Rückblick: 31. Zesdaagse van Rotterdam 2013

AM Updated 09 Januar 2013
Rückblick: 31. Zesdaagse van Rotterdam 2013

MadisonRotterdam ist nach Amsterdam nicht nur die zweitgrößte Stadt in den Niederlanden, nein sie ist auch der völlige Gegenpol zu den alten Häuschen und Ziehbrücken im klassisch holländischen Stil entlang der unzähligen Grachten. Die Stadt in der Provinz Südholland am Rheindelta gelegen wird durch die Nieuwe Maas in Nord und Süd geteilt. Mit seiner beeindruckenden Wolkenkratzer-Silhouette präsentiert sich Rotterdam als wichtigstes Handelzentrum und größte Hafenstadt Europas und demonstriert vor allem eines: „Wir waren, wir sind und wir werden es immer sein – eine Seefahrernation“!

RotterdamGegen Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Aufschwung des Ruhrgebiets entwickelte sich Rotterdam rasant zum Handelsmittelpunkt zwischen Mitteleuropa, Großbritannien und Übersee und wurde zum bedeutendsten Knotenpunkt zwischen den Fluss- und Seewasserstraßen. Heute verlagern sich die großen Hafenanlagen immer weiter nach Norden Richtung Nordsee. Nur die vielen Plattbodensegler in den Innerstädtischen alten Hafenanlagen, die heutzutage meist als Hausboote und Freizeitsegler dienen, erinnern noch an den regen Kohle-, Erz- und Getreidehandel entlang des Rhein und der Maas.

Rotterdam1940 wurde Rotterdam fast vollständig bei einem deutschen Luftangriff zerstört. Weitere Angriffe durch die Luftwaffe der Alliierten folgten 1942 und 1943. Daher beschloss man 1945 die Stadt komplett und völlig neu aufzubauen. Nur im Maritimmuseum kann man sich noch ein Bild von den alten Hafenanlagen und Beladungskränen sowie der vielen alten Schiffs- und Bootswerften des alten Rotterdam machen. Auch die Seeleute von heute entsprechen so gar nicht mehr dem Klischeebild des blonden Hans von der Reeperbahn und schon gar nicht dem des „Fliegenden Holländers“. Es sind eher unscheinbare Gestalten malaysischer Herkunft die sich an den wenigen Landgang Tagen in den Hotellobbys tummeln, vor ihren Laptops sitzen und in die ferne Heimat skypen.

RotterdamDas moderne Rotterdam hat aufgrund seiner stark durchmischten Bevölkerungsschichten, auch wenn es oft als „arbeitende Stadt“ bezeichnet wird, kulturell sehr viel zu bieten. Neben vielen kleinen Klubs und Festivals ist der Karibische Sommerkarneval, immer am letzten Juliwochenende eines der Höhepunkte auf den Straßen der Stadt.

Seit 1971 macht Anfang Januar der Sechstagezirkus Station im Ahoy Sportpalast von Rotterdam. Doch auch in den Niederlanden gab es immer wieder die schwarzen Jahre des Radsports, wo man keine Sponsoren fand und das Bahnradsportevent ausfallen musste. Seit 2005 findet das wiederbelebte Zesdaagse van Rotterdam aber regelmäßig in der modernisierten Ahoy Arena statt. Das 200m lange Holzoval wird alljährlich, extra für dieses Event in der Mehrzweckarena aufgebaut. 

MadisonRotterdam besticht vor allem, mit einem qualitativ hochbesetzten Fahrerfeld und das sowohl bei den Männern der Elite als auch in den Nachwuchswettbewerben, den Frauenrennen und natürlich auch bei den Sprintern. Sogar die jüngsten dürfen sich in Rotterdam am Familiensonntag vor vollen Rängen präsentieren und genau wie bei den Profis, wird sich auch in den Wettbewerben der Nachwuchsrenner nichts geschenkt. Das sportlich begeisterte Publikum setzt sich nicht nur aus Holländern zusammen. Viele radsportinteressierte Belgier haben am Wochenende schnell den Sprung über die nahegelegene Grenze gemacht, um ihre Landsleute lautstark zu unterstützen. Das Sportprogramm ist sehr straff und inhaltsreich gestrickt, so dass für Fahrer und Publikum kaum Zeit zum durchatmen bleibt.

U23In den Wettbewerben der Frauen und im UIV Cup der U23 fielen die Entscheidungen am Ende sehr deutlich aus: Kirsten Wild hatte im Omnium der Frauen über 6 Tage das Zepter in der Hand und ließ keinen Zweifel daran, dass sie als Lokalmatadorin in ihrem eigenen Hause nicht zu schlagen ist. Mit 33 Punkten Vorsprung siegte sie vor der Spanierin Leire Olaberria. Platz 3 ging an die Polin Katarzyna Pawlowaska, die im Vergangenen Jahr auch schon in Berlin zu sehen war. Das qualitativ und mit 17 Fahrerinnen auch quantitativ gut bestückte Feld der Damen sorgte für attraktiven Sport und begeisterte das Publikum. Wie man es auch von den Straßenrennen der Männer in Holland und Belgien kennt, wurde direkt nach dem Startschuss sofort Vollgas gefahren und die ein oder andere waagemutige Ausreißerin versuchte der jagenden Meute zu entkommen. Das schlechte Klischee, das Frauenradsport unattraktiv und langweilig sei, haben die 17 Amazonen in Rotterdam klar widerlegt und nicht nur für spannende Unterhaltung gesorgt, sondern auch viel Werbung für den Frauenradsport durch ihr couragiertes Auftreten in der Ahoy Arena von Rotterdam gemacht. Das hier keine Freizeitradlerinnen am Start waren, bekam auch die einzige Deutsche im Feld Janine Bubner zu spüren. Nach anfänglichen Problemen mit der starken Konkurrenz und der kurzen Bahn kam sie aber von Tag zu Tag besser in Schwung und belegte in der Endabrechnung Platz 15.

RotterdamIn Zürich mussten sich Didier Caspers und Melvin van Zijl noch den beiden Schweizern Stefan Küng und Théry Schier geschlagen geben doch auf der heimischen Bahn sollte nun endlich ein Sieg her. Dies gelang ihnen auch eindrucksvoll, denn in 6 Tagen fuhren sie 4 Runden auf ihre unmittelbaren Verfolger raus und gewannen mit 39 Punkten Vorsprung. Lediglich am letzten Abend überließen sie den beiden Tschechen Ondrej Vendolsky und Jan Kaduch den Tagessieg. Platz 2 ging an die beiden Franzosen Thomas Boudat und Romain Le Roux. Einen erbitterten Kampf um den 3. Podiumsplatz gab es zwischen den beiden Dänen Jacob Mørkøv und Simon Bigum sowie der deutsch – schweizerischen Paarung Nico Heßlich und Samuel Horstmann. Letztere mussten sich am Ende doch den beiden Dänen geschlagen geben. Nicht zuletzt auch weil beide in mehrere Stürze verwickelt waren, die zu den Strapazen der brutal schnell gefahrenen Rennen auch noch zusätzlich Kraft kosteten. Doch die Form der beiden stimmt. Beide waren vor den Festtagen noch einmal im Trainingslager, um sich speziell auf die anstehenden Sixdays Events vorzubereiten. Man darf gespannt sein, was sie in Berlin aufs Parkett bringen, wo sie mit Sicherheit um den Sieg mitfahren möchten.

MadisonIm Rennen der Männer Elite blieb es über 6 Tage spannend bis zum Schluß. Die Teams an der Spitze wechselten täglich und es war schwer eindeutige Prognosen abzugeben, wer sich am Ende durchsetzen würde. Mit einem Rundengewinn in der letzten großen Jagd konnte der Belgier Iljo Keisse sich zum 3. Mal in die Siegerliste von Rotterdam eintragen. Zusammen mit seinem Niederländischen Partner Niki Terpstra konnte er den beiden Lokalmaterdoren Peter Schep und Wim Stroetinga im Letzten Rennen noch ein Schnippchen schlagen. Platz 3 ging an das junge niederländische Duo Nick Stöpler und Yoeri Havik. Stöpler war vor 2 Jahren noch im UIV Cup in Berlin unterwegs und konnte dort an der Seite seines damaligen Partners Jesper Mørkøv gewinnen. Im Vergangenen Jahr hatte er jedoch nach einem schweren Sturz mit Knieproblemen zu kämpfen und es war fraglich, ob er überhaupt wieder in den Bahnradsportzirkus zurückkehren würde. Um so erfreulicher ist sein starkes Comeback in der Ahoy Arena zu bewerten. Diesen beiden wird mit Sicherheit die Zukunft der Zesdaagse van Rotterdam gehören und irgendwann wird auch ihr Name unter den Siegern entlang der oberen Bande zu lesen sein. Robert Bartko zwischenzeitlich auf Platz 3 fuhr mit seinem Schweizer Partner Silvan Dillier am Ende auf Platz 6. Leif Lampater wurde an der Seite von Dylan van Baarle Achter.

SprinterMindestens genau so spannend war der Auftritt der Sprinter. Angeführt wurde die Garde der Männer mit den kräftigen Oberschenkeln von keinem Geringeren als Sir Chris Hoy. Aber er hatte starke Konkurrenz aus dem eigenen Land, den Olympiasieger im Teamsprint und im Sprint Jason Kenny. So konnte sich Hoy am Ende nur sehr knapp mit einem Punkt Vorsprung vor seinem Landsmann Kenny durchsetzen. Platz 3 ging an den Niederländer Ten Mulder vor dem amtierenden Sprint Weltmeister aus Frankreich Grégory Baugé.

Joop ZijlaardHöhepunkt am Samstag Abend war die Verabschiedung der Schrittmacherlegende Joop Zijlaard der seit über 31 Jahren bekannte Rennfahrer wie Erik Zabel, Johan Museeuw, Paolo Bettini oder Tour Gewinner Joop Zoetemelk zum Sieg gefahren hat. Und so spannte er sich zum letzten mal mit seinem Derny in einem Prominentenrennen vor seinen Landsmann Michael Boogerd der sich mit anderen Legenden der Szene wie Didi Thurau, Johann Mueeuw, Robert Slippens, Koos Moerenhaut, Matthé Pronk und Gerrit Solleveld eingefunden hatte, um Joop Zijlaard´s Abschied von der Bahn gebührend zu feiern. Rotterdam bedankte sich mit einem Buch welches den Titel trägt: „Joop Zijlaard – Een Leven Lang Gangmaker“!

Fotos: Arne Mill

> zu den turus-Fotostrecken: Sechstagerennen in Rotterdam

> zur turus-Fotostrecke: Impressionen aus Holland

> Rückblick: Zürich Sixday Nights 2012


Inhalt der Neuigkeit:
Rennbericht
Radrennen-Art:
  • Bahnradsport
  • Elite-Rennen
  • Nachwuchsrennen
  • Six Days
Name des Radrennens
  • Zesdaagse van Rotterdam

Benutzer-Bewertungen

In diesem Beitrag gibt es noch keine Bewertungen.
Hast du schon ein Konto?
Ratings
Bewertung / Kommentar für den Artikel
Datenschutz
Durch das Anhaken der folgenden Checkbox und des Buttons "Absenden" erlaube ich turus.net die Speicherung meiner oben eingegeben Daten:
Um eine Übersicht über die Kommentare / Bewertungen zu erhalten und Missbrauch zu vermeiden wird auf turus.net der Inhalt der Felder "Name", "Titel" "Kommentartext" (alles keine Pflichtfelder / also nur wenn angegeben), die Bewertung sowie Deine IP-Adresse und Zeitstempel Deines Kommentars gespeichert. Du kannst die Speicherung Deines Kommentars jederzeit widerrufen. Schreibe uns einfach eine E-Mail: "kommentar / at / turus.net". Mehr Informationen welche personenbezogenen Daten gespeichert werden, findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Ich stimme der Speicherung meiner personenbezogenen Daten zu:
Kommentare