Bullenalarm in Irland: Gefährliches Zelten auf der grünen Insel

 
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Bullenalarm in IrlandWer wild campt, kann böse Überraschungen erleben. Das ist weltweit so. Landstreicher, die des Nachts die Sachen klauen. Waschbären, die die Vorräte plündern. Wildschweine, die sich in ihrem Revier gestört fühlen. Krabbeltiere, die in das Zelt eindringen. Erboste Bauern, die einen davonjagen. Generell gilt Irland als freundliches Land, in dem man durchaus hinter einem Gebüsch sein Zelt aufbauen kann. Häufig erlauben einem die Einheimischen sogar auf Anfrage, auf ihren Grundstücken zu nächtigen. Gefahren gibt es kaum – wenn da nicht die Bullen wären.

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Marco Bertram mit Rucksack in IrlandBullen? Irische Polizisten, die völlig frei drehen? Denkbar ist alles, doch hierbei sind eher die männlichen Rinder gemeint, die schon mal wilde Sau spielen können. Es ist bereits eine Weile her, und doch sind die Erinnerungen ganz frisch. Mit dem Rucksack ging es einst quer durch den Südwesten Irlands. Zirka 500 Kilometer zu Fuß. Vier Wochen Natur pur. Vorbei an den touristischen Magneten wie Kerry und Dingle, doch auch den Landschaften und Ortschaften im Hinterland wurde ein Besuch abgestattet.

zelten in IrlandNicht immer war es einfach, ein geeignetes Plätzchen zum Zelten zu finden. Abend für Abend das gleiche Spiel. Zum einen handelte es sich damals um einen der feuchtetesten Sommer des Jahrhunderts, zum anderen sind frei zugängliche Naturräume Mangelware. Zäune, alte Steinmauern und hohe Hecken so weit das Auge reicht. Ab und zu durften wir in einem Garten unser Zelt aufbauen, doch manchmal hieß es von alten krächzenden Bauern: „Not in my house! Go tot he north!“ Von einem Haus war nie die Rede, aber egal. Weiter ging´s.

Kühe in IrlandIrgendwo im Hinterland der Bantry Bay schlugen wir das kleine Zweimannzelt in einer Nische zwischen einem Pfad und einer Kuhweide auf. Bereits beim Auspacken der Rucksäcke machte sich ein Prachtbulle schnaufend und stampfend am Drahtzaun zu schaffen. Die anderen Rinder grasten derweil völlig friedlich und ließen sich durch nichts in der Welt davon abbringen.
Der schwarz-weiß gescheckte Bulle am Zaun knabberte dagegen an den hölzernen Pfosten und blies wütend Dampf aus seinen Nüstern. Weißer Schaum bildete sich um sein feuchtes Maul. Der Zaun schien stabil genug, und da wir noch ein paar Stündchen in die nächste Ortschaft gehen wollten, sahen wir kein größeres Problem. Der Bulle würde sich längst beruhigt haben, wenn wir nachts nach ein paar Guinness und Cider zurückkehren.

Dem war jedoch nicht so. Als wir gegen Mitternacht an das dunkle Plätzchen zurückkehrten, trieb es der Bulle noch weitaus heftiger. An einen Standortwechsel war allerdings in der mondlosen Nacht nicht mehr zu denken. Man konnte die Umrisse des wütenden Bullen nur erahnen. Sein wildes Schnaufen zeigte jedoch seinen Standort unmissverständlich an. Nur etwa zwei Meter von unserem Schlafplatz entfernt machte er sich übelst am Weidezaun zu schaffen.
Mit Sorge schauten wir der Nacht entgegen. Was blieb war der Versuch, einfach schnellstmöglich einzuschlafen und den Bullen zu vergessen. No chance. Wie im Fieberschlaf wälzten wir uns in den Schlafsäcken. Schlimme Szenarien spielten sich im Geiste ab. Der Halbschlaf produzierte Albträume am laufenden Band. Schon spürte ich die feuchte Nase des Bullen an meinen Wangen. Hufe im Unterleib, Hörner im Brustkorb. Wild gewordene Ochsen, Stiere und Bullen galoppierten hinter mir hier. Verfolgten mich in einer engen Gasse. Ich rannte, rannte und rannte. Kein Entkommen. Der rettende Zaun war einfach nicht erreichbar. Die wilde Horde würde mich gleich erreichen und zertrampeln. Gleich. Ich spürte bereits ihre Atemzüge hinter mir.

Es war ein Luftzug, der durch das kleine Fliegengitter an der Seitenwand des Zeltes strömte. Die Geräusche waren noch immer nicht verstummt. Kontinuierlich schien er an seinem Ausbruch zu arbeiten.
Stunden später im Morgengrauen stellten wir fest, dass die Geräusche verstummt waren. Erleichterung. Seeliger Tiefschlaf. Die Sonne stand bereits ein ganzes Stück über dem Horizont, als es draußen mächtig trappelte. Hufgeräusche. Ein Reiter im Galopp? Hier? Aufgeschreckte Kühe auf der Weide? Oder doch der... Der Bulle? Die Hufgeräusche kamen nicht von der Weide, sondern vom schmalen Pfad. Sie kamen direkt auf uns zu.
Ich öffnete in böser Vorahnung das Zelt und wurde bestätigt. Das wilde Vieh musste sich an einer anderen Stelle befreit haben uns stobte nun den Weg entlang. Allerdings nahm der Bulle keinerlei Notiz von uns, sondern stürmte an unserem Zelt vorbei. Geradewegs zur nächsten Landstraße.

Schleunigst packten wir unsere sieben Sachen zusammen. Keinesfalls wollten wir mit dem Bullen-Ausbruch in Verbindung gebracht werden. Erboste irische Bauern – mit denen wollten wir nichts zu tun haben. In der Ferne war das Hupen mehrere Autos zu hören. Wenig später sahen wir den Grund des Aufruhrs. Der Bulle hatte sich inzwischen Zutritt zu einer anderen Weide verschafft und war drauf und dran eine Kuh mit prallem Euter zu besteigen. Das Muhen des Bullen wurde nun tiefer und zufriedener. Die Kuh ließ teilnahmslos die Sache über sich ergehen. Nicht teilnahmslos agierte ein herbeigefahrener Bauer. Mit Hilfe einer Mistgabel versuchte er, den Bullen von der Paarung abzuhalten. Verstärkung traf ein. Mit vereinten Kräften wurde nun versucht, den sexgierigen Bullen zu einem Viehtransporter zu treiben. Ohne Erfolg. Der Bulle bestand auf seine Belohnung für seine nächtlichen Mühen...

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