Iron Curtain Trail: Radtour durch Deutschland

120 Kilometer am Stück...

Das Wetter war prächtig, und ich befürchtete, dass es nicht mehr lange so bleiben würde.
Ich versuchte, so lange und so weit wie möglich zu fahren. Dabei durfte ich nicht vergessen, alles im Auge zu behalten, genügend Notizen zu machen und viele Fotos anzufertigen...
Doch da die Route bereits vorher in groben Zügen bis ins Detail von mir ausgearbeitet wurde, klappte dies ganz gut.
Im Morgennebel verließ ich Weimarschmieden in Richtung Oberfilke und Hermannsfeld, wo auf einem Hügel ein riesiges Kreuz neben einem ehemaligen Beobachtungsturm der DDR-Grenztruppen steht.
Bei Henneberg an der B19 begutachtete ich die Goldene Brücke und den bunten Skulpturenpark. Ich war angenehm überrascht!
Über Berkach und Behrungen ging es weiter nach Zimmerau, Erlebach, Billmuthausen, Bad Rodach, Görsdorf und Weißenbrunn bis hin nach Neustadt bei Coburg.
Eine Qual war der Anstieg von Fischbach nach Höhn kurz vor Neustadt.
In Neustadt ließ ich mich im Hotel am Markt nieder. Ich verließ das Zimmer nicht mehr, aß sämtliche Riegel aus der kleinen Zimmerbar und legte nur noch die Beine hoch...
Ich fühlte mich wie bei den Bergetappen der Tour de France. Am nächsten Tag um 9 ging es flott weiter. Die Angst vor Sturm und Regen in den dortigen Bergen trieb mich voran. Darauf hatte ich keine Lust. es war Herbst, und noch hatte ich mit dem Wetter mehr als Glück...

Naturpark Frankenwald

Ich nahm jeden Bogen der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze mit und fuhr erst bei Haßlach in Richtung Norden - in Richtung Ludwigsstadt. Der große Bogen um Ludwigsstadt war bereits 2003 bei der Wanderung ein hartes Stück Arbeit. Mit dem Rad war es nicht ganz so mühsam. Mal ging es eben voran, doch von Kleintettau nach Ebersdorf war wieder mühseliges Schieben angesagt. Steigungen bis zu 18% waren während der Tour keine Seltenheit...
Von Ludwigsstadt ging es über Lauenhain hinüber nach Brennersgrün und von dort aus auf dem Radweg des Rennsteigs nach Blankenstein. Es ging gut voran, und erst bei Eienbühl und Rudolphstein wurden meine Nerven arg wegen der abartigen Steigungen der dortigen Straßen geprüft. Der Flüsigkeitsbedarf war immens, die Anstrengungen waren beachtlich.
Ich staunte nicht schlecht, als ich von Hirschberg weiter nach Mödlareuth fahren wollte, und ich ein Schild mit der Aufschrift 20% sah.
Das war der "Gipfel" der gesamten Tour. Doch es gab kein umgehen. Hirschberg und Mödlareuth sind wichtige Punkte auf der Strecke - ich musste zu später Stund dort noch durch, oder vielmehr hoch...
20% sind mit einem beladenen Rad schon eine echte Wucht, doch wenn man kleinere Etappen fährt und frisch ist, mögen auch diese kein Problem bedeuten...
Kurz vor Mödlareuth suchte ich Unterschlupf im dortigen Gasthaus. Ich hatte Löwenglück, ich bekam das letzte Zimmer, und im weiten Umkreis war wohl auch nichts zu bekommen. Der Grund: Bauarbeiten an einer Autobahn, und viele Arbeiter nächtigen in den Gasthäusern der Umgebung.
Mir wurde das beste Essen der gesamten Tour serviert: Wirklich frische Entenkeule mit Rotkohl und Klößen. Als Nachtisch Eierkuchen mit Apfelmus... :wink:

Das Finale

Bei toller Stimmung rollte ich nach Mödlareuth und konnte dort schöne Stimmungsbilder anfertigen.
Über Felitzsch und Trogen (eine Flasche Sekt erwarb ich bereits dort) fuhr ich in Richtung Gassenreuth. Dort ging es zum Abschluss mal 2 Kilometer auf dem Kolonnenweg entlang. Anschließend wählte ich die Straße nach Nentschau und Prex.
Mein Herz schlug höher: PREX näherte sich. Diese Ortschaft wurde bereits Kult, als Karsten und ich von Prex nach Priwall wanderten.
Hinter Prex geht es nach Oberzech und von dort aus zum Dreiländereck.
Erwartungsvoll trudelte ich auf der dortigen Wiese ein, öffnete die Flasche Sekt, ließ es schäumen und zelebrierte eine echte Ein-Mann-Party.
Ich jubelte, feierte und fotografierte.
Es war geschafft - auch wenn die echte Arbeit der "Aufarbeitung" der Radtour noch folgt.

Heimkehr...

Wie schnell Stimmungen kippen können, erlebte ich in Oelsnitz.
Froh und extrem gut gelaunt erreichte ich die sächsische Stadt und fuhr zum dortigen Bahnhof.
Dort erwartete mich die pure Tristesse. Kein Automat, ein verrammeltes Bahnhofsgebäude, keine Menschenseele - der nächste Zug in Richtung Leipzig in knapp vier Stunden.
Ich tobte. Ich war außer mir. So hatte ich mir die Heimfahrt nicht vorgestellt. Besonders die Tatsache, dass es nicht einmal einen verdammten Automat für das Ticket und eine Fahrverbindung gab, ärgerte mich maßlos...
Ich dachte nicht weiter über diese Tatsache nach und radelte gleich weiter nach Plauen. Dort funktionierte nicht der Automat und ich musste an den DB-Schalter, aber egal - mein Zug fuhr in wenigen Minuten, und wenig später saß ich - wieder froh und entspannt - im RE nach Leipzig...

Es grüßt Marco D D