Nikolaus-Alarm bei Alemannia Altdöbern vs. Großräschen: Pyro, Boxereien und dann versackt

Wo liegt Altdöbern? Ist das ein Kaff, an dem sich Fuchs und Hase (und eventuell auch Frau Elster) gute Nacht sagen? Bei aller Liebe, aber davon hat man ja noch nie gehört. Etwas anders verhält es sich mit Großräschen. Also zumindest bei mir persönlich. Als zu DDR-Zeiten meine Eltern mit mir im weißen Skoda gen Bezirk Dresden kutschten, fuhren wir auf der holprigen Betonautobahn am Abzweig Großräschen vorbei. Und ich erinnere mich genau, wie ich damals mein Hirn zermarterte. Wie mag wohl diese Ortschaft ausgesprochen werden? Das „s“ extra betonen wie beim „Häschen“? Oder eben nicht? 30 Jahre später komme ich nun in den Genuss, über die Kleinstadt im Lausitzer Seenland, oder besser gesagt über den dort ansässigen Fußballverein, einen schmucken, angemessenen Bericht zu schreiben. Derby im dortigen Landkreis. Der SV Großräschen, einst BSG Aufbau Großräschen, zu Gast beim rund acht Kilometer weiter nördlich gelegenen SSV Alemannia Altdöbern. Und das am Nikolaustag!

Die Großräschener Gruppierung „Blue Pirates“, die bereits im Jahr 2002 ins Leben gerufen wurde, hatte mobil gemacht. Und wer jetzt bereits beim Lesen abfeiert oder abwinkt, weil man sich fragt, was oder wer bitte schön dieses Großräschen ist, dem sei gesagt: Als BSG Aufbau Großräschen schnupperte man einst in den 1970ern sogar zweimal DDR-Liga-Luft (zweithöchste Spielklasse). Nach dem Fall des deutschen Raumteilers (so wurde wahrlich von einigen Mauer und Grenze genannt) fusionierte Aufbau Großräschen mit Aktivist Großräschen-Süd zum SV Rekord Großräschen. Das „Rekord“ wurde (leider) im Jahr 1994 aus dem Vereinsnamen entfernt. Sportlich beheimatet ist der SV Großräschen in der Brandenburger Landesklasse Süd. Gemeinsam mit dem unbeliebten Nachbarn SSV Alemannia Altdöbern.

Bei den letzten Aufeinandertreffen hatte es immer wieder mal geschmokelt und auch dieses Mal sollte der Auswärtsauftritt recht bunt und lebhaft werden. Also nichts wie hin mit den kundigen Fotografen und angeschnuppert, was dort wohl gehen mag. Auf dem Schienenweg, die Bahn fährt einen nördlichen Bogen, ging es direkt vom Weihnachtsmarkt Großräschen zum Sportplatz Altdöbern. 30 Mann als Nikolaus. Mit roten Mänteln, zum Teil mit weißen Bärten und schwarzen Gürteln, alle mit Sack - ach nein, lassen wir das mal. Auf jeden Fall mit dabei das Banner mit der Aufschrift „BP 02 - Blue Pirates Großräschen“, das zentral an einem Geländer befestigt wurde.

Der heimische Nachwuchs rieb sich die Augen beim gebotenen Anblick. Geschenke hatte die Nikolaus-Truppe auch dabei. Diese waren jedoch nur rein optischer Natur. Angerissen das Zeug und für Stimmung gesorgt! Rötliche Fackeln und blaue Rauchtöpfe ergaben einen netten Anblick. Nicht wirklich zufrieden zeigten sich die Ordner, die dem bunten Treiben ein Ende bereiten wollten. Allerdings gilt: Wer dem Nikolaus auf die Finger haut, muss mit entsprechenden Reaktionen rechnen. Als ein Ordner einem zündelfreudigen Nikolaus die bengalische Fackel aus der Hand schlagen wollte, geriet der Mob in Wallung. Boxereien und Rangeleien am Rande des Sportplatzes. Biertropfen flogen durch die Luft, ein Nikolaus packte herzhaft zu und versuchte den Ordner niederzuringen. Die entstandenen Bilder sprechen Bände. Was soll man dazu sagen? An Skurrilität nicht zu überbieten! 

Nicht lustig fand der Verein die vorweihnachtlichen Kampfeinlagen. Kurzerhand wurde die Polizei gerufen, die sogleich mit fünf Fahrzeugen (zehn Beamte) anrückte. Die angerückten Einsatzkräfte blieben bis zur 80. Minute. Nach einer Ansprache düsten diese wieder noch vor Spielschluss ab. Weitere Nikolaus-Riots sollte es an diesem Nachmittag nicht mehr geben. Nachdem in der Schlussphase noch der Ausgleich zum 2:2 hingenommen werden musste, gab es nach Abpfiff noch ein paar Pöbeleien in Richtung Heimzuschauer, von denen wohl gerade einmal fünf aktiv zu Gange waren. Wie es an diesem Tag noch weiter ging? Ist doch klar. Mit der Eisenbahn ging es stilvoll zurück nach Großräschen, wo auf dem dortigen Weihnachtsmarkt in bester Nikolaus-Manier versackt wurde.

Fotos: Los Misenas

> zur turus-Fotostrecke: SSV Alemannia Altdöbern vs. SV Großräschen