Fakten der Fandemo in Berlin (Oktober 2010): Wer war alles da?

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Tausende Fußballfans demonstrierten am Samstagnachmittag (Oktober 2010) für den Erhalt der Fankultur und gegen weitere Kommerzialisierung und gegen Polizeiwillkür. Rund 50 Fangruppierungen aus ganz Deutschland marschierten von der Karl-Liebknecht-Straße aus über Torstraße, Friedrichstraße und Unter den Linden lautstark und farbenfroh durch Berlin-Mitte zurück zum Bahnhof Alexanderplatz. Viel wurde im Nachhinein im In- und Ausland über diese Fandemo diskutiert - wie groß waren die einzelnen Fangruppierungen, welche Anliegen hatten die Fans und Ultras im einzelnen gehabt? Folgend eine Nachbetrachtung im Detail.

Die Fandemo wirkte mächtig, doch beim Durchzählen stellt man fest, dass es nicht gleich zehntausend Teilnehmer waren, wie vielleicht manche annehmen. Geht man die einzelnen Gruppierungen ergibt sich in etwa folgendes Bild:

Die größte Gruppe bildeten die Fans von Hertha BSC, schätzungsweise 400 bis 500 hatten am Umzug teilgenommen. Die zweitgrößte Gruppe bildeten die Anhänger des 1. FC Union, rund 300 bis 400 Unioner waren mit vor Ort. Um die Berliner komplett zu machen: Etwa 40 Eisbären-Fans und zirka 120 Anhänger des BFC Dynamo nahmen mit teil.

Gut vertreten waren die Kölner (rund 250), die Dresdener (rund 200), die Hannoveraner (rund 200), die Hamburger (rund 150), die Bremer (rund 120), die Fans aus Jena (rund 100), die Fans aus der Kaiserslautern (rund 120), die Magdeburger (rund 100), die Bayern-München Anhänger (rund 150), die Wolfsburger (rund 80), die Braunschweiger (rund 100) und die Karlsruher (rund 100). Mit dabei in Berlin waren zudem etwa 60 Bielefelder, 60 Aachener, 30 Oberhausener (RWO), 50 Wuppertaler SV-Fans, 60 Münsteraner, 70 BVB-Fans, 60 Osnabrücker, 40 Lübecker, 50 Bochumer, 15 Mainzer, 20 Regensbuger, 75 Fürther, 30 Augsburger, 20 Pauli-Fans, 18 Oldenburger, zehn Uerdinger und eine handvoll Ulmer. Die bunte Demo wurde des Weiteren ergänzt von Fans des FSV Zwickau, des FC Erzgebirge Aue, des VFC Plauen, des SC Freiburg, des MSV Duisburg, der Sportfreunde Siegen und von Wacker Burghausen. Insgesamt dürften es wohl weit über 5.000 Teilnehmer gewesen sein, die gemeinsam für den Erhalt der Fankultur auf die Straße gingen.

"Zum Erhalt der Fankultur - Fußball lebt durch seine Fans", dies war das Transparent der Hertha-Fans, die ganz vorne an der Spitze marschierten. Des weiteren war zu lesen: "Mitspracherecht für Fußballfans", "Gegen Meldeauflagen" und "Gegen Polizeigewalt!". "Anstoßzeiten fanfreundlicher gestalten!" - dafür traten dagegen die Anhänger des 1. FC Union Berlin ein. "Der Salamispieltag ist nicht unsere Wurst", hieß es auf einem Transparent. Dieser Meinung waren auch die Fans des VfL Bochum. "Hat das Fernsehen wirklich Priorität?" fragten diese. Dem schlossen sich die Fans des EHC Eisbären Berlin an. "Ob Puck oder Ball, für fangerechte Anstoßzeiten. Überall!" "Wenn Ihr denkt wir haben verloren, habt ihr noch lange nicht gewonnen!", hieß es mit weinroten Buchstaben auf grauem Untergrund bei den Anhängern des BFC Dynamo. In einer Sache waren sich alle Berliner Fußballfans einig: "EGH abschaffen!", "Scheiß EGH!". Gemeint war die Ermittlungsgruppe Hooligans, die unter zahlreichen Fußballfreunden in Berlin und Brandenburg extrem unbeliebt ist. 

Im Fokus der bayerischen Fans stand eindeutig die USK - das Unterstützungskommando der Bayerischen Polizei. "USK abschaffen", forderten die angereisten Fans des FC Bayern München. "Wer schützt uns vor Eurer Anonymität? Pro USK-Kennzeichnungspflicht!", schrieben die Fans von Jahn Regensburg auf ihr Transparent. Eine "Kennzeichnungspflicht bei Polizei" forderten auch die Anhänger der SpVgg Greuther Fürth. "USK - Die dunkle Seite der Staatsmacht", meinten zudem die Regensburger Fans. Und auch die Anhänger des FC Augsburg meinten: "USK abschaffen!", "Uniform schützt vor Konsequenzen!" und "Wer überwacht die Überwacher?". "Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstielzchen heiß! - Kennzeichnungspflicht für alle Polizisten", forderten auch die Anhänger von Hannover 96. Zudem sprachen sie sich "gegen Stadionverbote" aus. "Uneingeschränkte Bürgerrechte auch für Fußballfans!", schrieben die Fans und Ultras des 1. FC Kaiserslautern auf ihr Transparent.

"Werte Polizei... Menschenrechte gelten auch für Fans!", stimmten die Anhänger des VfB Lübeck ein. "FC Fans gegen Polizeiwillkür" - Weder Freund noch Helfer". Lautstark machten sich die zahlreich angereisten Fans des 1. FC Köln Luft. "Unschuldsvermutung? Stadionverbot erst nach Verurteilung!", forderten die Fans von Preußen Münster ein. "SKB´s entlassen - Fanprojekte finanzieren", schrieben die Fans des FSV Mainz 05 auf ihr Transparent. "Fankultur arhalten! Auch in den Regionalligen", meinten die Deviants Ultras von Preußen Münster, die eine zweite Gruppe gebildet hatten. "Eomtional zum Ideal - Fankultur erhalten", Tradition statt Kommerz", forderten Fans und Ultras von Eintracht Braunschweig. "I always feel like somebody´s watching me". Gegen die völlige Überwachung demonstrierten die Fans des VfL Osnabrück. Dabei hielten sie auf der Fandemo selbstgebastelte Überwachungskameras hoch.

Die Pyrotechnik lag den Fans und Ultras des Halleschen Fans auf dem Herzen. "Lösungen statt Straftaten - Pyrotechnik ist kein Verbrechen!" schrieben sich diese auf ihr großes Transparent. "Kontrolliert statt illegal - Pyrotechnik ist kein Verbrechen!", meinten auch die angereisten Anhänger des VFC Plauen. Und auch die Ultras und Fans der SG Dynamo Dresden waren sich auf der Fandemo einig: "Pyrotechnik ist kein Berbrechen!" "Verbieten ist verboten!", meinten schlicht und einfach die Anhänger des FC Carl Zeiss Jena. Sie protestierten dagegen, dass schon bald nichts mehr in den Fankurven erlaubt ist. Keine Megaphone, keine Fahnenstangen, keine Doppelhalter, keine Transparente, keine Spruchbänder... "Gegen jedes Materialverbot", waren auch die angereisten Fans des Wuppertaler SV. "Meinungsfreiheit in jedem Stadion bewahren!", forderten sie zudem. "Eure Struktur, zerstört unsere Kultur", hieß es als Fazit. "

Fanprojekte unterstützen, denn sie lassen UNS nicht im Regen stehen!", forderten die recht zahlreich angereisten Fans des VfL Wolfsburg. Symbolisch spannten sie während des Umzuges weiße und grüne Regenschirme auf. "Mitglieder und Fanrechte stärken!" meinten die Fans des Hamburger SV, und auch die Anhänger des SV Werder Bremen brachten es auf den Punkt: "Es geht ums Ganze!" Schlicht "Back to the roots - reclaim the game", schrieben sich die Fans des FC St. Pauli auf ihr Transparent. Auf Englisch forderten zudem die Ultras Virage Est des 1. FC Saarbrücken: "The fans will have their say".



Für "Pro Regionalliga Reform 2012" sprachen sich die Ultras von Roter Stern Nordost Berlin aus. Ganz anders gingen die angereisten Anhänger des 1. FC Magdeburg die Sache an. Ohne Transparente und Fanutensilien marschierten sie als stumme Gruppe mit im hinteren Viertel des Demonstrationszuges und sorgten somit für mächtig Aufsehen. Bei all der Freude über den guten Zuspruch der Fandemo darf jedoch nicht vergessen werden, dass zahlreiche Fangruppen der Veranstaltung fern blieben. Mal war es schlichtweg fehlendes Interesse wie bei den Fans von Hansa Rostock und Eintracht Frankfurt, mal war es ein bewusster Boykott wie bei den Ultras von Borussia Mönchengladbach. Kritisiert wurde von der Gladbacher Nordkurve die Doppelmoral der deutschen Ultraszene.



Die Mönchengladbacher Ultraszene hat sich geschlossen gegen eine Teilnahme entschieden, die Gründe für diese Entscheidung wurde auf einem Blog dargelegt. Nicht vertreten waren auch die Anhänger des F.C. Hansa Rostock, des FC Schalke 04, des VfB Stuttgart, von Bayer 04 Leverkusen, des 1. FC Nürnberg und von 1899 Hoffenheim. Manche Fans aus den unteren Ligen ließen sich dagegen entschuldigen. So zum Beispiel hatte Rot-Weiß Erfurt am Samstag eine Partie im Thüringer Landespokal. Mit 4:0 wurde bei Motor Altenburg gewonnen, der harte Kern von zirka 250 Erfurt-Fans war mit vor Ort...

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke Fandemo 2010 in Berlin

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Das war damals wirklich stark. Nur bitter, wie schnell die Zeit verrinnt...
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