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Nazir Jaser: 3. WM-Teilnahme für den Syrer der NRVg. Luisenstadt

 
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Es ist schon toll, dass Nazir Jaser wieder vom syrischen Verband vor rund drei Monaten angesprochen wurde, bei der Straßenweltmeisterschaft in Yorkshire/Großbritannien erneut für sein Heimatland im Einzelzeitfahren an den Start zu gehen. Für den sympathischen Syrer, der nach seiner Flucht im Jahre 2015 schon zwei Jahre später im norwegischen Bergen sich den Traum einer WM-Teilnahme erfüllen konnte, wird es jetzt insgesamt der dritte Start bei einer Weltmeisterschaft sein. 

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Ein nicht einfacher Weg war es für den am 10.04.1989 in Aleppo geborenen Syrer, der mit zehn Jahren seinen Vater verlor. Durch zwei Ehen des Vaters hat Nazir Jaser nicht weniger als 11 Geschwister, die  verstreut in der Türkei, Jordanien und Ägypten leben, während seine Mutter in Saudi-Arabien zu Hause ist. Zuletzt hat er im Jahre 2018 seine Mutter dort besucht, zu der er intensiven telefonischen Kontakt pflegt. Er ist dabei der einzige, der aus seiner Familie mit einem Visum die Möglichkeit bekommt, sie zu besuchen. 

Nach vorzeitiger Beendigung der Schulzeit, erlernte er mit zwölf Jahren das Schneiderhandwerk und wurde mit 17 Jahren Mitglied in einem Radsportverein. Erste Teilnahmen ab dem Jahre 2010 bei Asiatischen Meisterschaften und arabischen Clubmeisterschaften führten Nazir Jaser im Jahre 2013 zu seiner ersten Teilnahme an der Weltmeisterschaft im Einzelzeitfahren in Florenz/Italien, wo er als Letzter auf Rang 77 landete. Unmittelbar vor seiner Flucht wurde er noch im Jahre 2015 zweifacher Syrischer Meister.

Der Krieg in Aleppo führte zunächst zu seiner Flucht nach Damaskus, wo er mit seinem Freund Yalmaz Habash längere Zeit in einem Hotelzimmer lebte, bevor beide mit weiteren Rennfahrerkollegen wie Naim Masri, Nabil Allaham und Tarek Al Moakee in einem mit rund 50 Personen besetzten Schlauchboot die Flucht ergriffen und über den Libanon, die Türkei und Griechenland nach Deutschland gelangten. Dabei hatte er eine Habseligkeit, das Trikot der syrischen Nationalmannschaft des Jahres 2013, in seinem Gepäck, das er uns bei unserem Gespräch im Velodrom stolz präsentierte. 

Das Velodrom war auch seinerzeit die erste Anlaufstelle der Syrer als sie in Deutschland und dann in Berlin ankamen und hier trafen sie auf Frank Röglin von der NRVg. Luisenstadt, der als 2. Vorsitzender dieses Vereins sich ihrer annahm und sie alle auf den beschwerlichen Weg in die Normalität eng begleitete und sehr schnell ein großes Vertrauensverhältnis aufbaute. Alle fünf Syrer traten dem Neuköllner Radsportverein bei und nur Naim Masri ist aktuell nicht mehr für die NRVg. Luisenstadt aktiv. Hier hat Frank Röglin exzellente Integrationsarbeit geleistet, denn fast alle haben in Berlin nicht nur hervorragend die deutsche Sprache erlernt, sondern üben auch zum großen Teil eine berufliche Tätigkeit aus. Nazir Jaser ist beim Landessportbund Berlin beschäftigt und macht eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann, wo in Kürze die Abschlussprüfung bevorsteht. 

Inzwischen hat Nazir Jaser seit 2016 für die NRVg. Luisenstadt vier Siege und 21 Platzierungen bis Platz 15 herausgefahren, darunter der Sieg beim Sparkassenkriterium in Zwenkau im Jahre 2018 in der Klasse KT und A-/B-/C, womit er in die damalige A-Klasse aufstieg. Er fährt seit dieser Saison als Elite Amateur für seinen Verein und darüber hinaus auch für das Jedermann Radsportteam PAINTRAIN, für das er u.a. den German Cycling Cup bestreitet. Im Jahre 2017 fuhr er auch Bundesligarennen für das KED-Stevens Radteam Berlin, das er am Ende der Saison aber wieder verließ, da seine Ausbildung nun Vorrang hatte und regelmäßiges Training sich damit nicht mehr vereinbaren ließ. 

„Ich bin hier in Berlin mit allem sehr zufrieden, mache meine Ausbildung und hoffe danach eine feste Anstellung zu bekommen. Was mir fehlt ist meine Familie, die ich aus Zeitgründen bis auf meine Mutter nicht besuchen kann“, äußerte er sich uns gegenüber verhalten, um sich aber umso mehr über seine erneute WM-Nominierung zu freuen. Am 21. September 2019 geht es in Richtung Yorkshire auch mit Unterstützung von PAINTRAIN Teamchef Christoph Reckers, der dafür gesorgt hat, dass er mit einem neuen Bioracer Zeitfahranzug und neuem Zeitfahrrad der Marke Canyon Speedmax das WM-Rennen in Angriff nehmen kann. 

„Am kommenden Freitag ist noch Bike Fitting angesagt, um die perfekte Sitzposition für das Einzelzeitfahren zu erreichen und die Leistung zu optimieren. Die Strecke in Yorkshire ist sehr wellig und nicht unbedingt ideal für mich, aber ich werde mein Bestes geben, um ein ordentliches Ergebnis einzufahren“, ist er dennoch voll motiviert. Im Hinblick auf seinen Höhepunkt des Jahres war er zuletzt jedes Wochenende bei diversen Rennen unterwegs, darüber hinaus hat er mit dem Zeitfahrrad fünfmal pro Woche trainiert und sich insgesamt intensiver auf diese neue Herausforderung vorbereitet als zuletzt auf seine zweite WM in Bergen/Norwegen im Jahre 2017, wo er im Einzelzeitfahren Platz 56 unter 64 Startern belegte. 

Begleitet wird Nazir Jaser von zwei weiteren Syrern, die alle das Einzelzeitfahren bestreiten: mit Ahmad Badreddin Wais vom Continentalteam VIB Sports startet er zusammen im Rennen der Elite, während Mohamed Rayes in der Klasse U 23 seine Visitenkarte abgeben wird. 

Wünschen wir Nazir Jaser viel Erfolg bei der kommenden Weltmeisterschaft und hoffen, dass diese WM genauso einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlässt wie die letzte in Norwegen.  

Bericht: Bernd Mülle   

Fotos: Arne Mill / frontalvision.com

 

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So kann es funktionieren!
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Ein sehr interessanter und bewegender Artikel.
LG Steffi
S
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