Im Fokus: Stadion und Fans von Bayer 04 Leverkusen
Kaum ein Fußballclub in Deutschland hat solch einen Wandel durchgemacht wie Bayer 04 Leverkusen. In den 80er Jahren die graue Maus der Bundesliga mit grausigen Zuschauerzahlen. In den 90er Jahren die ersten sportlichen Highlights im kleinen "Schmuckkästchen" und nun der Wandel zum Business-Club in der komplett aufpolierten BayArena. Verloren sich Anfang der 90er Jahre häufig nur um die 10.000 Zuschauer im Stadion, so ist heute meist die Hütte voll.
Stattete man Anfang der 90er Bayer 04 Leverkusen einen Besuch ab, so gab es drei Möglichkeiten, die man zu sehen bekam:
Rund 8.000 Zuschauer, wenn Wattenscheid oder die Stuttgarter Kickers zu Gast waren. Etwa 12.000 Zuschauer, wenn der VfL Bochum, der Karlsruher SC oder Hansa Rostock im Ulrich-Haberland-Stadion zu Gast waren. Oder ein volles Haus, wenn Bayern München, Borussia Dortmund, der FC Schalke 04 oder der 1. FC Köln ihre Visitenkarte abgaben. Im letzten Fall war es jedoch für Bayer 04 Leverkusen stets ein Auswärtsspiel. Über 10.000 Münchener, Dortmunder, Schalker oder Kölner füllten die Stehblöcke A, G und H sowie noch so einige Sitzplätze.
Als Bayer-Fan konnte man häufig tränende Augen bekommen. Entweder, weil die 8.000 Zuschauer gegen Wattenscheid eine dermaßen trostlose Kulisse bildeten, oder, weil Kölner oder Schalker das Ulrich-Haberland-Stadion fest in ihrer Hand hatten. Die 2.500 Bayer-Fans im C-Block konnten so oder so nicht viel ausrichten. Bayer 04 Leverkusen und seine Fans wurde von fast allen belächelt. Bei Auswärtsspielen in Nürnberg oder bei Eintracht Frankfurt waren Anfang der 90er Jahre nur eine Handvoll Bayer-Fans vor Ort. In der Saison 1991/92 fuhren 1.500 Leverkusener zum VfL Bochum ins Ruhrstadion, etwa 2.000 zum 1. FC Köln ins Müngersdorfer Stadion und rund 800 zu Borussia Mönchengladbach auf den Bökelberg. Die große Ausnahme bildete damals das legendäre DFB-Pokalhalbfinalspiel in Mönchengladbach im Frühjahr 1992. Rund 4.500 Bayer-Fans füllten die steile Gästetribüne, doch muss erwähnt werden, dass selbst am Spieltag noch Freikarten im Bayerwerk verteilt wurden.
27.400 passten ins Ulrich-Haberland-Stadion, wenn gegen Köln und München die Gästekontingente auch wirklich bis auf das letzte Kärtchen an den Mann gebracht wurde. Die Stimmung bei den Spielen gegen München und die NRW-Vereine war in dem engen überdachten Stadion durchaus gut.
1996 wurde die Lücke geschlossen. Der alte H-Block wurde abgetragen und es entstand eine Südtribüne mit Logen und Geschäftsstelle. Zwei Jahre später wurde an der Nordtribüne ein Hotel gebaut und das Ulrich-Haberland-Stadion wurde in BayArena umbenannt. Diese Umbaumaßnahmen fanden genau zu diesem Zeitpunkt statt, als sich der Verein in einer kompletten Aufbruchphase befand. Mit der Verpflichtung von Rudi Völler und Bernd Schuster kam neuer Schwung in die Bude.
Als zudem Christoph Daum als Cheftrainer verpflichtet wurde, begann eine neue Ära. Unter Daum wechselten bekannte Spieler wie Emerson, Zé Roberto und Michael Ballack zum Verein. Im Europapokal gab es unzählige glanzvolle Auftritte, die das gesamte Fußballdeutschland begeisterten. Wie in allen deutschen Stadien stiegen auch bei Bayer 04 die Zuschauerzahlen.
Schon recht bald war das Stadion stets ausverkauft, der Anteil der Dauerkartenbesitzer stieg bis auf ein Maximum. Auf Grund der Modernisierungsmaßnahmen und der verbundenen Verringerung der Stehplatzanteile sank die Kapazität des Stadions auf magere 22.500. Die Zeiten, als gegen die NRW-Clubs über zehntausend Gästefans hineinströmen konnten, waren nun vorbei. Und die Bayer-Fans? Es tat sich etwas. Hinter dem Tor auf der Nordtribüne sorgten nun die Fans für Stimmung. Die Zeiten des kläglich wirkenden C-Blocks waren vorbei. Schon bald sorgten auch die Bayer-Fans mit sehr aufwändigen Choreographien für eine durchaus ansprechende Atmosphäre.
Das negative Image des "Plastikclubs" blieb jedoch bis ins neue Jahrtausend haften. Fans und Verein gingen in die Offensive. Der einst abwertend benutzte Begriff "Werksclub" wurde nun zum Aushängeschild. In Leverkusen beruft man sich - mit einem kleinen Seitenhieb auf den 1. FC Köln - auf die lange Vergangenheit: "Tradition seit 1904".
2008 bis 2009 wurden die Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen an der BayArena in Angriff genommen. Die Sitzplatztribünen wurden aufgestockt, das gesamte Umfeld und die Stadioninnenräume wurden modernisiert und ein kreisrundes Dach aus Makrolon überspannt nun die Zuschauerränge des Stadions. Die Gesamtkapazität bei Bundesligaspielen beträgt nun knapp über 30.000 Zuschauer. Die grünen Sitzschalen wurden gegen rote und schwarze ausgetauscht. Am 15. August 2009 wurde die ausgebaute BayArena mit dem Bundesliga-Spiel gegen 1899 Hoffenheim wiedereröffnet.
Von außen sieht das Stadion nun auf Grund seiner modernen Dachkonstruktion imposant und noch größer aus als es eigentlich ist. Beim genauen Hinschauen erkennt man noch den alten Unterbau des Stadions, doch insgesamt ist nicht wirklich mehr viel zu erkennen. Allein die markante Südtribüne mit den Logen erinnert bei der Innenansicht an die Zeit vor dem Umbau.
Die Bayer-Fans bezogen wieder den Stehplatzbereich im C-Block, der nun jedoch größer als in den 90er Jahren ist. Die kompakt stehenden Fans können von der Ecke aus durchaus für Stimmung sorgen. Eine große langgezogene Stehplatztribüne wie auf dem Tivoli oder im Borussia-Park in Mönchengladbach hätte in der BayArena keine Vorteile gebracht.
Für die Gästefans steht wieder der Stehblock G zur Verfügung. Sind Dortmund, Schalke & Co zu Gast, stehen Ticketkontingente für die anliegenden Sitzplätze ebenfalls zur Verfügung. So erinnerte die gelb-schwarze Kurve beim letzten Heimspiel gegen Borussia Dortmund an alte Zeiten, doch echte Heimspiele für Gästefans wird es in dieser Arena nicht mehr geben. Schätzungsweise 5.000 BVB-Fans sorgten in dem Gästebereich für prima Stimmung und die Akustik in der modernisierten BayArena kann als durchaus zufrieden stellend bezeichnet werden.
Im Stadion so gut wie alles neu und gewöhnungsbedürftig - vertraut ist dagegen die Umgebung. Man tat gut daran, nicht eine neue Arena an einem völlig neuen Standort hochzuziehen. Der vertraute Gang vom Bahnhof Leverkusen-Mitte entlang der Dhünn zum Stadion blieb den Fußballfans aus Nah und Fern erhalten.
Als Geheimtipp können die Parkhäuser in der Leverkusener City bezeichnet werden. Beim Freitagabend-Spiel gegen Borussia Dortmund war zum Beispiel das Parkhaus am Forum fast komplett leer. Für nicht viel Geld kann man dort sein Fahrzeug sicher abstellen und anschließend zu Fuß entlang der Dhünn zum Stadion pilgern...