Kreisliga B im Fokus: Ein Schlagstock, ein Spielabbruch, ein ungerechtes BFV-Urteil

MB Updated

Rückblick. Man schrieb den 22. Oktober 2011, als im Stadion Friedrichsfelde um 14:30 Uhr die Kreisliga-B-Partie SC Borussia 1920 Friedrichsfelde – SC Berliner Amateure II angepfiffen wurde. Schiedsrichter der damaligen Begegnung: Jörn Becker. Genau an jenem Wochenende wollte der Berliner Fußballverband (BFV) ein Zeichen gegen Gewalt setzen. Vom 21. bis zum 24. Oktober 2011 wurden sämtliche Fußballspiele, die in die Zuständigkeit des BFV fielen, in der zehnten Spielminute vom jeweiligen Schiedsrichter für fünf Minuten unterbrochen. Mit dieser Aktion sollte für mehr Fairplay und gegen Gewalt gegenüber Schiedsrichtern appelliert werden. 

kreisliga bRückblick. Man schrieb den 22. Oktober 2011, als im Stadion Friedrichsfelde um 14:30 Uhr die Kreisliga-B-Partie SC Borussia 1920 Friedrichsfelde – SC Berliner Amateure II angepfiffen wurde. Schiedsrichter der damaligen Begegnung: Jörn Becker. Genau an jenem Wochenende wollte der Berliner Fußballverband (BFV) ein Zeichen gegen Gewalt setzen. Vom 21. bis zum 24. Oktober 2011 wurden sämtliche Fußballspiele, die in die Zuständigkeit des BFV fielen, in der zehnten Spielminute vom jeweiligen Schiedsrichter für fünf Minuten unterbrochen. Mit dieser Aktion sollte für mehr Fairplay und gegen Gewalt gegenüber Schiedsrichtern appelliert werden. 

Der Anlass: Bereits nach wenigen Spieltagen der Saison 2011/12 kam es bereits zu acht Spielabbrüchen. Viermal gab es tätliche Angriffe auf den Schiedsrichter. 
Und dann das! Der SC Berliner Amateure II, Heimatverein von Gerd Liesegang, Vizepräsident des BVF und Mitinitiator der Aktionstage gegen Gewalt, trat bei Borussia Friedrichsfelde an – und ausgerechnet bei diesem Spiel kam es in der 80. Spielminute zum Eklat! Ein Gästespieler sah die Rote Karte, weil er in einer hitzigen Situation den Linienrichter tätlich angriff. Dieser wurde von der Heimmannschaft gestellt und wollte eigentlich die Gemüter beruhigen.
Nach dem Platzverweis ging der Amateure-Spieler verbal und körperlich auf die Gegenspieler und die Anhänger der Heimmannschaft los. Einige seine Mitspieler taten es ihm gleich. Mehrere Spieler und Zuschauer wurden verletzt, ein Borussia-Spieler musste sogar im Krankenhaus behandelt werden. Die Wogen kochten hoch. Die einen gaben allein den Gästespielern die Schuld, die anderen erklärten, dass auch die verbal provozierenden Heimfans nicht ganz unschuldig waren.

Für reichlich Diskussionsstoff sorgte zudem ein Schlagstock, den ein Anhänger von Borussia Friedrichsfelde dabei hatte. Diese Waffe war auch Thema auf der Sportgerichtsverhandlung, die im November 2011 stattfand. Bis zu dieser wurden beide Mannschaften suspendiert. Das Sportgericht sprach schließlich Borussia Friedrichsfelde und die SC Berliner Amateure II schuldig. Die Berliner Amateure auf Grund der Auseinandersetzungen und des Verlassens des Platzes, die Borussia auf Grund des Schlagstocks, dessen Besitzer eindeutig zur Heimmannschaft zugeordnet werden konnte.

Allerdings wurde der Schlagstock Zeugenaussagen zufolge erst aus der Tasche geholt, als mehrere Gästespieler in Richtung Zuschauer stürmten. Das Spiel war zu jenem Zeitpunkt bereits abgebrochen. Der Schiedsrichter hatte der Polizei später diesen Schlagstock übergeben, ihn aber nicht im Spielberichtsbogen erwähnt.
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Langfristig gesperrt wurde der Gästespieler, der die Rote Karte bekommen und daraufhin die Tumulte angezettelt hatte. Freigesprochen wurde indes der Gästespieler, der einen Borussia-Spieler verletzte. Der Grund: Dieser Spieler hatte sich vom Schlagstock provoziert gefühlt und galt bis dato als unbescholten. Zeugen erklärten jedoch, dass sich der Schlagstock zu jenem Zeitpunkt noch in der Tasche befunden hatte.

TorDie Berliner Amateure stimmten dem Urteil zu, Borussia Friedrichsfelde hatte sofort Einspruch eingelegt. Am 16. April dieses Jahres tagte das Verbandsgericht und bestätigte letztendlich die Entscheidung des Sportgerichts. Beide Mannschaften hatten demzufolge das Spiel auf dem Papier mit 0:6 verloren. Hierbei beruft sich das Verbandsgericht auf auf §21 Punkt 4e. Bemängelt wurde, dass Borussia Friedrichsfelde keinen Ordnungsdienst gestellt hatte. Allerdings erklärte hierzu ein Friedrichsfelder, dass dies in der Kreisliga B durchaus unüblich sei. Schließlich bewegen sich die Zuschauerzahlen in den Kreisligen im niedrigen zweistelligen Bereich. Wenn überhaupt. Bei der besagten Partie am 22. Oktober 2011 waren zirka 30 bis 40 Leute vor Ort im Stadion Friedrichsfelde, unter ihnen maximal fünf Anhänger der Gästemannschaft. Diese waren Zeugenaussagen zufolge zu keinem Zeitpunkt gefährdet.

Das Verbandsgericht stellte die Borussia nun vor die Wahl: Diese Entscheidung als schriftliches und 150 Euro kostendes Urteil zu bekommen oder gleich vor Ort abzunicken. Der Vereinsvorsitzende der Borussia tat dies dann auch, was einige Borussen als Fehler ansehen. Schließlich sind einige Punkte vage oder ungeklärt. Ein Spiel, das beide Mannschaften auf dem Papier verlieren? Sollte nicht in der Regel eine Mannschaft als Sieger und eine als Verlierer aus der Sache herausgehen? Tatsache ist, Paragraph 21, Punkt 4 wird eingeleitet mit: „Ein Spiel wird einer Mannschaft als verloren und der anderen Mannschaft als gewonnen gewertet, wenn...“ Bei konsequenter Auslegung hätte der SC Berliner Amateure sogar Anrecht auf drei Punkte.
Erwähnt sei an dieser Stelle, dass das Verbandsgericht die letzte Instanz ist. Ein Einspruch ist nicht möglich. Wer ein Urteil dennoch anfechten möchte, muss vor ein Zivilgericht ziehen. Die Aussichten sind dabei eher schlecht, da in den meisten Fällen erklärt werden würde, dass es sich um innere Angelegenheiten des Berliner Fußballverbandes handle.

gesperrtWarum jedoch wurde Borussia Friedrichsfelde überhaupt bestraft? Schließlich hatte der Schiedsrichter die Begegnung nicht auf Grund eines fehlenden Ordnungsdienstes abgebrochen, sondern wegen der Gewaltausuferung der Gästespieler. Durfte der SC Berliner Amateure einfach nicht der alleinige Schuldige sein? Berlin-Lichtenberg als Hort der Fußballgewalt?
Zeugen betonen, dass sich die Borussia-Spieler am 22. Oktober 2011 vorbildlich verhalten und nicht an den Ausschreitungen beteiligt hatten. Grund der Bestrafung war demzufolge dieser mitgebrachte Schlagstock. Jedoch auch hier haben Zeugen Einwände. Schließlich sei die Anlage von Borussia Friedrichsfelde ein öffentliches Gelände, das nicht abgesperrt werden darf. Ein Eintritt darf bei den Spielen nicht kassiert werden, während der Begegnungen nutzen durchaus Jogger und Nordic-Walking-Gruppen die Rundlaufbahn. Wie sollte da bereits im Vorfeld ein potentieller Schlagstockbesitzer erkannt bzw. ausgemacht werden? Wäre ein Ordnungsgeld anstatt einer sportlichen Strafe nicht angemessener gewesen?

Da beide Mannschaften bis zur Sportgerichtsverhandlung suspendiert waren, gingen folgende Partien von Borussia Friedrichsfelde auf dem Papier mit 0:6 verloren: Das Auswärtsspiel beim SV Blau-Gelb Berlin II und das Heimspiel gegen den BFC Tur Abdin II. Antreten durfte die Borussia wieder am 13. November 2011 beim BSV Hürtürkei II. Dieses Spiel ging mit 1:2 verloren. Sportlich besser aus sah es in der Woche darauf daheim gegen den BSC Rehberge 1945 II. Mit 2:1 wurde der Weg zurück auf die Erfolgsspur gefunden. Zuletzt gab es ein 3:3 gegen den SV Blau-Gelb II. Stand der Dinge ist Rang neun in der Kreisliga B Staffel 6.

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