Chaos und große Show in Afrika - Afrika Cup of Nations 2024

Chaos und große Show in Afrika - Afrika Cup of Nations 2024

Abidjan. Januar 2024. Und wieder mal sitze ich an den Tasten, um ein paar Sätze aufs digitale Papier zu bringen. Zunächst bin ich fast am verzweifeln, weil ich hier im Mediacenter in Abidjan vor einer ‚AZERTY’-Tastatur sitze, wie sie in Frankreich zum Beispiel üblich ist. Jeder kennt das Video, wo der Typ im Büro ausrastet und seinen Monitor mit der Tastatur schlägt. Das könnte aktuell ich sein. Na ja was soll’s… Nun zum eigentlichen Thema. Mich hat es nun nach Abidjan an die Elfenbeinküste verschlagen, wo die 34. AFCON stattfindet.Eigentlich sollte diese ja schon letztes Jahr stattfinden, aber aufgrund einer sehr starken Regenzeit musste das Turnier verschoben werden.

Ich bin einen Tag früher am 13.1. angereist, um sämtlich Modalitäten zu absolvieren und um mich schon mal etwas einzufinden und umzuschauen. Jeder, der schon mal in Afrika außerhalb der Touri-Orte war, weiß, dass man viel Geduld und Verständnis mitbringen muss.

Am Nachmittag bin ich dann zunächst zur Pressekonferenz mit dem CAF Präsidenten Patrice Motsepe gegangen. Der aus Südafrika stammende Milliardär zählt laut Forbes zu den zehn reichsten Menschen Afrikas. Er hat etwas von einem Geschäftsmann und will den afrikanischen Fußball gut verkaufen mit Aussagen wie "Wir haben die besten Schiedsrichter und Stadien auf der Welt" oder "der nächste Ronaldo oder Messi kommt aus Afrika". Fragt aber gleich danach seinen Vizepräsident, wo Mbappé her kommt.

Andererseits hat der Präsident etwas von einem Entertainer in einem sehr gut geschnittenen Anzug. Er macht gerne Späße, was eine Pressekonferenz sehr auflockert, aber andererseits schweift er sehr ab und umgeht unangenehme Fragen. Er genießt sichtlich sehr die Bühne und redet viel über Geld. Zum Schluss nennt er Infantino einen sehr guten Freund - was aus meiner Sicht aber keine gute Eigenwerbung ist.

Später ging es dann noch mit einem Bus zum Training der Elfenbeinküste, wo die Horden an Journalisten eher die Mannschaft und Betreuer genervt haben, als professionell ihre Arbeit zu machen. Verständlich, wenn es manche Fotografen gibt, die einfach über den sehr gut präparierten Rasen latschen.

Nachdem ich mich am nächsten Tag in dem größten städtischen Ballungsraum der Elfenbeinküste etwas umgeschaut habe, ging es am Nachmittag Richtung Stadion. Und da beginnt es wieder, das typische afrikanische Chaos, was zu großem Teil an einem hohen Masse an Inkompetenz liegt. Busse, die nicht fahren, weil der Fahrer nicht aufzufinden ist oder eine Genehmigung in Form eines Stickers fehlt oder gar ganze Busse, die einfach irgendwo im Verkehr stecken. All das waren nur einige Probleme auf meiner etwa 30 Kilometer langen Anreise, die über zwei Stunden ging. Wie der Buchautor Gayson Stanley mal schrieb: "Du willst Afrika? Du kriegst Afrika!".

So, nun rein in das Stade Olympique Alassane Ouattara, das offiziell 60.012 Zuschauer fasst, was online schon lange ausverkauft ist, aber laut Anzeigetafel nur 36.858 Zuschauer das Spiel verfolgen verfolgten. Wenn Ihr mich fragt, waren geschätzt zirka 55.000 im Stadion.

Ein beeindruckendes neues Stadion, das aber infrastrukturell eine absolut Katastrophe ist. Zu wenig Parkplätze und eine nicht fertig gewordene Bahnverbindung aus der Innenstadt sind nur zwei der Mängel. Ich könnte Euch jetzt noch ohne Ende mehr Sachen aufzählen, wie z. B., dass nur jeder dritte Getränke- und Essens-Stand offen hatte, aber das würde den Rahmen hier jetzt total sprengen.

Über die Eröffnungsshow kann man nur sagen: GEIL! Eine top koordinierte Show, die in verschiedenen Themen unterteilt war, mit sehr schönen Pyro-Einlagen, die die Zuschauer zum Feiern und Jubeln mit eingeladen hat. So etwas habe ich echt noch nie gesehen.

Das Spiel an sich war ganz in Ordnung. Keine große Spannung oder mitreisende Szenen. Ausschließlich die beiden Tore der Elfenbeinküste durch Fofana (4. Minute) und Krasso (58. Minute) waren ein Highlight. Ansonsten hatte der Gegner aus Guinea-Bissau auch nichts entgegen zu setzen. Die Abreise verlief ähnlich chaotisch und unkoordiniert wie die Anreise. Nur das es jetzt nur 1,20 h gedauert hat. Dann hieß es noch fix was essen und ab ins Bett.

Der nächste Morgen begann für mich erst mal in der Beschaffung von Geld bei der örtlichen Western Union Filiale. Denn leider habe ich fälschlicherweise angenommen, dass ich mit rund 150 Euro gut über die Runden kommen sollte. Die Elfenbeinküste ist keineswegs ein Land, wo man für ein Appel und ein Ei leben kann wie ein König. Klar sind viele Sachen hier günstiger als in Deutschland, aber trotzdem zahlt man hier trotzdem für eine Pizza und ein Bier seine 13 Euro. Danach noch etwas Shoppen für die Liebsten zu Hause und für mich ein Trikot der Elfenbeinküste und dann schon rüber ins Media-Center, wo der Bus zum Stadion wartet. Auch hier natürlich das obligatorische Chaos. Das Stade Félix Houphouet-Boigny im Zentrum von Abidjan wurde 2009 und 2017 renoviert und hat seitdem nicht mehr viel von der schönen alten Schüssel von 1952 zu tun.

Das eigentliche Nationalstadion im Stadtteil Le Plateau liegt fototechnisch sehr schön gelegen auf einer Anhöhe mitten in der Stadt. Beim heutigen Gruppenspiel zwischen Ägypten und Mosambik sollte eigentlich die Frage nach dem Sieger ganz klar beantwortet sein. Bereits in der zweiten Minute schoss der Ägypter Mostafa Mohamed den ersten Treffer im Liegen. Danach war es ganz ruhig bis zur Pause auf dem Rasen. Gleich nach dem Wiederanstoß merkte man, dass die Jungs aus Mosambik viel mehr Kampf und Leidenschaft in das Spiel legten.

So kam es, dass quasi aus dem Nichts Witi in der 55. Minute und nur drei Minuten später Bauque das Spiel drehten. Auf einmal merkte man, dass hier eine Sensation in der Luft liegt. Ich meine, wenn ein Kader um Mohamed Salah mit ihrem Marktwert von rund 135 Millionen auf einmal gegen eine Truppe mit lediglich 25 Millionen Marktwert 1:2 hinten liegen, hält das keinen mehr auf den Sitzen. All die Menschen, die im Stadion nicht aus Ägypten stammen, waren nun Feuer und Flamme und schrien laut „Mosambik, Mosambik!“.

Die Ostafrikaner merkten, dass hier was gehen würde und spielten weiter mit Leidenschaft und Hingabe und gaben keinen Ball verloren. Dann das schwer Fassbare. Der vierte Offizielle zeigte sieben (!) Spielminuten Nachspielzeit an. Es kam, wie es kommen musste. Nachdem der Schiedsrichter zum VAR gebeten wurde, versenkte Salah in der 96. Spielminute den Elfmeter und es hieß 2:2.

Alles schon komisch, wenn man bedenkt, dass der Afrikanische Verband sein Sitz in Ägypten hat. Dennoch war dieses Unentschieden eine Schlappe für Ägypten und ein Sieg für Mosambik. Auch hier wieder der Faktor Afrika. Auf der Anzeigetafel des 35.000 Zuschauer fassenden Stadions stand 32.592. In Wirklichkeit würde ich eher sagen, es waren lediglich rund 15.000 Zuschauer anwesend.

Danach ging es dann fix noch mal in meine Unterkunft zum Duschen und ab zu meinem 17-stündigen Rückflug. Unterm Strich muss ich sagen, dass es eine geile Erfahrung war und die nächsten AFCON 2025 in Marokko mich sicher wieder locken wird!

Bericht & Fotos: Benjamin Barsig

Artikel wurde veröffentlicht am
18 Januar 2024

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