Interview mit Sugar de Santo: Der Werdegang einer Collage

MB Updated
Interview mit Sugar de Santo: Der Werdegang einer Collage
altDer Künstler und Lyriker Sugar de Santo (38) zog 1993 von Göttingen nach Berlin. Neben Abitur, Studium und zahlreichen Auslandsreisen widmete er sich seit jeher dem Schreiben, seit zehn Jahren beschäftigt sich Sugar de Santo (Mark Bauch) zunehmend mit Collagen.
Seine Arbeiten sind teilweise von der kubanischen Santería geprägt. 2009 weilte er für mehrere Wochen in der kubanischen Hauptstadt La Habana und ließ sich inspirieren. Im Film "Operation Milk" wirkte er als Darsteller mit. Das turus-Magazin befragte Sugar de Santo zu seinen Collagen.
 


turus: Wie kamst du eigentlich dazu, Collagen zu erstellen?


Sugar de Santo: Gute Frage. Ich hatte einfach angefangen. So vor zehn Jahren, ohne zu sagen: Jetzt mache ich Collagen. Das hat sich einfach ergeben. Beim Herumexperimentieren mit diversen Materialien entstanden die ersten Werke. Ich bin dann dabei geblieben.

turus: Hattest du die Lyrik dann ein wenig zurückgestellt?

altSugar de Santo: Kann man so nicht sagen. Man braucht einfach Inspiration, um schreiben zu können. Bei den Collagen kann man einfach anfangen, etwas zu legen. Beim Schreiben fehlt mir momentan ein wenig die Inspiration. Bei den Collagen befinde ich mich dagegen derzeit im Fluss.

turus: Du hattest jetzt gerade dein Studium im Fachbereich Kunstgeschichte abgeschlossen. In wieweit beeinflusste das Studium deine Arbeit als Künstler?

Sugar de Santo: Vor allen Dingen bei den formellen Dingen. Ich achte jetzt noch mehr auf Proportion und Komposition. Früher hatte ich diese Dinge nicht so sehr beachtet. Vordergrund, Hintergrund, Gesamtgestaltung. Ja, der Blick hat sich ein wenig geändert.

turus: Fühlst du dich auch ein wenig blockiert?

Sugar de Santo: Nein, wirklich nicht! Ich bin akribischer geworden. Nun kann ich meine eigene Kunst besser beschreiben und bewerten. Ja klar, manchmal ist das ein kleiner Balanceakt. Ich stehe jetzt auf zwei Seiten: Zum einen die Kunst, zum anderen die Wissenschaft. Ich weiß, wie beide Seiten ticken.

turus: In welche Richtung gehen deine Collagen? Gab es einen Richtungswechsel?

Sugar de Santo: Ja, ein wenig, doch die religiösen Inhalte waren schon immer Bestandteil. Ich habe zunehmend das Irritierende und das Widersprüchliche entdeckt. Viel wird heutzutage virtuell gemacht. Ich mache es noch auf die alte Art und Weise. Schere, Papier und Kleber...

turus: Keine digitale Nachbearbeitung?

altSugar de Santo: Nein! Nach dem Scannen begrade ich nur die Ränder. Sonst nichts! Wirklich nicht.

turus: Was spürst du beim Blick auf deine älteren Werke?

Sugar de Santo: Teils, teils. Manchmal bin ich erstaunt. Manches würde ich allerdings nicht mehr so machen. Es gibt mitunter Aha-Erlebnisse, wenn ich bei einem Freund eine ältere Collage sehe, die ich ihm eines Tages mal schenkte.

turus: Ist momentan eine Ausstellung geplant?

Sugar de Santo: Ja, sicher, doch in Berlin ist das alles ein wenig schwierig. Die Zeiten sind nicht leicht für Künstler.

turus: Ist die Konkurrenz groß?

Sugar de Santo: Allgemein betrachtet ist die Konkurrenz groß. In sämtlichen Bereichen, davon ist nicht nur die Kunst betroffen.

turus: Stehst du in Kontakt mit anderen Künstlern, die ebenfalls Collagen anfertigen?

Sugar de Santo: Ich kenne einen anderen Künstler, der auch auf die alte Art und Weise Collagen anfertigt. Im engen Kontakt stehen wir jedoch nicht.

turus: Wie lange dauert der Prozess beim Herstellen einer Collage?

Sugar de Santo: Das ist formatabhängig. Manchmal lege ich die Bestandteile und immer wieder werden sie geändert, bis sie schließlich aufgeklebt werden.

turus: Diese Form der Kunst ist sehr platzaufwändig, oder?

Sugar de Santo: Oh ja! Ich habe viele Kartons und man braucht stets eine große freie Tischplatte. Da genügt nicht nur ein Stift, ein Blatt Papier und ein Laptop.

turus: Wie läuft es eigentlich momentan bei dir?

Sugar de Santo: Ich gebe zu, es könnte besser sein, doch immerhin habe ich mein Studium geschafft. Und das parallel zur Arbeit.

turus: Wie war das an der Uni - mit Mitte 30?

Sugar de Santo: Komisch! Das war wirklich eine Herausforderung. Manche Dozenten waren gleichaltrig. Da gab es Gespräche auf anderer Ebene. Zu den Mitstudenten war das Verhältnis höchst unterschiedlich. Die meisten waren ja weitaus jünger als ich.

turus: Du hattest Ende der 90er bereits Germanistik und Asienwissenschaften studiert. Sind die Unterschiede groß?

Sugar de Santo: Das liegt eine ganze Schul-Generation dazwischen. Die heutige Generation ist längst nicht so politisch interessiert. Heute sind die Studenten zielorientierter. Komisch ist, auf der anderen Seite sind viele total ziellos. Ich weiß, das ist ein Widerspruch. Das Uni-Leben ist härter geworden. Ich hatte stets die Diskussion um das Bachelor verfolgt. Es ist alles eine Gradwanderung. Wenn man als Student parallel voll arbeiten muss, ist das Ganze echt hart. Ich musste neben dem Studium wöchentlich rund 20 Stunden arbeiten gehen, immerhin hatte ich alles in der Regelstudienzeit geschafft.

altturus: Du bist seit 1993 in Berlin. Wie sehr hat sich die Stadt verändert?

Sugar de Santo: Berlin hat sich sehr verändert. Die Stadt ist nicht mehr ganz so offen. Man spürt zunehmend die Probleme der Einzelnen. Die Stadt ist definitiv materiell ärmer geworden. Leichtigkeit ging verloren. Berlin ist anstrengender geworden. Das Weggehen ist extrem teuer geworden. Gemessen an anderen Städten ist es jedoch noch immer sehr cool hier!

turus: Welche Stadt wäre denn für dich eine echte Alternative?

Sugar de Santo: Ich werde realistischer. Früher hatte ich viel geträumt. Klar, etwas mehr Sonne und Wärme wären toll, aber die Probleme in den anderen Ländern sind auch eklatant. Ein Nebenwohnsitz in Spanien oder Brasilien wäre optimal. Im Winter ein wenig mehr Licht und Wärme - mehr Wünsche habe ich nicht...

turus: Vielen Dank für das interessante Gespräch und lass es uns wissen, wenn die nächste Ausstellung in Arbeit ist!
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