Kolumbien

Einerseits geht es um die Sicherheit Kolumbiens. Und das den Kolumbianern jedes Mittel recht ist um den leidigen Krieg zu beenden, liegt auf der Hand. Wenn die Nachbarn sich einmischen, der FARC Schutz gewähren, sie unterstützen, ist das ne Schweinerei. Sie nutzen die FARC gegen den "Vasallen" der USA, Kolumbien. Das muss man auch erwähnen, so einseitig ist die Sache nicht.

Andererseits geht es um diese Gerüchte. Was auch immer war ist, die Amis mischen sicher mit und nutzen die Gelegenheit. Das sie alles dransetzen, sich an Chavez und seine Kumpels zu rächen, dürfte auch klar sein. Das ist ja auch der Charakter der Regierung Bush. Haben sie nicht schon genug Schaden angerichtet?

Ich lass mich gerne aufklären, aber meines Wissens nach, hat sich Venezuela bisher nur einmal in den Konflikt eingemischt, und zwar um zu vermitteln und um so eine diplomatische Lösung zu unterstützen! Doch wie bereits gesagt, haben sich die Kolumbianer durch die Aktion in Ecuador diese Chance selbst verbaut. Das die FARC venezoleanischen Schutz genießt oder sogar unterstützt werden soll, sind unbewiesene Mutmaßungen...

Um zu Thommys Punkt zu kommen:
Das Chavez die Vermittlungsarbeiten zwischen Kolumbien und der FARC politisch für sich ausschlachtet, kann man ihm wirklich nicht vorwerfen. So ticken Politiker nunmal! In einem westlich orientierten Staat, würde man ihn jetzt in den Medien hochjubeln, aber da Chavez für eine andere Politik steht, wirft man ihm Populismus vor... Ich weiß das klingt jetzt sehr polemisch aber, im Mittelalter gab es Leute die behauptet haben die Erde sei rund! Diese Leute wurden als Ketzer bezeichnet und verfolgt. Daran muss ich immer denken, wenn ich das Wort Populismus im Zusammenhang mit linker Politik höre...

Die amerikanischen Bomber sind aber genauso unbewiesene Gerüchte (oder hab ich da was verpasst?). Tatsache ist, dass Ecuador der FARC Schutz gewährte; das ist wohl unbestreitbar. Ein FARC-Kommandant wurde ja mitten auf offener Strasse in Quito vom kolumbianischen Geheimdienst (glaub ich wars) entführt. Die FARC kann sich in Ecuador unbehelligt bewegen, ohne Angst vor der ecuadorianischen Polizei. Vieles bleibt aber Spekulation. 8)

Chavez sagt man schon lange eine nähe zur FARC nach. Er hat eine Mission und zwar eine bolivarische sozialistische Revolution (oder so ähnlich) in ganz Lateinamerika. Er hat den Wahlkampf von Morales und Correa mit viel Kohle unterstützt. Aus meiner Sicht liegt es auf der Hand, dass er die FARC nutzen will, um auch Kolumbien "auf Kurs" zu bringen. -> aber wie gesagt, Spekulation.

Gerüchte werden von beiden Seiten gestreut. Vermittlungsbemühungen von Chavez. Das sagt er! Die Kolumbier werden wohl sagen, er nutzte die Rolle um die Unterstüzung der FARC auszubauen. Und was tat er wirklich? Um was geht es ihm? Was steckt dahinter? Wir wissen es nicht! Aber so wie ich ihn erlebe, ist er sicher nicht der liebe Onkel, dem das Leid der kolumbianischen FARC-Geiseln sowas von Leid tut und nun einfach nur helfen will. Genausowenig wie die Amis im Kosovo einmarschiert sind, weil die "bösen" Serben die "armen" Kosovaren niedermetzeln. Da steckt IMMER viel mehr dahinter.

Ich will damit nur sagen, dass man skeptisch sein sollte gegen beide und nicht die eine Seite als "ehrlich" betrachten und die andere als "verlogen". Beide verfolgen geostrategische Interessen und versuchen gleichzeitig den Vorteil in der öffentlichen Meinung für sich zu gewinnen. Mit der Wahrheit oder Lüge war und ist allen Grossmächten schnurzegal. Das sollte man immer im Hinterkopf behalten.

Im Spiegel von letzter Woche steht was über die Daten von Reyes. Offenbar sind die gefundenen Daten wirklich unglaublich reichhaltig und haben zu vielen Fahndungserfolgen geführt. Ausgewertet werden sie von Spezialisten der Interpol, aber keine Ahnung, ob das jetzt Kolumbianer oder "Internationale" sind. Aber die Tatsache, dass neben Fahndungserfolgen in Kolumbien auch die Costa Ricanische Polizei aufgrund der Hinweise aus Reyes Daten einen Fahndungserfolg verbuchte, lässt darauf schliessen, dass in den gefundenen Daten sehr wertvolle Hinweise zu schliessen sind. Gemöss dem Spiegel sollen auf den PC's von Reyes detaillierte Angaben über die Finanzierung, Finanzströme, Handelswege und Kontakte zu Regierungen zu finden sein.

Gut möglich, dass dieser Fund, die Farc massiv schwächt, vielleicht sogar der Anfang von ihrem Ende ist. Reyes fühlte sich in Ecuador wohl allzusicher und den Kolumbianern ist auf jedenfall ein Riesenclou gelungen. Ecuador und Venezuela können sich jetzt nicht mehr wegducken, sie haben die Farc unterstützt, gestärkt, vielleicht gar das Überleben gesichert. Egal wie man die Aktion beurteilt, Kolumbien ist ein Riesenclou gelungen! ein voller Erfolg!

Die Verbindung von Correa zur Farc ist ja schon lange bekannt, aber offenbar - gemäss Spiegel - wird in den gefundenen Daten auch Chavez schwer belastet. Offenbar hat die Farc in Venezuela Paramilitärs ausgebildet, die bei einem allfälligen Putschversuch gegen Chavez losschlagen. Ganze Quartiere von Caracas werden von Paras kontrolliert. Chavez ist der Hauptfinancier der Farc (Waffen und Geld), die Waffen werden über Venezuela geschmuggelt, die Drogen auch. Die Farc kontrolliert die Handelswege auch in Teilen Venezuelas mit eigenen Truppen.

Die NZZ wunderte sich in der Samstagsausgabe ebenfalls über das schnelle Ende der Streitigkeiten zwischen Kolumbien und Venezuela und über das plötzliche Verstummen von Chavez, der sonst doch bekannt ist für seine markigen Worte und vermutet, dass er um Friede bemüht ist und die Affäre möglichst schnell beenden will, weil die Kolumbianer zu erdrückende Beweise über die Verbindung Chavez/Farc in der Hand halten.

Die Vorwürfe wurden zwar nicht offiziell bestätigt áber es deutet ja nun doch einiges daraufhin, dass Chavez dort seine Finger im Spiel hatte! Wenn es tatsächlich so ist, dann ist das natürlich nicht in Ordnung! Andererseits ist so ein Verhalten ja in unserer westlichen Welt Gang und Gebe! Wo bitte haben die USA überall ihre Finger im Spiel, wieviele Regimes und Terrororganisationen werden unterstützt und aufgebaut solange sie im Sinne des westlichen Kapitals handeln!? Mit wievielen menschenverachtenden Regierungen handelt selbst Deutschland (z.B. Usbekistan etc.)!
Das mit dem Aufbau der Paramilitärs hör ich zum ersten mal und kenn die genauen Hintergründe nicht!

Mit Sicherheit gibt es nicht wenige Punkte die man bei Chavez kritisieren kann! Ganz klar! Aber wenn sich Regierungen wie die von Kolumbien oder USA dabei als Moralapostel aufspielen, ist das einfach nur lächerlich...
Ich bin auf jeden Fall gespannt was da noch kommt...

Genau! Verfolgen wir die Sache interessiert weiter!

Simao schrieb: ... aber da Chavez für eine andere Politik steht, wirft man ihm Populismus vor... Ich weiß das klingt jetzt sehr polemisch aber, im Mittelalter gab es Leute die behauptet haben die Erde sei rund! Diese Leute wurden als Ketzer bezeichnet und verfolgt. Daran muss ich immer denken, wenn ich das Wort Populismus im Zusammenhang mit linker Politik höre...

Hi Simao,

warst Du schon in Venezuela? Hast Du mit den Leuten vor Ort gesprochen? Was haben sie gesagt?

Vor meiner Reise hatte ich eine ähnlichen romantischen Eindruck von Venezuela... gut, Du wirst sagen, dass ich nur mit der Mittelschicht Kontakt hatte und nicht mit den Armen. Da gebe ich Dir recht; Ich sprach fast ausschliesslich mit den Leuten, die sich die Bildung leisten konnten und von dem einstigem System profitiert haben...

Noch etwas kommt mir immer wieder in den Sinn: Wir, und da beziehe ich mich ein, haben einen "romantischen???" Blick auf Separatisten. Sei es die RAF, FARC oder die IRA, irgendwie kommt es mir vor, dass wir auf die Seite des Kleinen tendieren... so frage ich mich, was würde jemand denken, der seine Familien durch die FRAC oder die paramilitärischen Truppen verloren hat.

Sorry, ich weiss, das ist extrem direkt, aber in gewisser Weise sind wir Realitätsfern, da wir die Situation, da kann ich ja viele von uns zitieren, nur aus den "verfälschten" Zeitungen kennen, verfälscht von allen Seiten.

Um es an einem Beispiel konkreter zu machen. Hier wurde viel von Gewalt bei Reisen in z.B. Rio gesprochen. Theoretisch ist die Chance gering in 2 Wochen Rio überfallen zu werden. Was ist das Fazit daraus? Die Konklusion wäre also, dass ich in während meines Aufenthaltes, in einem der Bestbewachtesten und reichen Stadtteil von Rio keine Probleme hatte.
Nein, viele denken, dass Rio sicher ist. Wenn das nun meine Kollegen lesen, die letzten Freitag von 4 Bewaffneten Räubern komplet ausgenommen worden sind, oder jener dessen Vater gekidnapt und dann ermordet wurde... wo bleibt dort die Objektivität.

Ich hoffe, Ihr versteht mich richtig. Es ist gut über Dinge zu diskutieren, und ich glaube unsere Diskussion, gerade diese hier sehr tiefgehend ist.
Dennoch muss man sich vor Augen führen, dass alle diese Gruppen, und da will ich gewisse Regierungen nicht ausschliessen, ohne Probleme über Leichen gehen, einige mehr als andere...

So long,
Thomas