Zunahme der Gewalt beim Fußball - deutschlandweit?! Polemik oder Wahrheit?!

MB Updated

Laut der Gewerkschaft der Polizei haben "gewalttätige Ausschreitungen bei Fußballspielen drastisch zugenommen". Gewalt und Randale liegen rund 30 Prozent über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Auf dem GdP-Symposium "Fußball und Gewalt" wurde bereits am 14. und 15. Mai in Berlin über dieses Thema diskuitiert. "Läuft der Fußball aus dem Ruder?" Besonders in den unteren Ligen gibt es immer mehr gewalttätige Auseinandersetzungen. Millionen Euro und Arbeitsstunden müssen jährlich investiert und geleistet werden, um bei Fußballspielen für Sicherheit zu sorgen. Ist die Gewaltzunahme ein Fußball-Problem oder insgesamt betrachtet ein gesellschaftliches Problem? Kommt es zu einer Verrohung der Gesellschaft? Entsteht eine neue Gewaltkultur? Das turus Magazin geht diesen Fragen nach.

Laut der Gewerkschaft der Polizei haben "gewalttätige Ausschreitungen bei Fußballspielen drastisch zugenommen". Gewalt und Randale liegen rund 30 Prozent über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Auf dem GdP-Symposium "Fußball und Gewalt" wurde bereits am 14. und 15. Mai in Berlin über dieses Thema diskuitiert. "Läuft der Fußball aus dem Ruder?" Besonders in den unteren Ligen gibt es immer mehr gewalttätige Auseinandersetzungen. Millionen Euro und Arbeitsstunden müssen jährlich investiert und geleistet werden, um bei Fußballspielen für Sicherheit zu sorgen. Ist die Gewaltzunahme ein Fußball-Problem oder insgesamt betrachtet ein gesellschaftliches Problem? Kommt es zu einer Verrohung der Gesellschaft? Entsteht eine neue Gewaltkultur? Das turus Magazin geht diesen Fragen nach. 
 
Polizei

Fußballgewalt. Dieses hässliche Wort passt überhaupt nicht so recht in das hübsche Image der deutschen Fußballwelt. Zwar kommt es zunehmend in den unteren Ligen zu Randale und Ausschreitungen zwischen Fans / Hooligans und Ordnungskräften, doch auch die zwei Bundesligen betrifft durchaus dieses akute Problem, das nicht einfach so weggeredet werden kann - weggeredet werden darf. 

Fast 1,3 Millionen Arbeitsstunden mussten laut GdP die Polizeikräfte der einzelnen Bundesländer leisten, um für die nötige Sicherheit bei den Spielen zu sorgen. Laut GdP "dreht sich die Gewaltspirale in unserer Gesellschaft weiter". Und auch die bayerischen und baden-württembergischen Innenministerien bestätigen, dass es in der vergangenen Saison zu einer Zunahme der Gewalt kam. 57,3 Prozent mehr Straftaten beim Fußball soll es in Baden-Württemberg gegeben haben und auch in Bayern kam es zu einem deutlichen Anstieg der Fußballgewalt.
 
Essen
 
Dialog statt Konfrontation soll nun die Devise sein. Überall im Land kommt es zu Treffen von Polizei, Vereinen und Fangruppierungen. Intensive Dialoge wie zuletzt in Karlsruhe sollen eine weitere Eskalation der Gewalt verhindern. 2008/09 gab es mehr Zwischenfälle. Es gab mehr Festnahmen, mehr verletzte Fans und mehr verletzte Polizeikräfte. Diese Zunahme ist nicht nur im Raum Nordost zu beobachten, sondern im gesamten Bundesgebiet. 

Der Ruf nach drakonischen Strafen und härteren Gesetzen wird laut. Nicht wenige fordern längere Stadionsperren für Straftäter, die bundesweit bis in die unteren Ligen gilt. Und auch die Vereine sollen härter zur Rechenschaft gezogen werden. So darf womöglich der Sachsenpokalsieger Dynamo Dresden II kommende Saison nicht im Landespokal antreten. Nach dem Pokalendspiel in Leipzig zwischen Dynamo Dresden II und dem VFC Plauen kam es zu Ausschreitungen. Der Dresdner Torwart Benjamin Kirsten lief zudem nach Spielende übermotiviert mit einer Bengalfackel herum und erhielt eine harte Strafe vom Verein. 

Polizei

Eine Zunahme der Gewalt ist jedoch nicht nur beim Fußball zu beobachten. Allein beim Polizeieinsatz am 1. Mai wurden in Berlin fast 500 Einsatzkräfte verletzt. Zwar blieb es glücklicherweise meist bei Prellungen und Hautschürfungen, doch in einzelnen Fällen gab es massive Angriffe auf Polizeibeamte, bei denen schwere Verletzungen oder gar der Tod in Kauf genommen wurde. So gab es einzelne Angriffe mit Säure und Brandsätzen. Die Krawalle am 1. Mai in Berlin waren seit Jahren die schlimmsten. Ein turus-Redakteur war vor Ort und berichtete damals von den Vorfällen.

Die Gewerkschaft der Polizei berichtet außerdem, dass die "Polizei einen zunehmenden Autoritäts- und Respektverlust registriere". Manch ein Politiker befürchtet gar, dass es im Zuge der Weltwirtschaftskrise bald zu sozialen Unruhen wie in Frankreich kommen könne. Solche Mutmaßungen werden gerügt. Man möchte kein weiteres Öl in das Feuer gießen. Doch die Situation ist in der Tat brenzlig. Die Leute, die zum Fußball gehen, werden im Alltag auch mit sozialen Problemen konfrontiert. Nehmen diese weiter zu, so ist eine weitere Zunahme der Gewalt durchaus denkbar. Nicht für wenige Menschen sind Massenveranstaltungen das Ventil, um Dampf abzulassen.

Polizei

Wenn man ehrlich ist, muss man zugeben, dass das Problem der Gewaltzunahme gerade in den Großstädten allgegenwärtig ist. Befragt man einen Jugendlichen in Berlin-Hellersdorf, so wird dieser Auskunft geben darüber, was so alles in den Nächten der Wochenenden passiert. Konflikte gibt es immer und überall. Bei spontanen illegalen Partys und Autorennen, in und vor Diskotheken und bei Aktionen der Graffiti-Szene. Besonders jüngere Leute verlieren zunehmend den Respekt gegenüber Staat und Polizei. Hört man bei jungen Leuten rein, so wird einem immer wieder mitgeteilt: "Die da oben machen eh was sie wollen!" 
 
Um so wichtiger ist es, dass es zum ernsthaften Dialog kommt. Zum Dialog zwischen Politikern und Bürgern, zwischen Fangruppen und der Polizei. Zwischen Ultra-Bewegungen und Vereinen ...
 
Polizei
 
Die schwersten Ausschreitungen und größten Polizeieinsätze der Saison 2008/09:
 
Am 23. Mai 2009 kam es nach dem Aufstiegsspiel von Fortuna Düsseldorf in der Altstadt zu heftigen Krawallen. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Hooligans und polizeilichen Einsatzkräften, die bis in die Nacht andauerten. Mehrere Polizisten erlitten Verletzungen, ein Einsatzfahrzeug wurde angezündet.
 
Am Rande des Bundesligaspiels Werder Bremen gegen Eintracht Frankfurt wurden Frankfurter Fans und Ultras aus sechs voll besetzten Bussen geschlossen in Gewahrsam genommen. Rund 200 Frankfurter wurden bis zu sieben Stunden festgehalten.
 
Zu Gewalt kam es auch in Halle. Nach dem alles entscheidenden Regionalligaspiel zwischen dem Halleschen FC und dem VFC Plauen gab es Ausschreitungen. Randalierer gingen auf Plauener Fans und Polizisten los. Die HFC-Fanszene verurteilte anschließend die Ausschreitungen.
Bereits im August 2008 kam es am Rande des DFB-Pokalspiels zwischen dem Halleschen FC und Hannover 96 zu schweren Krawallen. Auf den Rängen kam es zu massiven handgreiflichen Auseinandersetzungen - das Spiel musste für zehn Minuten unterbrochen werden. 
 
Polizei
 
Beim Spitzenspiel der Oberliga Nordost-Nord zwischen Tennis Borussia Berlin und dem BFC Dynamo kam es Anfang Dezember 2008 zu einem massiven Polizeieinsatz im Gästebereich. Bei diesem Einsatz wurden Knüppel und Pfefferspray eingesetzt. 58 Anhänger des BFC Dynamo wurden verletzt. 18 Personen wurden festgenommen. Hart in die Kritik geriet die Polizei, als ein Video im Netz auftauchte, auf dem zu sehen ist, wie ein Polizeibeamter einen telefonierenden Fan schlägt. Ein Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet. Die Fans des BFC Dynamo zogen geschlossen Konsequenz aus den Vorfällen im Mommsenstadion. Sie weigerten sich, in der Rückrunde zu Auswärtsspielen zu fahren und sammelten im Vereinsheim lieber das Geld für ihre eigenen Mannschaft.
 
Erschütternd waren die schweren Ausschreitungen bei beiden Begegnungen zwischen Hansa Rostock und dem FC St. Pauli. Bereits beim Hinspiel in Rostock Ende September 2008 kam es zu wüsten Szenen im Stadion und auf dem Stadionvorplatz. Offiziell gab es 15 Verletzte, unter ihnen sechs Polizisten. Nach dem Spiel setzte die Polizei Wasserwerfer und Tränengas ein, um ein Durchbrechen der Hansa-Anhänger zu verhindern. Zwischen den Fans von Hansa Rostock und dem FC St. Pauli existiert ein sehr ausgeprägter Hass. Und so kam es auch beim Rückspiel in Hamburg zu schweren Ausschreitungen. Die Gewerkschaft der Polizei sprach im März 2009 von "bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen". Unter die Fußballfans hatten sich laut Aussagen der Polizei auch schwarz bekleidete Autonome gemischt. Es flogen Steine und es wurden zahlreiche Feuerwerkskörper angezündet. Ein Polizeibeamter wurde durch eine Flasche schwer verletzt. Insgesamt waren hunderte Polizisten im Einsatz.
 
Nach dem denkbar knapp verpassten Aufstieg des VfB Oldenburgs kam es nach dem Spiel gegen den Goslaer SC auf dem Rasen zu Rangeleien zwischen den Fans. Auch Goslaer Spieler wurden angegriffen. 14 Fans wurden festgenommen. Fünf Polizisten wurden leicht verletzt. Fast für einen Spielabbruch sorgten Frankfurter Gästefans beim Karlsruher SC, als sie im Februar 2009 zahlreiche Feuerwerkskörper anzündeten. Hart zur Sache ging es auch beim Bundesligaspiel Karlsruher SC gegen den VfB Stuttgart Anfang März 2009. Hunderte KSC-Anhänger hatten versucht, den VfB-Mannschaftsbus anzugreifen. Das Spiel konnte erst 15 Minuten später angepfiffen werden. Auch nach der Begegnung kam es zu weiteren Ausschreitungen.
 
Im Oktober 2008 kam es am Rande der Begegnung Borussia Mönchengladbach - 1. FC Köln zu Auseinandersetzungen. Nachdem Mönchengladbacher Rowdys die Kölner Busse angegriffen hatten, versuchten Kölner Anhänger ein Gebäude der Gladbacher Fanszene zu stürmen.
 
Polizei
 
Zehn Verletzte gab es beim Spiel der 3. Liga zwischen Jahn Regensburg und Dynamo Dresden. Hunderte Beamte mussten rund um das Spiel für Ruhe und Sicherheit sorgen.
 
Am 28. März 2009 kam es beim Spitzenspiel der Oberliga Nordost Staffel Nord zwischen dem FSV Zwickau und dem 1. FC Lok Leipzig zu Ausschreitungen. Mehrere Raketen flogen auf das Spielfeld. Das Spiel musste unterbrochen werden.
 
Beim Drittligaspiel Fortuna Düsseldorf gegen den Wuppertaler SV sorgten im November 2008 die Wuppertaler Gästefans für schlechte Schlagzeilen. Aus dem Wuppertaler Block flogen Feuerwerkskörper auf das Spielfeld.
 
Quellen: 
 
- Presse-Portale der Polizei
- Gewerkschaft der Polizei GdP
 
 

Benutzer-Bewertungen

In diesem Beitrag gibt es noch keine Bewertungen.
Hast du schon ein Konto?
Ratings
Bewertung / Kommentar für den Artikel
Datenschutz
Durch das Anhaken der folgenden Checkbox und des Buttons "Absenden" erlaube ich turus.net die Speicherung meiner oben eingegeben Daten:
Um eine Übersicht über die Kommentare / Bewertungen zu erhalten und Missbrauch zu vermeiden wird auf turus.net der Inhalt der Felder "Name", "Titel" "Kommentartext" (alles keine Pflichtfelder / also nur wenn angegeben), die Bewertung sowie Deine IP-Adresse und Zeitstempel Deines Kommentars gespeichert. Du kannst die Speicherung Deines Kommentars jederzeit widerrufen. Schreibe uns einfach eine E-Mail: "kommentar / at / turus.net". Mehr Informationen welche personenbezogenen Daten gespeichert werden, findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Ich stimme der Speicherung meiner personenbezogenen Daten zu:
Kommentare