FC Thun vs. FC Sion: 12 Jahre "Red White Boys" und Pyro-Games deluxe

FC Thun vs. FC Sion: 15 Jahre "Red White Boys" und Pyro-Games deluxe

Als siebenmaliger Teilnehmer der internationalen Wettbewerbe mussten die Fans des heutigen Gastgebers in den vergangenen Jahren eher kleinere Brötchen backen. Anstelle von Hamburg, Arsenal oder Ajax heißen die Gegner aktuell Nyonnais, Baden oder Bellinzona. Als Schweizer Rekordpokalsieger hatte der FC Sion natürlich auch schon bessere Zeiten erlebt, damals sogar einmal Europapokal gegen meinen Heimatverein aus Leipzig gespielt. Bei den französischsprachigen Schweizern sind die Probleme allerdings hausgemacht. Geldprobleme, enorme Fluktuation in den führenden Positionen des Vereines und solche aktuellen Unruhestifter wie Mario Balotelli, die dem Verein mehr Schaden anrichten als nötig wäre.

Für die Fanszenen beider Teams dürfte die aktuelle Saison daher für ein Lächeln auf den Lippen sorgen. Nach fünfzehn Spieltagen wird der Eindruck erweckt, dass der direkte Aufstiegsplatz und der Play-Off-Aufstiegsplatz nur über Thun und Sion ausgespielt werden können. Satte zehn Punkte beträgt die Differenz zwischen Thun auf Platz zwei und den Verfolgern auf drei und vier. Ein würdiges Spitzenspiel, welches von beiden Seiten angemessen zelebriert wird. Die Stockhorn Arena erwartet schon Tage vor der Partie einen neuen Höchstwert an Zuschauern, die dem unangenehmen Wetter trotzen und sich auf den Weg ins schneebefreite Stadion machen. Der Gast aus Sion orderte hierfür sogar extra einen Sonderzug, der mit denen in Deutschland allerdings nur wenig vergleichbar scheint.

Wenn der FC Thun auf den FC Sion trifft, denkt man als eingefleischter Fußballfan wohl eher an packende Traditionsduelle im Schweizer Oberhaus. Das heutige Gipfeltreffen in der Challenge League erweckt zumindest auch den Eindruck dessen. Leider muss man aber auch im Land der Eidgenossen neidlos anerkennen, dass Tradition, vergangene Titel und internationale Reisen eben der Vergangenheit angehören und man sich von alten Erinnerungen nur wenig kaufen kann.

Mittlerweile liegt das letzte offizielle Ligaduell auf Thuner Boden auch schon knapp drei Jahre zurück. Der FC Thun gewann damals den Abstiegsgipfel mit 2:1, konnte eben jenen Abstieg aber nicht mehr verhindern und dümpelt seitdem in der zweiten Liga herum. Die Gäste aus Sion, die in den vergangenen Jahren eher durch spektakuläre Spielerwechsel und mehrere Skandale und Unruhen auffällig wurden, sind erst seit diesem Sommer Mitglied der Challenge League und bekämpfen sich nun mit dem FC Thun um den direkten Wiederaufstieg.

Als letzten Anreiz überlegte sich der FC Thun noch einige Sonderaktionen mit Freikarten, Ticketpaketen oder Vergünstigungen in Zusammenarbeit mit den SCL Tigers, dem naheliegenden Eishockeyverein aus Langnau. Beide Vereine trennt eine gewisse Distanz auf der Autobahn, aber nicht im Herzen. Die Anhänger beider Vereine sind sich komplett fein und unterstützen sich gegenseitig. Der Spieltagsplaner hatte dies offenbar bedacht und dafür gesorgt, dass sich am Freitag die Spiele von Thun und Langnau nicht kreuzen und ermöglicht eine noch höhere Zuschauerzahl.

Passend zur sowieso schon sehr ausgelassenen Stimmung feierte die Ultragruppierung "Red White Boys" ihr fünfzehnjähriges Bestehen. Als erste richtig nennenswerte Ultragruppierung in der Vereinsgeschichte des FC Thun ein ganz besonderer Tag für die Jungs und Mädels. Präsentiert wurde eine Choreographie über den kompletten Block hinweg, die vom Aufwand her alle anderen Aktionen dieser Gruppe in den Schatten stellen sollte. Sion brachte als guter Gast zur Geburtstagsfeier knapp 600 Personen mit, unter anderem auch mit Unterstützung aus Toulouse, und präsentierte eine hügelige Choreo aus Blockfahne und weißen Zetteln. Optisch so la la.

Überraschenderweise erschienen unter beiden Blockfahnen exakt null vermummte Fans. Erst nach einer viertel Stunde folgte die zweite optische Aktion der rot-weißen Jungs. Rote Plane drüber, schnell auf den Zaun, fünfzehn Fackeln für fünfzehn Jahre. Begleitet wurde dies von einem Pfeifkonzert der Halbfranzosen. Diese ließen sich allerdings nicht lumpen, stülpten sich ihr Vereinslogo in Übergröße über den Kopf und fackelten was das Zeug hält. Breslauer, Strobos, Rauchtöpfe. Einmal den ganzen Pyro-Shop leergekauft. Positiv ist hierbei der Fakt, dass beide Szenen auf Böller und vor allem auf Raketen verzichteten. Ein unerträglicher Trend mittlerweile.

Und nachdem ich beide Tore des Spieles verpasste und nebenbei schon meine 500 Fotos sortieren wollte, fokussierte ich mich in der zweiten Halbzeit dann endlich mal aufs Sportliche. Kurz und knapp zusammengefasst - es handelte sich um eine zähe Veranstaltung. Thun ging durch Shootingstar dos Santos in Führung, Sion glich per Kopf (glaube ich) aus. Danach gab es viel Leerlauf und wenig Spektakel.

Die Fanszene aus Sion hatte hingegen Bock auf eine zweite Runde. "Wenn ihr optische Wünsche habt, ruft sie einfach rein. Dieselbe Pyro-Show nochmal? Okay!". Gesagt, getan. Vereinslogo hoch, vermummt und weiter gefackelt. Die Pyro-Games von Thun am 08.12.2023 erreichten ihren Höhepunkt. Der Gastgeber konnte dem Tempo der Gästeszene nicht ganz folgen und zündete aller paar Minuten immer mal ein wenig herum.

Alles in allem ein sehr aufregender Besuch im Berner Oberland. Die Stockhorn Arena kann man definitiv schlechter machen - sprich einen Besuch abstatten. Respekt an beide Fanszenen, vor allem an Thun, die vermutlich nicht den krassesten Ruf in Europa genießen.

Bericht & Fotos: Max W.

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
09 Dezember 2023
Spielergebnis:
1:1
Zuschauerzahl:
5.076

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