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Der härteste Lauf des Lebens: Bei minus 15 Grad den inneren Schweinehund besiegen!

 
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Wer geht nicht mal gern an die Grenzen?! Seit meiner Kindheit wandere und jogge ich unglaublich gern, und der zehn Kilometer lange Silvesterlauf im Plänterwald war immer Pflicht. Dazu mal ein Berglauf, ein Stunden-Paarlauf, ein Halbmarathon auf der Insel Hiddensee oder halt eine 40-Kilometer-Tageswanderung durch das Umland von Berlin. Wenn ich jemanden berichten müsste, was mein härtester Lauf meines Lebens war, muss ich gar nicht lange überlegen. Die 30-Kilometer-Runde von Neuenhagen aus über Atllandsberg bis zum Bötzsee und zurück. Vielleicht waren es sogar paar Kilometer mehr, so exakt ließ sich das damals gar nicht feststellen. Es handelte sich um keinen Wettkampf, sondern um ein Läufchen ganz auf eigene Faust. Zu zweit. Und nun kommt´s: Bei gefühlten minus 20 Grad Celsius. Das Thermometer zeigte irgendwas zwischen 12 und 15 Grad minus an, beim Wind wurde das Ganze noch weitaus übler.

Da die Runde an sich landschaftlich wirklich top ist, werde ich sie kurz vorstellen. Sie muss ja nicht bei Schnee und Eiseskälte absolviert werden. Damals Ende der 1990er bastelten wir zu viert an zwei Segelbooten, und um fit zu bleiben und mal den Kopf abschalten zu können, ging es abends immer wieder auf die 10-km-Runde über Fredersdorf und Altlandsberg. An jenem Wintertag wollten Raimar und ich mal ein Schippchen drauf legen. Ach komm, versuchen wir es bis zum Bötzsee zu kommen!

Laufschuhe geschnürt, Mütze auf - los geht´s! Bereits nach zwei, drei Kilometern merkte ich, dass es ein Problem gab. Dummerweise hatte ich Boxershorts an, und durch die Polyester-Jogginghose pfiff der Wind gnadenlos um die Beine. Wie blöd konnte man sein? Doch anstatt mal fix umzukehren und umzusatteln, liefen wir einfach weiter. Wir folgten dem Weg von Neuenhagen / Elisenhof nach Altlandsberg, erreichten bald die alten halbverfallenen Scheunen, und hinter der Stadt schnürte ich das weiße Tuch, das ich zwei Jahre zuvor aus Ägypten mitgebracht und nun um den Hals gelegt hatte, ähnlich wie eine Windel unter die Boxershorts. Mir war es schnurz, wie das aussah - Hauptsache, es fror unten rum nix ab. Viele Leute entgegen kamen uns bei dieser eisigen Kälte eh nicht.

Von Altlandsberg aus ging es anfangs über die Felder und später durch das Waldgebiet geradewegs nach Spitzmühle. Als Highlight der Tour wurde nun die komplette Runde um den Bötzsee gedreht. Am südlichen Ende des Sees hatte ich von 1982 bis 1984 drei Aufenthalte im Betriebsferienlager in Eggersdorf. Damals gingen wir als Kinder immer an der Badestelle ins Wasser, zudem gab es die eine oder andere Nachtwanderung zum düsteren Ufer des Sees. Leider gibt es in der Gegenwart keine Einkehrmöglichkeit in Postbruch, das sich am östlichen Ufer des Bötzsees befindet.

Damals allerdings noch geöffnet war eine Lokalität in Spitzmühle. Nachdem die Runde um den See absolviert war, kehrten wir dort rasch ein und schlürften eine heiße Brühe. Zu lange durfte das Päuschen allerdings nicht dauern, denn zum einen wurde es draußen bereits dunkel, zum anderen wären wir überhaupt nicht mehr in Gang gekommen. Die Strecke zurück bis nach Neuenhagen wurde ein echter Ritt. Meter für Meter arbeiteten wir uns durch den düsteren Wald. Dank des liegenden Schnees war es jedoch nicht schwer, auf dem Weg zu bleiben.

Der letzte Abschnitt von Altlandsberg bis nach Hause wurde schlichtweg der Hammer-Brocken. Die Beine waren fest, immer wieder verrutschte mir das weiße Tuch zwischen den Beinen. Irgendwann hing der eine Zipfel im Hosenbein nach unten. Ich gab es auf. Lass ihn hängen. Also den Stoff. Alles andere hing eh nicht mehr, sondern hatte sich quasi im Unterleib zurückgezogen. Besser war auch!

Noch drei Kilometer, noch zwei Kilometer. Wiesengrund war bereits erreicht. Wie in Trance liefen wir die restlichen Meter, warfen die Klamotten ab und gingen heiß duschen. Danach ging gar nix mehr. Nichts! Wir lagen quer über den Sesseln und konnten die Beine nicht mehr bewegen. Sei es drum. Eine schwere Erkältung oder gar eine Blasen- oder Nierenentzündung hatten wir uns nicht eingefangen. Das nächste Mal werde ich diesen Kanten eher im Sommer in Angriff nehmen, denn kann man am waldigen Ufer des Bötzsees mal zwischendurch ins Wasser hüpfen…

Fotos: Marco Bertram

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