es ist ihr Arbeitsort. Ihre "Arbeitskolleginnen" scheinen heute abend aber eher gluecklos. Sie kennt sogar die meisten Gringos, dieser sei Deutscher, jener Italiener, der eine mit der anderen ein Franzose und arbeite soundso hier. Sie erzaehlt Geschichten. So wie sie mich zur Reparatur meiner kaputten Schuhe geschleift hat, helfen sie anderen Gringos. Ich muss erkennen: Die Maedchen hier sind Prostituierte, Begleitdamen, Touristenfuehrer und Stilberaterinnnen zugleich. Eine ganze Kompanie von "Prostituerten" verdingt sich hier. Ich finde Gruende: Gringos lieben die ruhigen Gaesschen, Brasilianer haben Angst davor. Und als Tourist ist man eingermassen gefangen in der Altsadt, Kartenausschnitte in Buechern besckraenken sich auf dieses Quartier.
Heute abend ist richtig viel los, kein vergleich zum Dienstag. Eine Saengerin gibt romantische Evergreens zum besten, Elektro, Samba und natuerlich Reggae gibts gleich um die Ecken. Doch gehen wir bald nach hause, Mitternacht ist laengst vorbei.

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04 Feb 2006 03:14 #2965 von flo
3. februar
Nach dem Fruehstuck und einer weiteren Bettstunde muss Solange nach Hause zu ihren 4 Kindern. Ich geb ihr das Geld, das von gestern uebrig geblieben ist. Insgesamt hat mich die gute Frau 60 Real gekostet (Restaurant, Getraenke, Hotel, Cash). Vertretbar, denke ich. Teil des brasilianischen Systems geworden, denke ich. Aber es war schon ok. Ich hatte gemeinsame Stunden, hatte hinter die Kulissen eines eigenartigen Systems gesehen, und natuerlich war sie im Bett eine Wucht.
Ich wollte am Abend abreisen. Doch statt den Nachtbus nach Belem zu nehmen, entscheide ich mich (auf Anraten kallemanns) fuer die abenteuerlichere Variante per Zug in den Busch und von dem Ort noerdlich von Imperatriz nach Belem ueberzusiedeln.
Fazit sao Luis (obwohl ich noch nicht weg bin): Aehh, es gibt kein Fazit. Ich hab, dank meiner Reiseunlust ausser dem sich in Restauration befindenden antiken Teil, die Stadt vollkommen verpasst. Doch die quadratisch angelegten ruhigen breiten Gassen, kolonialistischen Hauser und lauschigen Plaetzchen in diesem Quartier hab ich echt lieb gewonnen. Voll entspannend gegenueber dem sonst allgegenwaertigen (Strassen-)Laerm in brasiliansichen Staedten.
Wichtig zu wissen, Das nachtleben findet hier Donnerstags und Freitagabends statt.
Zusatz: ...dann sollte man auch 'normale' Leute kennenlernen. Was prompt noch geschah. Vor dem Reggaeschuppen, die gleichen Songs wie gestern. Zu schade, dass ich die froehliche, sympathische Lya am letzten und nicht am ersten Abend traf.

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04 Feb 2006 21:36 #2966 von flo
4. Februar
mein magen rebelliert beim fruehstuecken. Ich bin deshalb spaet dran. Doch beim Busterminal kann ich gleich einstigen. So bin ich um 7:40 beim Zugbahnhof. Vor der Klasse "Econimica" stehen viele leute Schlange. Doch auch bei der "Exekutiva" muss ich mich hinten einreihen. Nur ein Schalter ist offen. Es dauert. Die Frau arbeitet unglaublich langsam. Der Zug auf der anderen Seite des Gitters ist laengst da und hornt. Mach mich nicht nervoes, denke ich. Der wird schon warten, denke nicht. Als ich drankomme , draengeln sich noch 2 Leute vor. Dann gibts ploetzlich kein Billet mehr. Sekunden spaeter setzt sich der Zug auf in Bewegung und zuckelt davon. Ohne mich. Ich kanns nicht fassen. Montag wieder, ist die einzige Antwort, die ich erhalte. Es stellt sich heruas, dass die Leute der 2. Klasse auch ohne Billet in den Zug gelassen wurden. Nur hier hat kein Mensch was mitgeteilt. Die restlichen Leute begeben sich ruhig zum Ausgang. Bin ich der einzige hier, der die Arschkarte gezogen hat? Oder ist das wiedermal die brasilianische Gleichgueltigkeit gegenueber "hoeherer Macht"? Ich versuch mich zu beruhigen und sage mir, es ist nur ein Zug und nciht das Leben, das grade vor meinen Augen weggefahren ist. Dennoch bin ich schwer entaeuscht. Ich hatte mich unglaubglich auf die Zugfahrt gefreut. 2 Minuten hatten gefehlt. Wenn die bloede Kuh Schalter nur ein klein wenig schneller gearbeitet haette... Wenn nur irgeneine Sau ein kleines bisschen den Mund aufgemacht haette... Wenn ich mir nur nicht so sicher gewesen waere... Wenn.
Ich geh zueruck in die Pousada. Checke zum dritten Mal hier ein. Esse nochmals Fruehstuck und verziehe mich ins Hotelzimmer zum schlafen, denken, planen.
4. Februar
In einem Strasseneckencafe muss ich mir nochmals eine Extra-Portion brasilianscher Langsamkeit antun. Es hat 4 Angestellte und 4 Gaeste. Doch bis meine Bestellung nach energischem Winken ueberhaupt angenommen wird, vergehen 10 Minuten. Es gibt kein freundliches "Pois-nao". Wortlos nimmt der Typ die Bestellung entgegen, watschelt davon und teilt es der anderen Servierfrau mit. Dann setzt er sich wieder hin und haemmert sinnlos mit einem Flachenoeffner auf irgeneindenen Tisch. Der Zweite wischt ein bisschen auf dem Boden rum. Natuerlich ist es danach nciht sauberer, hoechstens besser verteilt. Der Dritte muss mein Sandwich zubereiten und reinigt nebenbei ein bisschen Gechirr. Die Servierfrau hockt an der Kasse und tippt manchmal ein paar Zahlen... Koennte es sein, dass mir genau dieses Sandwich zum Verhaengnis wird?
Ich lauf noch ein bisschen durch die Strasse, uebe schliesslich Portugisisch-Aussprache mit der Angestellten der "Bar Amazonica". Sie traeumt von der Schweiz und hat (wie so viele hier) das naive Gefuehl, dort ohne Sprachenkentnisse serioese Arbeit zu finden.
Ich krieg Magenkraempfe. Muss zurueck in die Pousada. So kann ich nicht weiterreisen. Heute ist nicht mein Tag.
Trotzdem gibts drei positive Dinge: 1. Bernard, den ich aus Maceio kenn, kommt morgen nach Sao Luis. Vielleicht hab ich damit einen Reisepartner?
2. Lua. Ich hab sie angerufen. Wir fahren morgen an den Strand.
3. Ich lerne Bruno kennen, ein alleine reisender pensionierter Schweizer, der wertvoll werden sollte...

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06 Feb 2006 11:26 #2978 von kalleman
Neeeeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiinnnnnnnnnnnnnnn! Das gibts wirklich nicht! Ja, die Schlange ist immer lang und um 8 Uhr sind sie nie fertig. Mein Zug fuhr ja erst um 10 Uhr. Und langsam arbeiten ist nur der Vorname! Dazwischen telefonieren sie noch endlos! Dafür haste jetzt Zeit, endlich mal die Stadtstrände zu besuchen! Ist ganz nett dort!

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