Am Rande Posens ist's richtig schön - Radojewo lädt ein

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Woche für Woche suche ich alte Karten ab, prüfe Luftbildaufnahmen und wälze Datenbanken. Aktuell, in einer Zeit, in der auch der Presse der Zutritt zu den Amateurstadien verweigert werden kann und auch wird, da schaue ich umso mehr, was es an spannenden Orten in der Umgebung gibt. Ganz unscheinbar befindet sich am nördlichen Stadtrand von Poznań das Dörfchen Radajewo. Im Namen steckt noch radość – Freude. Na wenn das mal keine eindeutige Ansage ist! Man muss allerdings schon wissen, was man sucht, denn, wer das Dorf passiert, der wird es lediglich als 0815-Ort wahrnehmen. Einmal nach rechts abgebogen, eröffnet sich dem Touristen ein nicht so bekanntes Kleinod der Region Poznań. Links guckt die Ziege, rechts der Straße bringe ich nun das Auto zum Stehen, neben mir ein Haus aus kommunistischer Zeit. 

Und dann geht es schon richtig los. Die ehemalige Sommerresidenz der von Treskows macht den Auftakt für den sich anschließenden Park. Die Baumkronen bilden einen kleinen Tunnel, und schon sieht es richtig nach Wald aus. In den letzten Jahren wurde hier anscheinend investiert. Der Lehrpfad für Kinder sieht noch recht neu aus. Er orientiert sich am Wegesystem des Parks. Landschaftsplaner Lenné war hier am Werk, weshalb der Weg einen großen Kreis bildet.

Kleine Nebenstrecken bringen dem Touristen ein paar Eigenheiten der Romantik näher, doch bevor ich dorthin gelange, verweist ein Schild auf einen Friedhof. Ich habe nicht gezählt, wie viele Gräber hier angelegt wurden. Vielleicht zwanzig oder auch weniger. Jedenfalls ist es die Familiengrabstätte der von Treskows – ein Geschlecht, in dessen Reihen einige Persönlichkeiten standen, neben einen Trickfilmzeichner natürlich auch Generäle. Die bekanntesten Vertreter dürften Gerd und Henning von Tresckow (die Schreibweise variiert) sein, welche sich am Stauffenberg- Attentat beteiligten bzw. dichthielten. 

Der Friedhof liegt sehr nett anzusehen an einem der vielen Wälle. In einem Video sah ich neulich, wie ein junger Mann dort seinem Hobby des Geisterjägers frönte und dort irgendwelche Stimmen gehört haben möchte. Mystisch ist es hier zweifellos, aber in diese Richtung fiel mir nichts weiter auf. Und damit noch nicht genug der hier residieren Prominenz. Auch der alte Napoleon stattete dem Schlösschen einen Besuch ab. Ob das nun nur das Gebäude betrifft, darüber schweigen die Quellen. Es ist unwahrscheinlicher, dass er keinen Spaziergang durch den sehenswerten Park gemacht. Hier muss man einfach mal durch! An jeder Ecke wird es mit hoher Sicherheit spannend und atemberaubend gewesen sein. Dort die künstlichen Hügel! Das muss ja ewig gedauert haben, die aufzuschütten! 

Auf der einen Erhebung liegen zwei Findlinge, an dem anderen Berg ist eine künstliche Burgruine! Das ist ein typisches Relikt der Romantik. Man findet immer noch ein Bild dazu im Netz, auf welchem ein paar der von Treskows Portrait stehen. Auch noch die letzten Reste lassen das Hobby-Historiker-Herz höher schlagen! Spannende Chroniken gibt es zu den meisten Bunkern und Burgen eh nicht. Sie werden gebaut und erfüllen ihren Zweck. Vielleicht war die Pseudo-Ruine selbst ein stummer Zeuge des Klatschs und Tratschs der adligen Aktivitäten. Bei meinem ersten Marsch durch das Wäldchen gelang es mir, das Ding sogar zu übersehen! Feines Teil. 

Nett müssen auch mal die Teiche am Fuße des "Findlingsbergs" ausgesehen haben. Teilweise haben alte Ahorne ein waches Auge über sie. Da hatten wir an der Uni echt mal darüber philosophiert, warum der Plural von "der Ahorn" nicht "die Ahörner" heißt. Das Ende des Parks, der heute ein kleines Naturschutzgebiet ist, habe ich nun erreicht. Im Frühling blühen hier übrigens die Krokusse in Hülle und Fülle. Der alte Napoleon soll damals von hier aus eine heute nicht existierende Fähre genommen haben, um nach Owińska zu kommen. Der Ort hat nicht nur eine gute Lech-Truppe sondern auch ein ansehnliches Kloster mit einem farbenfrohen Klostergarten, etwas Wasser und Federvieh. 

Ein Ausflug im Sommer lohnt sich! Der Weg vom Park bis zur Warta ist ein nur kleiner Spaziergang. Jogger, Radfahrer und Kurzstreckenwanderer haben die Strecke durch die bunten Wiesen längst für sich entdeckt. Am Ende des Pfades durch ein Wäldchen stehe ich dann dort, wo die Warta flink durch die Landschaft fließt. Wesentlich spannender ist das Gebilde an der anderen Uferseite. Was ist das? Ein Relikt aus militärischen Übungen aus den 30ern? Könnte sein. Ist es aber nicht. Ein paar Meter daneben stehen die Überreste eines Industriehafens, der 1955 angelegt wurde. Getreide wurde hier einst verschifft. Aktuell ist die Warta abschnittsweise ziemlich flach. Zur Warta allein müsste ich auch mal was machen. Die läuft mir ja überall über den Weg! Für heute reicht es erstmal.

Fotos: Michael

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