Kosovo - wie geht es weiter?

MB Updated
Kosovo - wie geht es weiter?

Der Staat Kosovo hat zirka 2 Millionen Einwohner, befindet sich auf der Balkanhalbinsel und ist mit seiner Größe von 10.877 Quadratkilometern nur halb so groß wie Hessen oder Sachsen-Anhalt. Nach aktuellen Schätzungen sind etwa 91 Prozent der Einwohner Albaner und 4 Prozent Serben. Die übrige Bevölkerung gehört anderen Minderheiten an. Am 17. Februar 2008 wurde in der Hauptstadt Prishtina / Pristina die Unabhängigkeit Kosovos proklamiert. 62 Staaten haben bisher die Unabhängigkeit anerkannt, unter ihnen 22 Staaten der Europäischen Union. Welche Rolle wird der Staat Kosovo in Zukunft spielen? Wie werden Ruhe und Sicherheit auf Dauer gesichert werden können? Was geschieht mit der serbischen Minderheit im Kosovo?

Auch wenn 58 UN-Staaten die Kosovo-Region als souveränen Staat anerkennen und die EU Kosovo nach allen Kräften unterstützt, so bleiben dennoch einige Punkte und Fragen ungeklärt. Serbien sieht Kosovo weiterhin als Teil des serbischen Staatsgebietes. Seit 1999 steht der Kosovo unter Verwaltungshoheit der Vereinten Nationen. Seitdem sorgt eine internationale Friedenstruppe (Kosovo Force, KFOR) für Sicherheit in der Region. Das Auswärtige Amt informiert, dass "die Lage derzeit ruhig, aber noch nicht völlig stabil" sei. Immerhin schätzt UNMAAC den Kosovo mittlerweile weitgehend minenfrei ein.
 
Kosovo
 
Zuletzt kam es laut Auswärtigem Amt im März 2008 in Nord-Mitrovica zu gewalttätigen Ausschreitungen, bei denen es auch zum Einsatz von Schusswaffen kam. In den nördlich gelegenen Bezirken Leposavic, Zubin Potok, Zvecan und Nord-Mitrovica und in der südlich gelegenen Gegend um Strpce lebt eine serbische Bevölkerungsmehrheit. Und das ist das momentane Kernproblem. Nach der Unabhängigkeitserklärung von Seiten der Kosovo-Regierung lebt die serbische Minderheit abgenabelt von Serbien. Es ist ungeklärt, ob es jemals in Kosovo insgesamt betrachtet eine serbische Bevölkerungsmehrheit gab. Fest steht, dass vor 1999 weitaus mehr Serben in Kosovo gelebt hatten. Nach dem Krieg wurden etliche Serben vertrieben, viele flüchteten aus Angst vor Racheakten von Seiten der albanischen Bevölkerung nach Serbien.
 
Verschärft hatte sich die Situation in Kosovo im Jahr 1995, nachdem das Thema Kosovo bei der Friedenskonferenz von Dayton weitestgehend ausgeklammert wurde. Unter der Führung der UCK gab es ab 1996 kämpferische Auseinandersetzungen zwischen albanischen Freischärlern und serbischen Streitkräften. Tausende Kosovo-Albaner flohen ins Ausland und am 24. März 1999 begannen die NATO-Truppen mit der Bombardierung strategischer Ziele in Rest-Jugoslawien.Nach dem Kosovokrieg wurde das Land eine UN-Schutzzone. Gewalttätige Handlungen flammten noch einmal im März 2004 auf. Dieses Mal wurde die serbische Minderheit Ziel der Gewalttätigkeiten. 19 Menschen wurden getötet, rund 1.000 wurden verletzt. Die Auseinandersetzungen konnten schließlich durch die KFOR-Truppen eingedämmt werden. Weitere Ausschreitungen folgten nun jedoch in den nördlichen Kosovo-Regionen. Auch hier mussten die KFOR-Truppen Präsenz zeigen.
 
Kosovo
 
Als der Kosovo sich am 17. Februar 2008 für unabhängig erklärt hatte, war die Welt geteilt. Zahlreiche UN-Staaten hatten die Souveränität anerkannt. Andere Staaten sehen die einseitige Unabhängigkeitserklärung für rechtswidrig. Viele Regierungen weltweit befürchteten, dass solch eine Aktion Schule machen könnte. Viele EU-Staaten, die USA, Kanada, Australien, Saudi-Arabien, Japan, Afghanistan und Kolumbien hatten die Unabhängigkeitserklärung anerkannt. Staaten wie Russland, Indien, China und viele afrikanische Länder lehnen bis heute die Souveränität des Kosovo strikt ab. Am 8. Oktober 2008 hatte die UN-Vollversammlung einen Antrag Serbiens angenommen. Die völkerrechtliche Gültigkeit der Unabhängigkeitserklärung soll durch den Internationalen Gerichtshof geprüft werden. Kosovo bleibt der Weg in die UN verwehrt, da Russland als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates ganz klar auf serbischer Seite steht. 
 
Am 15. Juni 2008 trat die neue Verfassung des Kosovo in Kraft. Das Parlament in Pristina verabschiedete eine neuen Nationalhymne. Zudem wurde eine Sicherheitstruppe ins Leben gerufen. Den serbisch dominierten Regionen wurden Autonomierechte zugesprochen. Diese nördlichen Regionen entziehen sich in der Praxis fast komplett der Kontrolle der Institutionen in Pristina. Dortige serbische Politiker gründeten ein unabhängiges Parlament der Gemeinschaft der Gemeinden der Autonomen Provinz Kosovo und Metochien. Besonders prekär ist die Situation in der Stadt Mitrovica, die durch eine Trennungslinie geteilt ist. Eine Brücke verbindet dort den albanischen und serbischen Teil. Wirklich benutzt wird diese Brücke eher selten. Häufig war diese Brücke Schauplatz diverser Provokationen.
 
Um die Sicherheit in Kosovo auch in Zukunft einigermaßen zu gewährleisten, wurde der Bundeswehreinsatz in der dortigen Region verlängert. Bundesaußenminister Steinmeier erklärte Mitte Mai 2009, dass die militärische Präsenz der Bundeswehr im Rahmen von KFOR notwendig bleibt. Seit dem 12. Juni 1999 ist die Bundeswehr in Kosovo präsent. Zuvor hatte die Bundeswehr im Rahmen der NATO-Operationen an Luftangriffen in Jugoslawien teilgenommen. Momentan ist Deutschland nach Angaben des Auswärtigen Amts mit etwa 2.200 Soldaten größter Truppensteller der KFOR. Derzeitige Aufgabe ist momentan unter anderem die Hilfestellung beim Aufbau kosovarischer Sicherheitskräfte. Doch auch auf anderen Wegen engagiert sich Deutschland in Kosovo. Diplomatische Beziehungen wurden aufgenommen und auf der internationalen Geberkonferenz im Juli 2008 sagte die deutsche Regierung 100 Millionen Euro zu.
 
Kosovo
 
Wie die Kosovo-Frage endgültig zu klären ist, so dass alle Seite mit zufrieden sein können, steht völlig in den Sternen. Probleme tauchen immer wieder auf. So ist jüngst beim österreichischen Der Standard zu lesen, dass das serbische Innenministerium einigen Kosovo-Polizisten eine Verwicklung in einen Sprengstoffanschlag vorwirft: Laut Angaben diverser serbischer und internationaler Medien, soll es zudem im Süden Serbiens zunehmende Spannungen geben. Auf der Website der RIA Novosti ist zu lesen, dass der serbische Präsident Boris Tadic die internationalen Missionen und Sicherheitskräfte im Kosovo für diese Spannungen mitverantwortlich macht. Ebenfalls auf der Seite von RIA Novosti ist zu lesen, dass der kosovarische Premierminister Hashim Thaci eine Anerkennung des Kosovo von Seiten der serbischen Regierung für möglich halte. Belgrad dementierte prompt.
 
Im Gespräch war der Kosovo aktuell auch bei der EU-Kommission bei der Frage der Visafreiheit. Die EU-Kommission schlägt vor, dass für die Bürger der Balkanstaaten Serbien, Mazedonien und Montenegro ab Anfang 2010 in der Europäischen Union keine Visapflicht mehr gelten würde. Für Albanien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo würde die Visafreiheit allerdings nicht gelten, da diese Staaten noch nicht die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen.
 
Wie geht es nun weiter in Kosovo? Kosovo ist stark abhängig von Kapitalzuflüssen aus dem Ausland. Allein die Finanzen, die von den Gastarbeitern aus dem Ausland ins Heimatland fließen, sind enorm wichtig. Doch trotz der Finanzflüsse ist die Armut in Kosovo eklatant. Ein Drittel der Bevölkerung lebt nach Angaben der Weltbank unterhalb der Armutsgrenze. Die Arbeitslosenquote in Kosovo liegt bei etwa 40%. 
 
Fasst man alle Punkte zusammen, so kann man davon ausgehen, dass es noch etliche Jahre dauern wird, bis die Status-Frage des Kosovo endgültig geklärt ist. Bleibt zu hoffen, dass Kosovo nicht nur zum Spielball zwischen den Mächten Russland und USA wird.
 
Text: M. Bertram
 
Fotos: P. Schoedler
 
 
Weiterer Beitrag: Wohin steuert der Balkan? 
 
 
 
 
 
 
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