Joachim Eilers holt zweites Gold am Schlusstag in London

BM Updated 06 März 2016
Joachim Eilers holt zweites Gold am Schlusstag in London

VogelDer letzte Tag der Bahnweltmeisterschaften war zweigeteilt mit einem Vormittags- und einem Nachmittagsprogramm, das es noch einmal in sich hatte. Man konnte auf Seiten des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) auf weiteres Edelmetall hoffen und rechnete dabei insbesondere mit Kristina Vogel, die im Sprint bis zum Viertelfinale eine souveräne Vorstellung abgegeben hatte. Sie traf hier in zwei Läufen auf die Neuseeländerin Natasha Hansen, die sie dann auch sicher in Schach hielt und locker ins Halbfinale einzog, das auch die Chinesinnen Tianshi Zhong gegen die Kanadierin Kate O’Brien und Lin Junhong gegen Wai Sze Lee aus Hongkong relativ sicher erreichten. Dagegen kam es im rein australischen Duell zwischen Anna Meares und Stephanie Morton zu einem hart umkämpften Rennen, das erst in drei Läufen entschieden war. Nachdem die Olympiasiegerin, mehrfache Weltmeisterin und Weltrekordinhaberin Anna Meares den ersten Lauf gewann, unterlag sie ihrer Landsmännin im zweiten, um dann den entscheidenden dritten Lauf für sich zu entscheiden.

Somit kommt es im Halbfinale zu den interessanten Begegnungen zwischen Anna Meares gegen Lin Junhong und Tianshi Zhong gegen Kristina Vogel, die hier eine harte Nuss zu knacken hat. Im Lauf der Unterlegenen des Viertelfinales um die Plätze fünf bis acht siegte etwas überraschend Natasha Hansen vor Kate O’Brien, Wai Sze Lee und Stephanie Morton.

LevyIm Programm der 1. Session am Vormittag standen noch zwei Disziplinen des Omniums der Frauen und die 1. Runde im Keirin der Männer mit den zwei deutschen Teilnehmern Joachim Eilers und Maximilian Levy. Beide gewannen jeweils ihre Läufe, wobei Maximilian Levy keinen Geringeren als den britischen Sprintweltmeister Jason Kenny hinter sich ließ und Joachim Eilers so starke Fahrer wie Pavel Kelemen aus Tschechien, Matthew Glaetzer aus Australien und Michael D’Almeida aus Frankreich ausschaltete. Über die anschließenden Hoffnungsläufe konnten sich dann Pavel Kelemen, der Franzose Francois Pervis, Nikita Shurshin aus Russland und Azizulhasni Awang aus Malaysia für die 2. Runde am Nachmittag qualifizieren. Dort trifft Joachim Eilers im ersten Lauf u.a. auch auf die starken Neuseeländer Sam Webster und Edward Dawkins, während Maximilian Levy im zweiten Lauf mit Sergii Omelchenko aus Aserbaidschan, dem Japaner Yuta Wakimoto und Chaebin Im aus Korea einige unberechenbare Gegner schlagen muss, um seinen Medaillentraum verwirklichen zu können.

uciDie vierte Disziplin des Omniums war das 500 m Zeitfahren, wo erstmals die Titelverteidigerin aus Australien Annette Edmondson auftrumpfte und den Sieg in einer Zeit von 35,095 Sekunden herausfuhr. Unerwartet stark auch die Leistung der Französin Laurie Berthon, die 35,143 Sekunden benötigte und die britische Lokalmatadorin Laura Trott auf den dritten Platz verwies. Die bislang so starke Sarah Hammer aus den USA landete nur auf Platz 10 unmittelbar vor der deutschen Teilnehmerin Anna Knauer, doch noch enttäuschender waren die Plätze 19 und 20 von Kirsten Wild aus den Niederlanden und Amalie Dideriksen aus Dänemark, zumal die Dänin als Dritte bislang so groß aufgetrumpft hatte.

Auch die 250 m mit fliegendem Start verliefen für die Dänin als 19. ein weiteres Mal enttäuschend, so dass sie ihre Podiumsambitionen ad acta legen konnte. Die Schnellste war die Kanadierin Allison Beveridge mit 13,924 Sekunden, die als einzige unter der 14-Sekundengrenze blieb. Erneut Zweite wurde Laurie Berthon wiederum vor Laura Trott, die damit ihre Siegchancen einmal mehr untermauerte. Ohne Chance blieb auch Anna Knauer, die nur 14,618 Sekunden fuhr und damit lediglich auf Rang 13 einkam. In der Zwischenwertung vor dem großen Finale mit dem Punkterennen über 25 km führt jetzt Laura Trott mit 184 Punkten vor Laurie Berthon mit 172 Punkten, während Sarah Hammer mit 166 Punkten den dritten Rang einnimmt. Mit 152 Punkten liegt auch Annette Edmondson als Vierte nicht chancenlos im Rennen, so dass am Nachmittag erneut mit einem äußerst spannenden Punkterennen zu rechnen ist. Vielleicht kann dann auch Anna Knauer, derzeit auf Platz 12 liegend mit 94 Punkten, noch Akzente setzen und sich die Leistung von Roger Kluge als Vorbild nehmen.  

Die Schlussveranstaltung am Nachmittag begann mit den Halbfinals im Sprint der Frauen, die von den beiden Chinesinnen dominiert wurden. Sowohl Lin Junhong als auch Tianshi Zhong waren ihren Gegnerinnen Anna Meares und auch Kristina Vogel überlegen und zogen in ein rein chinesisches Sprintfinale ein. Für die bislang so souveräne Kristina Vogel langte es nicht zur Titelverteidigung, aber ihre Leistung in den zwei Läufen mit jeweils äußerst knappem Ausgang war jeder Kritik erhaben. So kam es im Kampf um Bronze wie schon im Achtelfinale zum Aufeinandertreffen mit Anna Meares, die sie im ersten Lauf mit einer Länge Vorsprung klar distanzierte und auch im zweiten von der Spitze aus nichts mehr anbrennen ließ. Nach Gold im Keirin gab es nun noch Bronze im Sprint und damit reicherte sie ihre Medaillensammlung weiter an. 

goldDas Finale um Gold wurde ebenfalls in nur zwei Läufen entschieden, wobei den ersten Tianshi Zhong nur ganz knapp gewinnen konnte und ihre Landsmännin im zweiten Lauf durchaus auf Revanche hoffen durfte. Aber die leicht favorisierte Tianshi Zhong ließ dann Lin Junhong keine Chance mehr, als sie den Spurt anzog, ihre Kontrahentin nicht mehr imstande war gegenzuhalten und sie unangefochten die Ziellinie als neue Titelträgerin überquerte.    

In der 2. Runde des Keirinrennens der Männer zeigte Joachim Eilers im ersten Lauf eine ganz starke Leistung, übernahm relativ früh die Spitze, die er mit einem langen Spurt nicht mehr abgab und kurz vor dem Ziel noch etwas Tempo herausnehmen konnte. In nahezu gleichem Stil siegte auch Maximilian Levy in seinem Lauf, der ebenfalls rechtzeitig die Führung einnahm und diese bis zum Ziel souverän behauptete. So standen beide im Finale, während für so großartige Spezialisten wie Francois Pervis und Pavel Kelemen nur der Lauf um Platz 7 übrig blieb, den schließlich Sergii Omelchenko vor Nikita Shurshin gewann und ein Francois Pervis nur abgeschlagen Letzter wurde. Im Finale um Gold machte Joachim Eilers die Sensation perfekt und holte sich seine zweite Goldmedaille bei diesen Weltmeisterschaften, als er in gleichem Stil zwei Runden vor Schluß die Führung übernahm und auch nicht mehr vom stark aufkommenden Edward Dawkins gestellt werden konnte. Das Ergebnis war knapp, aber das Zielfoto gab dann doch den Beweis, dass der Deutsche der Sieger war. „Ein Traum sind diese Weltmeisterschaften für mich“, bestätigte der sympathische Deutsche im Interview unmittelbar vor der Siegerehrung. Für einen ebenfalls gut aufgelegten Maximilian Levy blieb in diesem hochkarätigen Feld hinter Azizulhasni Awang „nur“ der vierte Platz übrig. 

lauraIn der abschließenden Disziplin des Omniums der Frauen ließ die führende Laura Trott keine Überraschung mehr zu, siegte gleich im ersten Wertungsspurt und gewann nach der Silbermedaille im Vorjahr vor heimischen Publikum das ersehnte Gold. Das Punkterennen über 25 km wurde dabei von der Neuseeländerin Lauren Ellis dominiert, die allein drei Rundengewinne vollzog und sich damit noch vom 14. auf den 8. Platz der Gesamtwertung verbesserte. Den ersten Rundengewinn hatte die Niederländerin Kirsten Wild herausgefahren, der ihr aber keine bessere Platzierung mehr einbringen sollte. Lediglich noch die Kubanerin Marlies Mejias und die Kanadierin Allison Beveridge holten noch einen Rundengewinn heraus, dagegen ließen sich Laura Trott, Laurie Berthon und Sarah Hammer nicht aus den Augen und konzentrierten sich ausschließlich auf die Punkte. Während Laura Trott 201 Punkte erzielte, hatte Laurie Berthon die Silbermedaille mit 183 Punkten und nur einen winzigen Punkt Vorsprung vor Sarah Hammer gewonnen, da sie im letzten, gewonnenen  Wertungsspurt die US-Amerikanerin hinter sich ließ.

wigginsDen Abschluss der Weltmeisterschaften bildete wie jedes Jahr das Madisonrennen über 50 km mit insgesamt 16 Teams. Vom Start weg gab es gleich den ersten Ausreißversuch durch die Franzosen Morgan Kneisky/Benjamin Thomas, die nach nur acht Runden den Rundengewinn vollzogen. Es dauerte nicht allzu lange bis die Außenseiter Fernando Gaviria/Jordan Parra aus Kolumbien gemeinsam mit den Schweizern Claudio Imhof/Thery Schir ebenfalls eine Runde herausfuhren, während sich zu diesem Zeitpunkt die vermeintlichen Favoriten noch sehr zurückhielten. Bemerkenswert zu diesem Zeitpunkt der Sturz von Fernando Gaviria, der sich unter Beifall des Publikums sofort wieder aufs Rad schwang, um seine gute Ausgangsposition nicht zu gefährden. Sehr angriffslustig zeigten sich auch die spanischen Europameister und Sechstagesieger von Rotterdam Sebastian Mora/Albert Torres, deren mehrfache Ausreißversuche immer wieder vom jagenden Feld gestoppt wurden.

wigginsZur Halbzeit führten die Franzosen vor den Kolumbianern und den Schweizern, dahinter folgten mit Rundenrückstand die britischen Favoriten Bradley Wiggins/Mark Cavendish, die  sich aber in den Wertungsspurts zeigten, was sich noch auszahlen sollte. Dann war der frühere Madisonweltmeister Cameron Meyer aus Australien mit Callum Scotson auf Rundenjagd und konnte 52 Runden vor Schluß zur Spitze aufschließen. Die wilde Jagd in einem unglaublichen Finale setzte sich fort und als noch 33 Runden zu fahren waren, geriet das Publikum aus dem Häuschen, als die Briten gemeinsam mit den Spaniern ihr Heil in der Flucht suchten und nach hartem Kampf 17 Runden vor Ende des Rennens das Ende des Feldes erreichten und nun nach Punkten in Führung lagen. Der Sieg schien gefährdet, als Mark Cavendish elf Runden vor Schluß zu Fall kam, aber ebenso schnell wie Fernando Gaviria saß auch Mark Cavendish wieder auf seinem Rad und unter dem tosenden Beifall des Publikums fuhren sie, ohne noch einmal zu punkten, als klare Sieger mit 21 Punkten vor den Franzosen mit 14 Punkten und den Spaniern, die 12 Punkte erzielten, über den Zielstrich. 

dDie letzte Wertung gewannen die ausgerissenen Belgier Kenny de Ketele/Moreno de Pauw, die einen Rundengewinn nicht mehr ganz vollziehen konnten und damit nur auf den 7. Platz einkamen. Auf einen guten 9. Platz landeten die Deutschen Kersten Thiele/Domenic Weinstein, die nur eine Runde einbüßten und ein sehr engagiertes Rennen fuhren.

Der BDR kann nach dieser phantastischen Weltmeisterschaft auf eine hervorragende Medaillenausbeute verweisen. Mit 3x Gold, 2x Silber und 3x Bronze lag man im Medaillenspiegel auf Platz zwei hinter den Lokalmatadoren aus Großbritannien, die 5x Gold, 1x Silber und 3x Bronze gewannen. Insgesamt haben nicht weniger als 22 Nationen Edelmetall errungen, was die Leistungsdichte im internationalen Radsport einmal mehr unterstreicht.

Text: Bernd Mülle

Fotos: Arne Mill

> zur turus-Fotostrecke: UCI Bahn-WM 2016 in London

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  • Bahnradsport
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