12 Mal Edelmetall für deutsche Radsportler bei den Paralympics

12 Mal Edelmetall für deutsche Radsportler bei den Paralympics

 
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Auch wenn für die Paralympic-Sportler die Bedingungen bei den Olympischen Spielen in Tokio aufgrund der Corona Pandemie mehr als herausfordernd waren, so haben sie doch mit ganz hervorragenden Leistungen auf sich aufmerksam gemacht und auch aufgrund großer Medienpräsenz Zeichen gesetzt. Und das gilt insbesondere auch für die deutschen Sportler im Bereich Radsport, die auf Bahn und Straße immerhin zwölf Medaillen holten und dabei gleich im allerersten Wettbewerb der Spiele durch Denise Schindler eine Bronzemedaille in der 3000 m Verfolgung der Klasse C1-3 (Sportler mit schweren Behinderungen von Arm und Bein) erkämpften. Hinter der überragenden Australierin Paige Greco und der Chinesin Xiaomei Wang war der dritte Rang mit zweimal gefahrener, persönlicher Bestzeit unter der angestrebten 4-Minuten-Marke ein hervorragender Auftakt für die Wettkämpfe auf der Bahn. 

War das eine Freude für die sympathische „Killerbiene“ Denise Schindler, die ihrem Jubel nach Erringung der Bronzemedaille freien Lauf ließ. „Der Druck war groß, aber am Ende sind mir etliche Steine vom Herzen gefallen“, stieß sie unmittelbar nach dem Rennen einen lauten Jubelschrei aus. Ihre Kontrahentin Clara Brown aus den USA hatte im Kampf um Bronze nicht die Spur einer Chance und mit einer Zeit von 3:55,120 Minuten war Denise Schindler über sechs Sekunden schneller als die US-Amerikanerin. 

Es war bereits das vierte Edelmetall bei den Paralympics für Denise Schindler, die in London 2012 und in Rio de Janeiro 2016 bereits zweimal Silber und einmal Bronze bei den Straßenrennen gewann. Da ließ es sich auch verschmerzen, dass sie in den Straßenwettbewerben mit Platz 9 im Einzelzeitfahren und Platz 5 im Straßenrennen ohne weitere Medaille die Heimreise antreten musste.

Weitere Medaillen auf der Bahn blieben leider aus, wenn auch durchaus einige gute Ergebnisse für die deutschen Athletinnen und Athleten heraussprangen. So belegte der gebürtige Berliner Pierre Senska mit einem neuen deutschen Rekord von 3:50,016 Minuten in der 3.000 m Einerverfolgung den 6. Platz, aber diese Platzierung war nicht das, was er sich im Vorfeld erhofft hatte. „Zeit gut, Platzierung schlecht“, waren die Worte des schon mehrfachen Straßenweltmeisters (2007, 2009, 2014, 2015, 2017 und 2018) Pierre Senska, der sich auf der Bahn im Jahre 2006 schon den Weltmeistertitel im Teamsprint mit Mario Hammer geholt hatte.   

Mit seinem Einsatz im Einzelzeitfahren der Klasse C1 über 16 km konnte der seit seiner Geburt an Muskelschwund an den Unterschenkeln leidende Pierre Senska durchaus zufrieden sein, wo er Platz vier unmittelbar hinter seinem Landsmann Michael Teuber belegte. Dagegen war Platz 29 im Straßenrennen über 79,2 km auf dem Fuji International Speedway für ihn indiskutabel, aber die Bedingungen waren nicht die besten für ihn. „Das Straßenrennen war sehr hügelig und viel zu schwer für mich. Das Ergebnis im Zeitfahren ist ärgerlich, ich hatte zwar einen guten Tag, aber zur Medaille fehlte noch einiges“, so die Worte von Pierre Senska in der Nachbetrachtung. Für Routinier Michael Teuber, mehrfacher Olympiasieger und Weltmeister, war die Bronzemedaille auch eher ärgerlich, verfehlte er doch Gold nur um ganze 5 Sekunden! 

Im Straßenrennsport sah es insgesamt weitaus besser für die deutschen Athletinnen und Athleten aus, die hier insgesamt 11 Medaillen und damit einen Großteil der Medaillen insgesamt der Paralympic-Sportler einheimsten. Das Einzelzeitfahren dominierte Annika Zeyen, holte Gold und dann noch im Straßenrennen Silber mit dem Handbike, nachdem sie 2012 schon einmal Gold mit der deutschen Nationalmannschaft im Rollstuhl-Basketball erreicht hatte. Eine Ausnahmeathletin, die auch am Wochenende im ZDF-Sportstudio eine gute Figur abgab. Bemerkenswert waren auch die beiden Goldmedaillen der mehrfachen Weltmeisterin und gebürtigen Cottbuserin Jana Majunke mit dem Dreirad, wo ihre Teamkameradin Angelika Dreock-Käser noch Silber im Straßenrennen und Bronze im Einzelzeitfahren errang. Auch sie, aus der Leichtathletik kommend, begann erst nach einem in 2009 erlittenem Schlaganfall mit Hilfe ihres Ehemannes mit dem Radsport und diese Medaillen widmete sie jetzt ihrem erst vor kurzem verstorbenen Mann. 

Silber gab es noch jeweils im Einzelzeitfahren für Vico Merklein mit dem Handbike und für Steffen Warias in der Klasse C3 , wo Matthias Schindler noch Bronze holte. Eine weitere Bronzemedaille ging an Kerstin Brachtendorf im Einzelzeitfahren der Klasse C5, die 2013 und 2017 schon Weltmeisterin im Straßenrennen war. 

Ein in unserem Einzugsgebiet ganz prominenter Sportler, der vor seinem Engagement im Paracycling als Tandem-Pilot für den erblindeten Kai-Kristian Kruse u.a. Welt- und Europameister im Teamsprint war, ist der sympathische, in Greiz geborene Robert Förstemann, ein beliebter Bahnsprinter auf den Sechstagepisten Europas. Während Kai-Kristian Kruse zunächst mit Stefan Nimke als Pilot unterwegs war und mit ihm Bronze bei der Weltmeisterschaft 2015 und den Paralympics in Rio de Janeiro 2016 holte, kam es 2019 zu der neuen Liaison mit Robert Förstemann, mit dem er ebenfalls Bronze bei den Paracycling-Bahnweltmeisterschaften 2020 im kanadischen Milton gewann. Ende 2018 war Robert Förstemann aus dem Kader des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) ausgeschieden und trat dem Deutschen Behindertensportverband bei, um als Pilot im Tandemrennen mit Kai-Kristian Kruse eine neue Herausforderung anzunehmen.

Der vorläufige Höhepunkt sollten die Paralympics in Tokio werden, wo sie trotz starker Konkurrenz zum Favoritenkreis zählten. Immerhin waren mit den Piloten aus Großbritannien Matthew Rotherham und Francois Pervis aus Frankreich einige Spitzenfahrer dabei, die es zu schlagen galt. Trotz Verbesserung der Bestzeit um 1,1 Sekunden auf 1:00,554 Minuten reichte es am Ende aber leider nur zum undankbaren vierten Platz im 1.000 m Zeitfahren. „Es war eine enge Kiste um Platz drei, denn die 1:00,472 Minuten der Franzosen waren nur unwesentlich besser. Der Lauf war trotzdem gut, trotz der vielen Probleme vor dem Start“, gab Robert Förstemann zu verstehen. So waren sie mit dem Tandem im Training zu Fall gekommen, konnten das Velodrom in Berlin nicht zu Trainingszwecken nutzen und mussten nach Frankfurt/Oder ausweichen, wo ihnen der BDR nur wenig Raum zum Trainieren ließ. „So war hauptsächlich Training auf dem Ergometer angesagt, nicht unbedingt förderlich für das Engagement in Tokio, wo wir dann noch materialmäßig mit der kurzfristigen Umstellung von Aluminium (altes Rad) auf Carbon zu kämpfen hatten“, fuhr Robert Förstemann fort, der dennoch mit seinem Partner nach viel Improvisation noch das Beste daraus gemacht hat. Der bereits 35-jährige Sprinter, der schon so manche knifflige Situationen gemeistert hat, gibt aber nicht auf, ist weiter motiviert und will 2024 bei den Paralympics in Paris mit Kai-Kristian Kruse noch einmal angreifen. 

Bericht: Bernd Mülle

Fotos: Arne Mill / frontalvision.com

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