Windjammer-Regatta "Rund um Fünen"

RS Updated 06 Januar 2014
Meer

MeerDie "Dänische Südsee" ist ein Eldorado für Segler. Das Inselmeer im Süden vor Fünen ist das, was die Geologen eine gesunkene Moränenlandschaft nennen. Auch heute noch finden sich auf dem Meeresboden Überreste von Siedlungen aus der Steinzeit. Im Mittelalter lebten die Menschen in diesem Gebiet von Landwirtschaft und Seefahrt. Mit Beginn des 18. Jahrhunderts spielte die dänische Seeschifffahrt eine dominierende Rolle. Auf den Werften herrschte Hochkonjunktur beim Bau hochseetüchtiger Holzschiffe. Im Frühjahr verließen Sie die Häfen, um Frachtgüter nach Schweden, Norwegen und Grönland zu bringen. Erst mit Einbruch des Winters kehrten sie zurück. Auch heute prägt die Seefahrt die dänischen Gewässer. Hier finden sich Verkehrshäfen, Schiffswerften, Navigationsschulen, Reedereien und Fährschiffe. Hinzu kommen die vielen Segelboote, die in den Häfen ein reges Leben zur Folge haben.

Schöne Holzschiffe werden immer noch in Rudkøbing, Marstal, Faaborg und Svendborg gebaut, und das, was sich Ende Juli im Hafen von Svendborg einfindet, lässt die Herzen all derjenigen höher schlagen, die sich für alte Windjammer interessieren. Dann nämlich startet von hieraus die Regatta "Rund um Fünen", an der nicht selten bis zu 40 klassische Holz-Segelschiffe teilnehmen. 1972 wurde diese Veranstaltung ins Leben gerufen, wobei für die eigentliche Wertung nur dänische Segler zugelassen sind. Das hindert aber Gastsegler aus Deutschland, den Niederlanden und sogar Kanada nicht daran, an dieser Regatta, wenn auch außer Konkurrenz, teilzunehmen.

Svendborg, die lebhafte Handelsstadt im Süden der Insel Fünen, ist ein viel besuchtes Touristenziel. Verwinkelte, schräge Gassen und zahlreiche malerische alte Häuser prägen das Stadtbild. Der geschäftige Hafen gleicht einem Rummelplatz, wenn die Regatta-Segler am Sonntagabend eintreffen. Die Schiffe werden auf Hochglanz gebracht, die letzten Mitreisenden treffen ein, und eine merkwürdige Unruhe liegt in der Luft. Bei strahlendem Sonnenschein und postkartenblauem Himmel herrscht im Hafen von Svendborg schon in aller Herrgottsfrühe emsiges Treiben. Es wird geputzt und gewienert, der Frühstückstisch aufgeräumt, und man macht sich bereit für das große Abenteuer. Dann werden die Anker gelichtet, Taue eingezogen, und pünktlich um zehn Uhr fällt der Startschuss.

Die Holzsegler mit einer Vermessung zwischen 18 und 120 BRT machen sich auf die 46 Seemeilen messende Distanz nach Kerteminde. Überall auf den Schiffen herrscht hektische Aktivität bei der teilweise bunt zusammen gewürfelten Crew. Nicht immer geht das Setzen der Segel Hand in Hand, es fehlt einfach an der nötigen Übung. Bei zwei bis drei Windstärken hat sich schon nach weniger als einer Stunde der "harte Kern" an die Spitze gesetzt, einige Windjammer fallen weit zurück. Ähnlich ergeht es uns auf der Galeasse "Havet", einem der jüngsten hölzernen Frachtsegler, der am 21. November 1953 vom Stapel lief. Das Holzschiff - mit einer Länge von 37,5 Metern, einer Breite von 7,06 Metern, 2,60 Metern Tiefgang und 480 Quadratmetern Gesamt-Segelfläche kann natürlich mit den etwas schnittigeren Seglern nicht standhalten, was aber unserem Spaß während der Teilnahme an dieser Regatta keinen Abbruch tut.
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Die Sonne zeichnet schon lange Schatten, als wir in den Hafen von Kerteminde einlaufen. Hier warten Tausende von Schaulustigen auf die Ankunft der hölzernen Segler. Die wichtigste Fischereistadt Fünen's gehört gleichzeitig zu einem der schönsten Orte auf Fünen. Aber heute spielt sich das Leben nicht in dem historischen Stadtkern ab, sondern im Hafen. Man ist schlicht und einfach auf Party und Kommunikation eingestellt. Überall duftet es nach kulinarischen Köstlichkeiten. Eisverkäufer und Bierzapfer haben alle Hände voll zu tun. Musiker eilen mit ihren Instrumenten auf die kleinen Bühnen und in die Zelte, um ihren Auftritt vorzubereiten. Da stört es auch niemanden, dass es irgendwann fast kein Durchkommen mehr gibt. Gemütlichkeit ist angesagt, und nachdem auch der letzte Seebär sein schwimmendes Zuhause verlassen hat, kann es richtig losgehen.

Bierzapfer bräuchten eigentlich vier Hände, um den durstigen Kehlen Nachschub zu liefern, und das ganze erinnert ein klein wenig an das Münchner Oktoberfest. Es wird auf Tischen und Bänken getanzt und geschunkelt und ich frage mich, wie diese lustige Gemeinde am nächsten Tag ihren Aufgaben gerecht werden soll. Erst mit anbrechendem Tageslicht ist die Party zu Ende. Die längste Etappe mit 62 Meilen wartet mit der Umrundung der Nordspitze Fünens auf die Großsegler. Aus diesem Grund ist der Start auch schon auf neun Uhr früh festgelegt. Für manch einen bestimmt viel zu früh, aber schließlich ist man nicht nur wegen des Feierns nach Fünen gekommen. Selbstüberwindung und Disziplin gewinnen schließlich die Überhand, und es wiederholt sich das gleiche Ritual wie am Vortage nur mit dem kleinen Unterschied, dass sich bei Windstärke vier bis fünf das Feld der Teilnehmer noch schneller auseinander zieht. Während manche Schiffe ein fast unglaubliches Tempo an den Tag legen, scheint es bei anderen nicht so gut zu laufen. Trotz stetigem Wind kommen sie nur langsam voran. Ob es an der Besatzung oder der Schiffsbauweise liegt, ist nur schwer auszumachen. Auf jeden Fall gibt es für alle nur ein Ziel, und das heißt Middelfart.

Die Sonne brennt erbarmungslos vom Firmament, bis am Nachmittag schwarze Wolken eine Wetterverschlechterung ankündigen. Innerhalb von wenigen Minuten prasseln dicke Regentropfen auf Schiff und Mannschaft nieder, begleitet von Blitz und Donner. Es herrscht helle Aufregung an Bord der Großsegler, denn nun heißt es umdenken. Segel werden eingeholt, Regenjacken und Südwester ausgepackt. Jetzt muss jeder Handgriff sitzen, für Fehlentscheidungen ist kein Platz. Das launische Wetter ist nicht unbedingt typisch für die Dänische Südsee, aber wo gibt es schon eine Garantie für optimales Segelwetter? Der Spuk ist Gott sei Dank nicht von langer Dauer, und mit sieben bis neun Knoten steuern die Holzschiffe am Nachmittag auf Middelfart zu. Die Stadt liegt an der schmalsten Stelle des Kleinen Belts, der die Insel Fünen vom Festland trennt. Diese Lage machte Middelfart zu einem wichtigen Fährhafen bis zu jenem Tag, als im Jahre 1935 die erste Brücke über die Wasserstraße eingeweiht wurde.

Günstigste Witterungsverhältnisse und die kurze Distanz von lediglich 21 Seemeilen bringen die Regattasegler am dritten Tag in einer Rekordzeit nach Assens. Genau das Gegenteil von dem, was sich am nächsten Tag im Lillebælt abspielt. Es weht fast kein Lüftchen und bei einigen Crews macht sich eine gewisse Ratlosigkeit bemerkbar. Segel werden gesetzt, eingezogen und auch der Rumpf unserer Galeasse "Havet" scheint sich keinen Meter vorwärts zu bewegen. Am frühen Nachmittag kommt über Funk die Nachricht, dass die heutige Etappe abgebrochen wird. Mit Motorkraft schippern wir in den Hafen von Faaborg.

Nur noch 19 Seemeilen trennen die Windjammer vom Zielhafen Svendborg, und es wird ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen einigen Teilnehmern. Die Ziellinie liegt unmittelbar vor dem Svendborg Sund und Tausende von Schaulustigen warten im Hafen auf das Eintreffen der Großsegler. Ganz Dänemark scheint auf den Beinen zu sein, und die obligatorische Volksfeststimmung kommt erst in den frühen Morgenstunden zum Erliegen. Die Faszination dieser Regatta alter Holzschiffe hat alle in ihren Bann gezogen. Und sie werden im nächsten Jahr wiederkommen um sich erneut einer Herausforderung zu stellen, die in der Historie dänischer Segelschiffe einmalig ist.

TERMIN
Die Regatta „Rund um Fünen“ findet jedes Jahr in der 30.
Kalenderwoche statt. Termin 2009: 19. bis 25. Juli. Info: www.fyn-rundt.dk.

 

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