KS Karkonosze Jelenia Góra vs. Orkan Szczedrzykowice: Fünftligafußball mit einigen Facetten

MB Updated 28 Oktober 2018
KS Karkonosze Jelenia Góra vs. Orkan Szczedrzykowice: Fünftligafußball mit einigen Facetten

KSKRund 80 Minuten vor Anpfiff deutete im neu renovierten Stadion Miejski wirklich nichts darauf hin, dass hier am Samstagnachmittag ein Fußballspiel der polnischen IV Liga grupa dolnośląska (Niederschlesien) stattfinden würde. Zwar war der Haupteingang zum Gelände geöffnet, doch am Stadion selbst verlor sich noch kein Mensch. Kein Spieler, kein Zuschauer, wirklich niemand. Erste Zweifel kommen auf. Der richtige Zeit, der richtige Ort? In der vergangenen Saison musste der Fünftligist Klub Sportowy Karkonosze Jelenia Góra seine Heimspiele im Stadion Cieplice austragen, da das Stadion Miejski nahe des Hauptbahnhofs von Jelenia Góra (Hirschberg) eine nagelneue Tribüne samt Funktionsräumen erhielt. 

Jelenia GoraZwar gehört Cieplice Śląskie-Zdrój (Bad Warmbrunn) seit 1975 zur Stadt Jelenia Góra, gelegen im Vorland des Riesengebirges, doch befindet sich das marode Stadion Cieplice von der Innenstadt Jelenia Góras aus gesehen nicht gerade um die Ecke. Kein Wunder also, dass die Heimspiele von KS Karkonosze – immerhin sprechen wir nur vom Fünftligafußball – noch spärlicher besucht wurden als in der gewohnten Heimstätte. Die neue Haupttribüne des Stadion Miejski kann sich wahrlich sehen lassen. Sie schreit förmlich nach Viertligafußball. Es wird Zeit, dass KS Karkonosze – immerhin hat Jelenia Góra über 80.000 Einwohner – nach Jahren in der IV Liga und von 2005 bis 2007 sogar in der Klasa okregowa (sechste Spieklasse) – endlich einmal eine Stufe höher spielt!

Jelenia GoraDass der Verein durchaus Zuschauerpotential hat, durfte in den vergangenen Jahren vor allem bei den Duellen gegen den Rivalen Górnik Wałbrzych bewundert werden. Dieser Verein spielt inzwischen zwei Klassen höher in der Gruppe West der II Liga (hinter der Ekstraklasa und I Liga die dritthöchste polnische Spielklasse). In der laufenden Saison sah es in Sachen Aufstieg für KS Karkonosze zwischenzeitlich richtig gut aus. Das wurde auch von der Anhängerschaft prompt honoriert. Gegen Kuźnia Jawor kamen am 22. März immerhin 500 Zuschauer. Diese wurden mit einem flotten 3:0-Sieg für ihr Kommen reichlich belohnt. Das darauffolgende Auswärtsspiel bei Olimpia Kowary sahen 1.200 Fußballfreunde, Jelenia Góra gewann die wichtige Partie mit 1:0. Anfang April dann der leichte Einbruch. Zuerst nur ein mageres 0:0 gegen Miedź II Legnica, dann eine ärgerliche 0:1-Niederlage bei LZS Stary Śleszów. Der Abstand zum Tabellenführer KP Brzeg Dolny wurde wieder größer, die Aufstiegsträume können ziemlich sicher wieder abgeschrieben werden.

KSKAm vergangenen Samstag war das im Mittelfeld befindliche Team von Orkan Szczedrzykowice zu Gast im Stadion Miejski. Und dass auch wirklich um 16 Uhr gespielt wurde, konnte kurz nach 15 Uhr mit einem leichten Aufatmen zur Kenntnis genommen werden. Die ersten Spieler fuhren mit den Autos vor, vereinzelte Zuschauer nahmen auf den weißen und grünen Sitzschalen Platz. Kurz vor Anpfiff war sogar ein kleiner Zuschauerstrom zu sehen, am Ende waren es schätzungsweise 300 Neugierige, die größtenteils auf der neuen Haupttribüne, zu kleinen Teilen aber auch auf den alten unüberdachten Bänken im weiten Rund saßen bzw. standen. Das Stadion Miejski bildet eine interessante Mischung aus rauer Vergangenheit und moderner Gegenwart. An den maroden Mauern der Gegengerade ist manch ein Graffiti zurückliegender Zeiten zu sehen. „KSK Hools Squad“, „Bedzie jest i biła – Hools Squad Karkonoska siła“ (Sie hat geschlagen und wird schlagen – die Hool-Truppe von Karkonosze) sowie „Biało niebieska Armia" (die weiß-blaue Armee). In Kombination mit den alten Sitzbänken und dem kleinen alten Zugangstunnel der Gegengeraden stimmt das polnische old-school-Ambiente. Um hübsche Fotos anzufertigen, eignet sich diese Spielstätte durchaus.

CiepliceWährend beim zuletzt im Stadion Cieplice gesehenen Heimspiel von KS Karkonosze gegen Piast Nowa Ruda der Support weitgehend ausblieb, sammelte sich am vergangenen Samstag gegen Orkan eine kernige Truppe von zirka 40 Leuten im unteren Bereich der Haupttribüne und machte fast die gesamte Spielzeit über Stimmung. Unübersehbar wurde zudem am Zaun ein großes Banner mit der Aufschrift „Władcy Sudetow“ befestigt. In der Mitte das Vereinsemblem mit dem goldenen Hirsch auf schwarzem Grund. Im Stadtwappen ist der selbe Hirsch als rote Version auf grünen Bergen auf weißem Grund zu sehen.

Jelenia GoraAuf dem Rasen legte das Team von KS Karkonosze von Beginn an eine recht ordentliche Partie hin, geriet jedoch Ende der ersten Halbzeit ziemlich unglücklich in Rückstand. Ein Teil der Fans düste daraufhin kurz ab, um draußen am Kiosk Getränkenachschub zu holen. Im Stadion selbst gab es nichts. Keinen Bierstand, kein Grillgut. Nichts. Selbst Eintritt wurde nicht genommen. Zwar stand der Eintrittspreis von 6 Złoty (1,50 Euro) im Raum, doch wirklich kassiert wurde nicht. Interessanterweise ist im Stadion auch keine einzige Werbetafel zu sehen. Nicht auf dem Spielfeld, nicht an der nagelneuen schmucken Haupttribüne. Hier lässt sich wirklich sagen: Fußball in Reinform. Ohne Schnickschnack, ohne jegliches Drumherum. Hat auch was!

KSKIn der zweiten Halbzeit konnte KS Karkonosze das Spiel drehen, die rund 40 Fans steigerten demzufolge ebenfalls ihren Support. Zu hören war so ziemlich alles, was zum polnischen Fußball eben dazugehört. Natürlich durften auch „Chuj“ (Schwanz) und „Kurwa“ (Hure) nicht fehlen. Als in der letzten Spielminute die Gäste einen Elfmeter zugesprochen bekamen und diesen zum 2:2 verwerten konnten, fanden die Beschimpfungen ihren Höhepunkt. Da der Tabellenführer KP Brzeg Dolny zeitgleich nicht über ein 1:1 gegen Kuźnia Jawor hinauskam, ist der denkbar knapp verpasste Sieg von KSK wirklich ärgerlich. Wer weiß, was sonst noch möglich gewesen wäre, zumal es am vorletzten Spieltag zum direkten Duell kommt – im Stadion Miejski von Jelenia Góra.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Bilder von KS Karkonosze Jelenia Góra

> ein Video vom Spiel auf der turus-FB-Seite

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
21 April 2014
Spielergebnis:
2:2
Zuschauerzahl:
300
Gästefans
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