Abenteuer Russland: Eine Zugreise ins traumhafte Murmansk

K Updated 19 Januar 2018
Abenteuer Russland: Eine Zugreise ins traumhafte Murmansk

Erstaunlich viele Züge fahren von Petrosavodsk nach Murmansk. Dabei ist der Bahnhof von Petrosavodsk, wie so viele Bahnhöfe im Norden, seltsam klein. Ein schönes, altes Bahnhofsgebäude, angeschrieben auf Finnisch und Russisch. Die Abfahrtsanzeige funktioniert nicht mehr, die Unterführung bröckelt. Es gibt zwei Perons, also eigentlich drei, aber der Dritte ist irgendwie nicht zu erreichen. Trotzdem halten dort Züge. Alle Züge warten hier mindestens 20 Minuten. So steigen die Reisenden aus, vertreten sich die Beine, atmen frische Luft. Die Züge haben unterschiedliche Preise und brauchen unterschiedlich lange. Dies erfährt man über die Homepage der russischen Eisenbahn. Man sieht den Preis und wie viele freie Plätze es noch hat. Schlicht und einfach super.

Zug

Zug 212 kommt 5 Minuten vorzeitig an, mein Platz ist im Wagen 12, der vorletzte Wagen, es regnet heftig. Ich eile zu meinem Wagen, doch einsteigen kann ich noch nicht, denn zuerst wollen viele Reisende aussteigen um sich die Beine zu vertreten, doch nun sehen sie den Regen und wissen nicht, ob sie raus wollen oder nicht. Wir sind in Russland, hier kommt keiner auf die Idee, sich zu beeilen oder Platz zu machen, damit ich nicht durch und durch nass werde. Drinnen stelle ich fest, dass mein Zug lediglich zur Hälfte gefüllt ist. In meinem Viererabteil sitzt ein netter junger Mann, ein feiner Kerl aus Moskau, der englisch spricht. Dann rumpelt der Zug los. Die Fahrt ist keineswegs so eintönig, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Wir passieren Seen, Flüsse, Moore, Dörfer und natürlich endlose Birkenwälder. Sonnenauf- und untergänge sind hier im Norden besonders schön. Irgendwann döse ich ein und als ich aufwache, ist der Zug ziemlich leer. Langsam nähern wir uns einer Hügelkette. Dort geht mein Kabinengenosse wandern und so steigt er in Apatiti, einem ziemlich hässlich wirkenden Ort, aus. Auch die letzten im Wagen verbliebenen Reisenden verlassen den Zug, sodass ich nun einen Wagen ganz für mich allein habe. Das Wetter ist traumhaft, draussen sehe ich Blau- und Grüntöne in einer Intensität, wie ich es noch nie zuvor erlebt habe. Ich kann den Blick nicht abwenden, die Schönheit der Landschaft überwältigt mich. Mittlerweile haben Nadelbäume die Birkenwälder abgelöst.

Der Personenbahnhof von Murmansk ist winzig klein. Ich hätte mir eher einen grossen Sackbahnhof vorgestellt, aber mich empfängt ein kleines Bahnhöflein mit vier Gleisen, eingebettet in einen riesigen Güterbahnhof. Eine Überführung führt ins Bahnhofgebäudchen. Die Sonne brennt mir ins Gesicht, es dürften locker 30 Grad sein. Am Abend mache ich noch einen Spaziergang. Hier im Norden scheint heute keine Dunkelheit einzukehren.

Murmansk

Murmansk ist keine Schönheit, dafür die Natur. Die Stadt liegt in einem unglaublich schönen Naturspektakel. Hügel, Moore, Seen, es sind diese kräftigen Farben, die mich in den Bann ziehen.
Die Sonne geht heute erst nach 22 Uhr unter, doch es bleibt hell bis weit nach Mitternacht. Dann ist für ein paar Stunden etwas weniger hell, bevor die Sonne sich bereits wieder am Horizont erhebt. Diesmal natürlich auf der anderen Seite. Es ist einfach herrlich, um 21.30 im T-Shirt den Sonnenuntergang zu beobachten. Allerdings sollte man die Kraft der nordischen Sonne nicht unterschätzen wie ich feststellen muss. Ich habe mich gut mit Sonnencreme und Sonnenbrille geschützt, aber ziemlich viel Farbe abbekommen und am Abend habe ich das Gefühl, an einem leichten Sonnenstich zu leiden. Begleitet vom wolkenlosen Himmel und einem angenehm erfrischenden Wind machte ich mich auf zum Semyonovskoe-See ausserhalb von Murmansk am Fusse eines riesigen Denkmals, welches auf einem der vielen Hügel über Murmansk thront.

Murmansk

Denn Murmansk ist in einem Talkessel, eingeschlossen von sanften Hügelzügen, Mooren, Tümpel, Seen, Heiden und Wälder. So schön hatte ich mir das nicht vorgestellt. Der Sevyomovskoe-See sieht herrlich aus, Leute baden. Ich sehe kaputte Flaschen im Wasser. Leider ist auch das ganze Ufer mit Scherben übersäht. Überall liegt Abfall, soweit das Auge reicht, mal weniger, mal mehr und immer wieder Glasscherben. Ich laufe auf Trampelpfaden dem See entlang Richtung Denkmal. Es ist eine herrliche Wanderung. Schliesslich komme ich bei der gigantischen Gedenkstätte für die Gefallen des 2. Weltkrieges an mit ihrer 30 Meter hohen Statue, die einen Soldaten darstellt. Der Blick auf Murmansk und die Kola Bucht haut mich fast um. Nicht, dass Murmansk mit seinen Plattenbauten von oben besser aussieht, nein, es ist die Lage. Das Wasser hat einen wunderschönen Blauton und an den grünen Hügelzügen kann ich mich nicht sattsehen. Am liebsten würde ich auf ein Rad steigen und einfach drauflosfahren. Spontan suche ich mir ein Plätzchen zum hinlegen um die Aussicht zu geniessen. Dazu wische ich ein paar Scherben zur Seite und einen Kopf eines Nasensprays.

Murmansk

Auf der anderen Seite des Semyonovskoe-See's gehe ich wieder zurück, hier muss man aber weitgehendst der Straße folgen. Schliesslich komme ich an einem kleinen Vergnügungspark vorbei, wie es sie sooft in Russland gibt. Achterbahn, Flugzeuge, kleine Eisenbahn, alles für die Kleinen zu fairen Preisen. Ich bedaure, dass es solche Sachen bei uns nicht mehr gibt. Statt das Wohl der Gemeinschaft zu fördern, geht es darum, möglichst viel abzuschröpfen.

Russland

Daneben hat es auch ein paar Kneipen, die leckere Fleischspiesse grillieren. Pedalo, Ruderboote gibt es zu mieten. Die Einheimischen kaufen sich ein Bier und sitzen an den See, dessen Ufer auch hier von Abfall übersäät ist. Ich möchte so einen Fleischspiess und die Frau hinter dem Grill ruft einen Mann, der englisch spricht. Wie so oft in Russland sind es die Armenier, die englisch sprechen, so auch dieser. Was ihn wohl in diese Gegend verschlagen hat?

Rossia

> zur turus-Fotostrecke: Impressionen aus Russland

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