Euro2008

Kalle, das ist das gleiche Theater wie bei der WM in Deinem Nachbarland. Die Fanshops in den Stadien durften während der WM keine Klubartikel in den jeweiligen Farben verkaufen. Die Porsche-Arena neben dem Daimler-Stadion sollte den Porscheschriftzug entweder abbauen oder zuhängen. Das ging daneben. Den Kneipen in der Nähe ging es ähnlich, wie euren. Was da für die Kneipen ging weis ich jetzt nicht. Die Bäckerei Klinsmann soll allerdings gelitten haben.

Das ganze nimmt doch bizarre Züge an. In Basel muss ja vor den Beizen, die kein Carlsberg verkaufen wollen, eine Mauer hochgezogen werden. Nun geht es noch einen schritt weiter. Um die Sponsoren zu schützen dürfen in den Fanzonen keine T-Shirts, Hosen, Schuhe, Kappen etc getragen werden, auf denen ein Logo eines Nicht-Uefa-Sponsors klebt. Wie das nun genau aussehen soll, also wenn ich zum Beispiel mit meinen Nike-Schuhen antrabe, das weiss niemand so genau. Auf jedenfall eine weitere Lachnummer der UEFA.

Rechtlich ist das ganze heikel, weil niemand wegen seines äusseren diskriminiert werden darf. Aber wir kennen ja das bei der UEFA. Man muss sie immer zuerst vor Gericht ziehen, bis sie das einsieht.

PS: Übrigens verdient die UEFA an der EURO 1,1 Milliarden Franken (also etwa 700'000 Euro). Da sie ein "gemeinnütziger Verein" sind, ist dieser Betrag steuerfrei. -> eben, gemeinnützig....

Die deutsche Gruppe ist wohl nicht so schwer, oder?
Österreich wird zu packen sein, und Kroatien und Polen sind auch zu packen, nicht wahr?

Anke

Alles ist hier bereit. Die Stimmung dürfte aber etwas zurückhaltender als in Deutschland an der WM sein. Ist ja auch ein hoher Gradmesser. Ein Grund ist sicherlich, dass hier alles etwas kleiner ist. Von den Stadien zu den Fanarenen. Grosse Plätze im Zentrum gibt es nicht. Der ganze Tross dürfte sich über die ganzen Städte verteilen. Dazu soll das Wetter während der ganzen EM so ziemlich nass bleiben. Ich habe heute mal die Stadt abgefahren. Die Zürcher haben es doch tatsächlich geschafft (haben ja erst das JAhr 2008), endlich an den Tramhaltestellen digitale Bildschirme aufzustellen, wo man die nächsten Abfahrtszeiten der Trams sehen kann. Aber die Minute, die dort angegeben ist, kann manchmal eine seeeeehhhr lange Minute sein...
Soweit ich weiss ist auch bei unseren lieben Nachbarn alles bereit fürs Turnier. Es ist ja vorallem dem Charme der Österreichern zu verdanken,dass das Turnier in die Alpen stattfindet. Und so schlecht werden die auch nicht spielen! Also ihr Deutschen, unterschätzt sie ja nicht!

Im Hauptbahnhof haben sie überdimensionierte Fussballspieler aufgestellt. die gehen bis ans DAch, dürften also gut 30 Meter hoch sein. Der Ballack ist auch dabei. Sieht echt cool aus. Ansonsten wurde in der ganzen Stadt erst aufgestellt. Viel gab es also noch nicht zu sehen.
Das ganze Land ist zugeplastert mit den Sponsoren; MCDonalds und Carlsberg gebähren sich besonders aggressiv.

Italien, Deutschland und Frankreich sind ja nur einen Katzensprung von den Sportstädten entfernt, dazu leben sehr viele Italiener, Portugiesen und Spanier in der Schweiz. Die Portugiesen sind mir schon früher als sehr patriotisch aufgefallen. Ihre Fahnen hängen meist das ganze Jahr. So sieht man in den Strassen neben den Schweizer Fahnen vorallem portugiesische. Das wird sich morgen ganz bestimmt ändern. Dann wird das ganze Land ein rotes Meer werden.

Die UEFA hat sich ganz schön den Ruf ruiniert. Der ganze "gemeinnützige Verein" scheint nur aus Juristen zu bestehen, die auf jede Kleinigkeit gleich mit dem Gang vor Gericht drohen. Die Reisen durchs LAnd auf und ab und achten streng darauf, dass auch ja ihre Sponsoren geschützt werden und niemand ihr Logo unbefugt benutzt. Dabei klagen sie sofort, auch mit schwachen Gründen und bei unsicherer Rechtslage. Aber da haben sie Pech im Land der freiheitsliebenden Menschen. Wenn da jemand deren Frieheit beschränken will, zum Beispiel die Freiheit sein Lieblingsbier zu trinken, macht man hier gleich den Igel und fährt seine Stacheln aus. Das musste ja die EU auch schon erfahren. So kam es zu etlichen Gerichtsverfahren, welche die UEFA zumeist verlor, aber immer an die höhere Instanz weiterzog. Deswegen sind die meisten Verfahren noch beim Bundesgericht hängig. Hinter vorgehaltener Hand munkelt man, dass die UEFA wahnsinnige Angst vor hohen Konventionalstrafen hat, falls sie die Sponsoren nicht schützt.

Weiter ist man hier gewaltig auf die UEFA sauer, weil sie den Reichen und Möchtegernpromis derart viele Tickets zugeschanzt hat. Und definitiv versaut hat sie sichs mit den Eidgenossen, weil alle Kosten der Steuerzahler zu berappen hat, die UEFA zahlt nichts. Von den Einahmen sieht der Steuerzahler nichts, er darf für alles nochmals blechen, die UEFA aber kassiert alles ein. Hier munkelt man aber hinter vorgehaltener Hand, dass es bei diesem Punkt innerhalb der UEFA ein interner Streit ausgebrochen ist. Offenbar finden es selbst Mitarbeiter der UEFA diese Abzockete zu dreist.

So, heute aber zum letzten Mal geschumpfen. Morgen geht es los, alles ist bereit! Hoffentlich geht alles gut und das beste Team wird EUROPAMEISTER!

Hallo Kallemann,

vielen Dank für Deinen Eindruck.

Es wird sicherlich ein interessantes Fußball-Fest und Dank der WM 2006 gibt es auch bei uns zum Glück das eine oder andere Public Viewing. Ich werde übermorgen in meine alte Heimatstadt (Recklinghausen) fahren und auf dem dortigen Ratshausplatz mit meiner Freundin (Polin) ) das Fußballfest genießen. 15.000 Zuschauer werden erwartet, für eine Kleinstadt nicht schlecht.

Apropos UEFA, das liest sich fast wie die Aktionen der FIFA zur WM 2006. Da hatten wir ja im Forum auch ausführlich drüber diskutiert. Für die beiden Verbände geht es halt um nix anders als um Geld.

Bin gespannt wie weit die Schweizer kommen, haben ja eine ganz gut Truppe zusammen. Interessant wird vor allem das Spiel gegen die Türkei Ob die Vergangenheit vergessen ist?

Ich bin heute Abend mal die Fanzone abgelaufen. Ich kann natürlich nur Zürich mit Leipzig vergleichen. Vorneweg, Bern ist hochverschuldet, die Preise sind tief, die Leute gemütlich, Geld ist nicht so wichtig, Geselligkeit schon mehr. Zürich ist genau das Gegenteil. Hier wird extrem viel Kohle gemacht und verdient. Bei einem Bier für 5 Euro schüttelt der Berner nur den Kopf,der Zürcher kauft es (um mit seiner Kaufkraft protzen zu können). In Zürich muss alles gross, international, prestigeträchtig und toll sein - und vorallem Geld abwerfen.

Zürich hatte ja als einzige Stadt grosse Mühe, beinahe wäre die EM an Zürich vorbeigegangen. Natürlich musste Zürich das gigantischte Stadion haben, dies wurde aber durch Baueinsprachen verhindert. Deshalb haben sie nun nur ein sehr schlichtes Stadion mit Tartanbahn ums Feld. Es ist zwar ein schönes Stadion, aber kein richtiges Fussballstadion.

(Ich nehm die Kamera erst morgen mit) Es ist ganz anders als in Leipzig. Leipzig hatte auf dem Augustinerplatz zwei riesige Public-View-Arenen, die Fanzone hingegen war klein aber fein. Hier in der Schweiz sind dies die UBS-Arenen. Sie sehen aus wie Stadien, mit Sitz- und Stehplätzen. Es gibt hier nicht eine Fanzone, sondern fast schon ein Fanquartier. Das Limmatquai, Bellevue, Bürkliplatz, Altstadt, alles voll von Kneipen und Discos. Dieses riesige Partyareal wirkt auf mich nach dem ersten Eindruck etwas gar kommerzialisiert und etwas zu gross. Ich hatte diese kleine beschauliche, etwas persönliche Fanzone in Leipzig doch sehr lieb gewonnen, hier wirkt es auf mich etwas unpersönlich. Aber die Frage ist natürlich, wieviele Fans kommen. Wahrscheinlich würde eine kleine Fanzone aus allen Nähten platzen.

Für eine grosse Dose Bier verlangen sie hier 4 Euro. Diese preisliche Obergrenze wurde von der Stadt befohlen, aus Angst, dass Zürichs Barbetriebe kräftig abzocken und Zürichs Ruf ruinieren. Natürlich geht niemand drunter.

Ach ja zur Schweizer Mannschaft. Sie ist nicht mehr so stark wie an der WM. Haben sie an der WM kein Tor bekommen, ist die Abwehr nun einiges löchriger geworden. Aber das viel grössere Problem ist die Angriffsauslösung. Hat Barnetta einen schlechten Tag und Frei fehlt, ist niemand mehr da, der Druck nach vorne machen könnte. Zudem liegt die Frau von Köbi Kuhn (Trainer) nach einem Zusammenbruch schon seit Tagen auf der Intensivstation. Man sieht Kuhn an, dass er voller Sorge um seine Frau ist, mit der er seit 43 Jahre verheiratet ist.

Ich denke, die Tschechen und Türken liegen durchaus in Reichweite der Schweiz, denn man darf nicht vergessen, dass auch die Schweizer einige "Kaliber" in ihren Reihen hat. Inler zum Beispiel wurde ins Team der Saison in Italien gewählt. Aber die "grossen" Nationen werden zu stark sein. Natürlich träumen und reden alle hier vom Titel, aber man hat hier nicht vergessen, dass wir nur eine kleine Fussballnation sind, die in den letzten Jahren sehr viel erreicht hat. Aber viel wichtiger ist die Freude am Turnier.

Das Türkenspiel hat hier keiner Vergessen und auch nicht die Türken in der Schweiz hier. So richtig freut sich niemand auf das Spiel. Hier ist Fussball Fussball, mehr nicht. Aber bei den Türken scheint es immer um mehr zu gehen. Dazu muss man halt auch wissen, dass sich diese beiden Länder noch nie wirklich gerne hatten. Die Schweizer mögen ein gemütliches, ruhiges Volk sein, aber wenn es um Fussball oder ihre Freiheit geht, können sie durchaus explodieren. (Morgen wird es hier abgehen.) Die Türken hatten diese helvetische Energie ganz sicher unterschätzt. Der türkische Trainer, ein Heissporn, ein wirklich mieser Sack, der schon beim Hinspiel abartig unsportlich verhielt und der Drahtzieher der ganzen Schweinerein war, bekam ja von uns auch gehörig sein Fett ab und dürfte hier die wohl unbeliebteste Person sein, noch hinter Georg W. Bush. Und das weiss er. Den Türken in der Schweiz sitzt das ganze in den Knochen. Sie haben die damalige heftige helvetische Reaktion nicht vergessen, wohl deshalb sind sie auffallend zurückhaltend. Man sieht kaum Türkenfahnen, was für Türken doch eher unüblich ist.

Ich bin mir ganz sicher, dass die türkische Hymne ausgepfiffen wird. Ansonsten wird es wohl sehr friedlich verlaufen. Die Türken werden zwar wieder beleidigt sein, aber kein Interesse daran haben, sich nochmals den Ruf ruinieren zu lassen. Die Schweizer werden sich friedlich verhalten.