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UBS-Posse geht weiter: Bankgeheimnis und Bonuszahlungen

21 Apr 2010 22:30 #14213 von kalleman
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Ein weiteres Kapitel der schweizerischen Banken- und Politik Posse. Unser Autor "kalleman" bietet, nach seinem stark frequentierten Essay über das Thema Steuerhinterziehung und Bankgeheimnis im Februar, an dieser Stelle einen noch tieferen Einblick in die Seele des Schweizer Volkes und den Frust über die Unfähigkeit sowie Skrupelosigkeit der Konzernleitung der Schweizer Bank UBS und den Verantwortlichen in der Politik der Alpenrepublik. Es geht um ein finanzielles Debakel, um Bonuszahlungen, politische Tricksereien und erstklassige Geldverbrennung:





Es tut sich was. Die Bonusausschüttungen für 2009 übertreffen alles bisher Gesehene. Die Politik wurde vom Wahlvolk brutal abgestraft, die Aktionäre der UBS bescherten der Bank eine historische Niederlage. Das Bankgeheimnis gilt für deutsche Kunden nicht mehr. Es wird sich zeigen, ob eine Lawine losgetreten wurde, welche die Banken zur Vernunft zwingen wird oder ob es sich nur um ein Strohfeuer handelt. Jedenfalls wird die Luft für die Banken dünner und sie könnten sehr tief fallen. Noch wage ich es nicht, von einer neuen Ära zu sprechen.

Rückblende


Blenden wir nochmals zurück. Die ehemalige Konzernspitze der UBS hatte die Grossbank an die Wand gefahren. Die UBS ist nicht irgendeine Bank. Sie ist die grösste Vermögensverwalterin der Welt, mehr als 2 Billionen Franken (1 Euro = 1.50 Franken) lagern auf UBS-Konten. Sie wollte nun auch im Investmentbanking die Nummer 1 werden und holte dafür die „besten“ Banker nach New York, wo diese kräftig Schrottpapiere aufkauften. Und als die Blase platze, war es um die UBS geschehen. Der Staat musste sie stützen und tat dies mit 70 Milliarden Franken. Die Politik verweigert Einblick in die Vorgänge.

Damit war es aber nicht getan. Die UBS ging im Kampf um das Vermögen reicher Amerikaner noch einen Schritt weiter. Sie schmuggelte das Geld auf abenteuerliche Weise (beispielsweise Diamanten in Zahnpasta-Tuben) aus den USA. Die Kundendaten waren in der Schweiz dank dem Bankgeheimnis vor dem Fiskus geschützt. Die US-Steuerbehörde nahm aber die UBS ins Visier und setzte die Bank unter Druck. Wieder half der Schweizer Staat mit diplomatischen Geschick oder Unvermögen, denn wie sich später herausstellte war das mit den USA beschlossene Abkommen über die Herausgabe bestimmter Kundendaten ein Rechtsbruch. Das Bundesverwaltungsgericht verbot dem Bundesrat die Herausgabe der Daten.

Allgemeine Lage


Die UBS-Krise ist ein totales Debakel für die Schweizer Politik. Hilflos und sichtlich überfordert verteidigte die Regierung die Interessen der Banken. Es wurden viele Fehler begangen. Doch anstatt aus der Vergangenheit lernen zu wollen, wird eine Aufarbeitung der Ereignisse verhindert und der Alltag kehrte zurück: Die Banken machten weiter wie bisher, die Politik widmet sich wieder ihren Geschäften. Die UBS-Krise sollte einfach vergessen werden. Aus den Augen aus dem Sinn.

Doch die Medien spielten nicht mit, das Volk spielte nicht mit und ein paar Politiker, die sich nicht von der Finanzlobby einspannen liessen, auch nicht. Nirgendwo auf der Welt werden Bonusausschüttungen so heftig kritisiert wie in der Schweiz, die Empörung über die Regierung war heftig. Der Bundesrat schaltete aufgrund der massiven Kritik auf stur, wie auch die bürgerliche Parlamentsmehrheit. Sie setzten alles daran, genau wie die UBS, eine historische Aufarbeitung zu verhindern.

Doch die Bevölkerung hat andere Bedürfnisse. Kaum jemand begreift, warum die ehemalige Konzernspitze ungestraft davonkommt, ja sogar noch Abfindungen erhält. Kaum einer begreift, warum die Banken zurzeit keine Steuern zahlen müssen, warum Banker ihre  Bonusauszahlungen als „Geschäftsaufwand“ von den Steuern abziehen dürfen, warum die Politik nichts aus der Finanzkrise lernen will und warum man sdie Banken schützt und es sich so mit anderen Ländern diplomatisch verdirbt.

UBS und Politik stehen mit dem Rücken zur Wand – und kassieren Niederlage um Niederlage. Und des Volkes Zorn wird immer größer

Neuer Rekordbonus

Die Konzernleitung der Bank Credit Suisse fiel es sichtlich schwer, die neuen Bonusausschüttungen überzeugend zu begründen und es gelang ihr auch nicht. Dabei verzichtete die Bankenspitze freiwillig auf 20% des Bonus. Mittlerweile fürchten sogar die Banken den Zorn des Volkes. Alleine der CEO der Bank bekam zuzüglich zu seinem Fixgehalt noch einen Bonus von 70 Millionen Franken. Immerhin hat die Credit Suisse 2009 Gewinn gemacht, wobei ehrlich gesagt das auch gar nicht so schwer ist. Denn die Regierungen verschiedenster Länder haben den Banken erlaubt, dass sie ihre Schrottpapiere, auf denen sie nach wie vor sitzen, nicht in der Bilanz aufführen müssen. Für den Rest sorgte der wirtschaftliche Aufschwung.

Die UBS schreibt nach wie vor rote Zahlen, 2009 waren es drei Milliarden Franken Verlust. Gleichzeitig zahlte sie einen Bonus von drei Milliarden Franken aus. Die Bank, die nach wie vor unter dem staatlichen Rettungsschirm steht, zeigte sich grosszügig: Auch die ehemalige Konzernspitze, welche die UBS in den Abgrund führte, durfte sich an Bonuszahlungen erfreuen – es sind freiwillige, also vertraglich nicht verpflichtete Zahlungen. Oswald Grübel, der bei seinem Amtsantritt als CEO bei der UBS im Jahre 2009 vollmundig eine neue Bescheidenheit verkündete, kassierte richtig ab. Und in der Zukunft soll sich das arbeiten so richtig lohnen! Die UBS präsentierte gleich noch ein neues Bonussystem, dass den 300 obersten Kadern der UBS in Zukunft pro Person bis zu 50 Millionen Euro Bonus sichert – unabhängig vom Geschäftsverlaufs! Die Politik gerät in immer grössere Erklärungsnot.

Eine im Parlament eingereichte Volksinitiative, welche die Bezüge des Topkaders regulieren und den Aktionären mehr Macht geben will, wird von der Finanzlobby heftig bekämpft. Die Annahme der Initiative gilt aber als sicher. Wohl deshalb verschleppt die Regierung den Abstimmungstermin. Und sie wird alles tun, um bei der Umsetzung des Initiativtextes in ein Gesetz den Inhalt zu verwässern.

Die historische Niederlage der UBS-Konzernleitung

Niemand zweifelt an den Fähigkeiten des neuen Konzernchefs der UBS, Oswald Grübel. Er ist aber ein Banker alter Schule und sicherlich kein Visionär. Sein Credo lautet: Bonuszahlungen sind nötig, um die besten Banker zu halten, nur mit dem Investmentbanking kann man Gewinn machen, staatliche Regulierungen sind unnötig, eine Vergangenheitsbewältigung schadet der UBS nur.

An der Generalversammlung der UBS verlangte der Verwaltungsrat die Décharge für das Jahr 2007. Eine Décharge erteilen bedeutet, dass die Führungsspitze aus der Verantwortung entlassen wird, man erteilt ihnen die Absolution. Eine Strafverfolgung wäre dann kaum mehr möglich. Es ging also um die Absolution für die Herren Ospel und Co. welche die Bank fahrlässig in den Bankrott trieben. Dabei sind diverse Untersuchungen noch nicht abgeschlossen.
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Noch nie wurde in der Schweiz an einer Aktionärsversammlung gegen die Vorschläge des Verwaltungsrates gestimmt. Dies hat mit Depot- und Organstimmen zu tun, welche dem Verwaltungsrat grosse Stimmanteile sichern. Die Aktionäre der UBS haben sehr viel Geld verloren und erhalten keine Dividende, während sich die Chefetage einen fetten Bonus schenkt. Die grössten Aktionäre sind übrigens die Pensionskassen, die sich in der Regel nie gross um die Abstimmungen bei Generalversammlungen kümmerten. Doch mittlerweile ist der öffentliche Druck zu gross. Die Pensionskassen verwalten Altersvorsorgegelder und müssten eigentlich im öffentlichen Interesse stimmen. Keine Pensionskasse wagte es mehr, sich dem Zorn der Öffentlichkeit auszusetzen. Mit Argusaugen wird ihr Stimmverhalten beobachtet. Die Décharge für 2007 wurde unter dem Jubel der Kleinaktionäre abgelehnt.

Das hat Folgen. Eigentlich muss die UBS nun eine Strafanzeige gegen die ehemalige Konzernspitze einleiten. Aber sie ist der Meinung, dass es keine relevanten Strafbestände gebe, sie hätte dies bereits geprüft. Des Volkes Druck bleibt. Man sollte zwar nicht ins Träumen abgleiten, aber die Hoffnung, dass die Gerechtigkeit doch noch siegt und sich die ehemalige Konzernspitze sich für ihr Versagen verantworten muss, ist noch nicht gestorben. Im Gegenteil, sie wurde gerade wiederbelebt.

Die Tricksereien der Politik

Das war dann schon sehr dreist, was sich die Politik erlaubte. Zu dreist. Die vorbereitende Kommission des Ständerates, also das Gremium, welches entscheidet, welche Themen im Ständerat beraten werden, entschied dank der Parteienvertreter von FDP und CVP mit 4:2 Stimmen, dass in der laufenden Frühlingssession nicht über die Einsetzung einer parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zur UBS diskutiert wird, obwohl der Nationalrat sich bereits für eine Einsetzung der PUK entschieden hatte. Im Klartext: Das Büro des Ständerates entschied, dass der Ständerat nicht darüber debattieren wird, ob eine PUK eingesetzt werden soll, um die Vorgänge zur Rettung der UBS zu klären. Dies wäre aber Voraussetzung um Strafanzeige gegen die alte UBS-Führung einreichen zu können. Ohne Diskussion kann es auch keinen Entscheid geben. De facto hat das Büro des Ständerates eine PUK im Ansatz verhindert. Vier Parlamentarier entschieden also darüber, dass es keine PUK gibt. Bankenhörigkeit könnte man sowas nennen. Die Bestrafung folgte auf dem Fuß: Eine verheerenden Niederlage bei einer Volksabstimmung. Die bürgerliche, bankenfreundliche Politik ist gescheitert. Seither herrscht Panik in Bern.

Und die Regierung muss noch aus einem anderen Grund beidrehen. Bisher lehnte die Regierung sämtliche Regulierungsmassnahmen gegenüber der UBS ab. Stück um Stück müssen sie nun von ihrer Position abrücken. Denn es gibt ja immer noch das Problem mit den USA. Der Bundesrat hatte mit den USA ein Amtshilfe-Abkommen abgeschlossen, um die UBS, die das Vermögen zahlreicher amerikanischer Bürger in der Schweiz verwaltet zu helfen. Doch dieses Abkommen verstiess wie oben erwähnt, gegen das Bankgeheimnis.

Die Amerikaner wissen, dass der derzeitige Bundesrat schnell einknickt und sie werden daher hart bleiben. Der Bundesrat versucht nun auch mit allen möglichen Tricks das auf wackligen Füßen stehende Abkommen durchzubringen. Als erstes wurde versucht, das Abkommen zu einem Staatsvertrag aufzuwerten, dadurch könnte es trotzdem in Kraft treten. Zudem soll das Parlament rückwirkend eine Gesetzesänderung beschliessen, womit das nach Schweizer Recht illegale Abkommen mit den USA nachträglich legalisiert werden kann. Da gibt es aber Haken. Im Nationalrat haben die bürgerlichen Parteien keine Mehrheit und die anderen Parteien verlangen für die Zustimmung Massnahmen gegen die Exzesse der Banker. dazu gibt es noch einen weit grösseren Haken. Gesetzesänderungen unterstehen dem fakultativen Referendum und müssten vom Volk gebilligt werden. Dies würde die Umsetzung des Abkommens um Jahre verzögern. Die USA würde dies nicht akzeptieren. Der Bundesrat hat bereits angekündigt, keine Volksabstimmung zulassen zu wollen. Die linken Parteien, auf dessen Zustimmung der Bundesrat angewiesen ist, haben bereits verlauten lassen, dass sie nur Zustimmen, wenn die Steuerschlupflöcher für Banker und Banken gestopft werden. Das Parlament entscheidet im Juni.

Das Ende des Bankgeheimnisses


Bundesrat Merz sass mit versteinerter Miene neben dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble. Gerade hatten die beiden Staatsvertreter ein Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart, mit welchem das Schweizer Bankgeheimnis für deutsche Kunden ausser Kraft gesetzt wird. Es muss ein bitterer Moment für den kleinen Appenzeller gewesen sein. Vor wenigen Monaten hatte er noch verkündet, dass jeder, der das Bankgeheimnis angreifen will, sich daran die Zähne ausbeissen wird und erntete damit selbst in der Schweiz nur noch Hohn und Spott. Das Schicksal dieses Bundesrates ist eng mit der Finanzlobby verknüpft. Nur dank deren starken Lobbyarbeit wurde er zum Bundesrat gekürt und nur dank deren Unterstützung kann sich der im Volk sehr unpopuläre Merz trotz seiner vielen politischen Irrläufen noch im Amt halten. Zwischenfazit: Merz wird als wankelmütiger, unfähiger und bankenhöriger Bundesrat in die Geschichte eingehen, der sich von allen über den Tisch ziehen liess.

Man muss wissen, dass nicht nur ausländische Steuerflüchtlinge vom Bankgeheimnis profitieren, sondern auch Schweizer nutzen das Bankgeheimnis, um Steuerflucht zu begehen. Die Banken bereichern sich also auf Kosten des Allgemeinwesens und die Politik unterstützt sie dabei! Auch viele ausländische Banken profitieren von den Steuerfluchtgeldern. Beispielsweise betreibt auch die Deutsche Bank in der Schweiz Tochtergesellschaften.

Die Finanzlobby kämpft verbissen gegen jede Lockerung des Bankgeheimnisses und versucht das Schwarzgeld mit allen Mitteln im Land zu halten und ihre Privilegien zu sichern. Doch die Front bröckelt. Es geht bei den Banken um sehr viel. Viele Banken und Vermögensverwaltungen werden ohne Schwarzgeld nicht überleben. Die Schweiz wird es verkraften können. Die Banken sind zwar sehr mächtig, ihre Bedeutung für den Wirtschaftsraum Schweiz wird massiv überschätzt.

Wie geht es weiter?

Im Juni werden die entscheidenden Weichen gestellt. Mal sehen, mit welchen Tricks die Politiker versuchen, ihren Kopf zu retten und wie sich die UBS um eine Strafverfolgung der vormaligen Konzernspitze zu drücken versucht.

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21 Apr 2010 22:30 #14214 von Ulf
Ein dickes Lob und ein großes Kompliment an Eure Seite und diesen echt guten Artikel über die Machenschaften der UBS! Ich wünsche mir, daß Ihr weiter so am Ball bleibt und kein Blatt vor den Mund nehmt!
Mit freundlichen Grüßen Ulf M.

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21 Apr 2010 23:05 #14216 von Eine Frage
Was treibt eigentlich den Herrn Krempelnatz dazu, die 45 Millionen Franken an die KGFE zu zahlen???

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22 Apr 2010 07:17 #14217 von Senn
Der obige Artikel ist bereits in der Rückblende ungenau und dann wieder im Bonus Teil. Es wird hier mit Zahlen und Fakten jongliert, die nicht stimmen. Mit dem Ergebnis das Leser wie Ulf dann solch ungenaue Berichte auch noch gut finden. Polemisieren und Leserhascherei bringen eigentlich nichts.

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22 Apr 2010 11:47 #14219 von Mr. Pepper
Es ist nur zu klar, daß die Wahrheit so manch einem nicht schmecken wird. Und was die Zahlen betrifft: Da möchte ich gar nicht wissen, was alles noch so hinter den Kulissen passiert. Seien wird doch mal ehrlich und machen uns nichts vor: Im Kapitalismus benimmt sich manch ein Banker wie ein Verbrecher. Immer mehr kommt ans Tageslicht. Und auch die UBS hat mächtig Dreck am Stecken...
Mr. Pepper greets the rest of the world!!

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23 Apr 2010 11:52 #14236 von bultra
Also wenn das mit den Diamanten in den Zahnpastatuben stimmen sollte, ist das ja wie in einem Gangsterfilm aller erster Güte... Ich bin mir wirklich sicher - wenn das Volk die wahren Ausmaße erkennen würde, gäbe es einen Sturm der Entrüstung...

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23 Apr 2010 14:43 #14244 von Prof. Dr. Brink
Nur eine Frage, Herr Kalleman:
Arbeiten Sie bei der Konkurrenz?
MfG Prof. Dr. Brink

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