Faire Arbeitsbedingungen auf der ganzen Welt, dies verspricht der Lebensmitteldiscounter Lidl auf seinen großformatigen Werbkampagnen. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale Hamburg sieht das aber anders aus - vor allem bei Textilzuliefern in Bangladesh. Zusammen mit dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und der Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) haben die Verbraucherschützer am 6. April 2010 Klage gegen Lidl wegen unlauteren Wettbewerbs beim Landgericht Heilbronn eingereicht.
Schönlidelei: Klage gegen LIDLs Sozialmäntelchen
So weise Lidl neben seinen markanten Worten zu fairen Arbeitsbedingungen in der Öffentlichkeit immer wieder auf seine Mitgliedschaft bei der Business Social Compliance Initiative (BSCI) hin. Diese internationale Initiative des Einzelhandels setzt sich für Sozialstandards bei den Lieferanten ein. Der BSCI-Verhaltenskodex enthält Regelungen zur Arbeitszeit, zu Löhnen, zur Diskriminierung und zur Gewerkschaftsfreiheit gemäß den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Eine Verpflichtung der Mitglieder zur Gewährleistung der Sozialstandards enthält der Kodex allerdings nicht. Die Zahl der Mitgliedsunternehmen des BSCI steigt und liegt heute bei 475; im Jahre 2003 waren es nur 60 Firmen. Die Mitgliedschaft verleiht den Unternehmen den Anschein fairer Arbeitsbedingungen in ihren Zulieferbetrieben.
Bei Lidl allerdings sei der erweckte Eindruck falsch, wie sich nach Angaben der Verbraucherzentrale aus einer vom ECCHR und der CCC in Auftrag gegebenen Untersuchung ergibt. Die Studie beschäftigt sich mit den Arbeitsverhältnissen in vier in Bangladesh gelegenen Zulieferbetrieben der Firma Lidl. Die befragten Näherinnen berichten von unmenschlichen Arbeitsbedingungen: Überlange Arbeitszeiten, Lohnabzüge als Strafmaßnahmen, mangelnde und intransparente Vergütung von Überstunden, Verhinderung von Gewerkschaftsarbeit und Diskriminierung von weiblichen Beschäftigten. Die beschriebenen Verhältnisse verstoßen gegen die ILO-Konventionen, den BSCI-Verhaltenskodex und gegen die Selbstverpflichtung Lidls.
„Es besteht ein krasser Widerspruch zwischen der öffentlichen Darstellung Lidls und den tatsächlichen Verhältnissen in den Produktionsstätten der Lieferanten“, empört sich Miriam Saage-Maaß vom ECCHR. Lidl betreibe Schönfärberei. Mit dem BSCI-Kodex hänge sich der Discounter ein Sozialmäntelchen um, aber die Lage der Arbeiterinnen verbessere sich nicht. „Lidl täuscht die Verbraucher. Auf unsere Abmahnung wollte Lidl die Werbung nicht zurückziehen. Daher haben wir jetzt Klage eingereicht“, sagt Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg.
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