„Die lassen die schönen Gebäude verkommen, um dort später alles abreißen zu können. Vielleicht kommen ja dann dort auch Windräder hin. Wir bemühten uns um ein Objekt, aber wir dürfen nichts machen.“, meint ein Spieler vor dem Heimspiel der SG Blau Weiß Altes Lager. Heute hat die SG Blau-Weiß Altes Lager wieder ein Heimspiel in der Kreisklasse Fläming. Die Sportgemeinschaft zog schon mehrmals um. Die Vorgängersportplätze existieren schon gar nicht mehr. Aktuell spielen sie im Stadion der ehemaligen technischen Fliegerschule. Die preußischen Militärbauten wurden nach dem Krieg von den Sowjets genutzt und nun verfallen sie – zugewachsen wie bei Dornröschen und die Dächer mit Löchern.
Eintauchen in eine andere Welt zwischen Ruinen und Ultras: Fußball bei SG BW Altes Lager
Für Gäste ist es ein ungewohnter Anblick. Im Ort biegt man hinter der Kaserneneinfahrt ab, passiert danach eine Reihe auseinander fallender Häuser und kommt dann zum Stadion. Früher war das alles Sperrgebiet. Das Dach der gegenüberliegenden Turnhalle ist so eine Art Tribüne. Ein Blick durch die vernagelten Fenster lässt noch russische Schrift an den Wänden erkennen. Die Verankerungen der Sprossenwände halten sich noch immer. Auf der Gegengerade verdeckt ein inzwischen gewachsener Busch ein altes russisches Wandbild mit Sportlermotiv. In den Räumlichkeiten, die die Kulisse bilden, soll es sogar noch propagandistische Bilder von Lenin und anderen geben. Die letzten Überbleibsel der sowjetischen Besatzungszeit, die eigentlich 1990 endete. Wann wird wohl der letzte Besatzer endlich seine Taschen packen und die Deutschen nicht mehr den Geist schädigenden Sitcoms aussetzen? Wann ist endlich Schluss mit der Heuchelei von offizieller Seite, wenn ein kriegswütiges Segelohr den Friedensnobelpreis bekommt? Wann hört endlich der Kult um Stars und Sternchen auf? Die Liste der Einflüsse von Onkel Sam ist so lang wie die Fahnenstange des Stadions.
Aus den mittlerweile rostigen Fackelträgern schlagen schon seit mindestens 25 Jahren keine Flammen mehr. Darunter bringen gerade die Ultras der SG Blau-Weiß ihr Banner an. Blau-Weiß Altes Lager ist anders. Das merkt man nicht nur am Stadion. Von den 44 Zuschauern sind die Rentner deutlich in der Unterzahl. Vorwiegend die Jugend versammelt sich hier. Die größte Überraschung ist die Tatsache, dass hier eine Frau auf der Trainer-Bank sitzt und die Mannschaft in den blau-weiß gestreiften Trikots dirigiert! Die Reserve aus Ruhlsdorf geht schon früh durch ein glasklares Abseitstor in Führung. Die Stimmung wird dadurch gut angeheizt. „Ey, bist du Pink Panther oder Schiedsrichter?“, lautet eine Anspielung auf das etwas ausgeblichene, ehemals knall-violette Trikot des Leitenden, der ohne Assistenten auskommen muss. „Ich kann dir zeigen, wie man boxt!“ – Die Zuschauer grinsen. Zu ernst darf man das hier nicht nehmen.
Das ist romantischer Kreisklasse-Fußball, obwohl die Trainerin zwischendurch ein „Hört auf mit dem Gebolze und spielt endlich Fußball“ einwirft. Für Ästheten ist das Spiel nicht wirklich ein Vergnügen. Der Ball wird oft einfach nur in die Höhe gedroschen. Die kleinen quirligen Stürmer haben eigentlich keine Chance gegen die Hünen der RBC-Abwehr. Trotz Pausen-Zigarette haben die Blau-Weißen die bessere Puste und die immer langsamer werdenden Gäste geraten im alten Militär-Stadion unter blau-weißen Beschuss. In den Schlussminuten dreht Altes Lager noch das Spiel.
Ein Auswärtsspiel bei der SG ist interessant. Gäste sollten wirklich etwas Zeit mitbringen, um etwas die Umgebung mit seiner Heidelandschaft, Eichenwäldern und Bergen erkunden zu können. Die warmen Strahlen der Septembersonne ließen die lilafarbenen Blüten des Heidekrauts noch einmal richtig zur Geltung kommen. Beim Verlassen des Ortes grüßt noch einmal der rote Stern herüber und macht Appetit auf Soljanka, Tschebureki und Kwas.
Fotos: Michael